Bei seiner wissenschaftlichen Entdeckung 1992 war dieses mittelgroße, bis zu 100 kg schwere Wildrind aus Südost-Asien eine Sensation. Kaum jemand hatte vermutet, dass noch große unentdeckte Säugetierarten in den Wäldern dieser Welt vorkommen. Über 30 Jahre später weiß man immer noch nicht besonders viel über das Vu-Quang-Rind, wie die Art ebenfalls genannt wird. Seinen Namen verdankt das Saola seinen bis zu 55 cm langen Hörnern, denn im Vietnamesischen bedeutet Sao La „Spindelhorn“. Über die Bestandsgröße des Saola kann nur spekuliert werden – die Weltnaturschutzunion IUCN vermutet, dass es weniger als 250 adulte Tiere gibt (Stand: 2015).
Das Saola im Steckbrief
Verwandtschaft | Ordnung der Paarhufer, Familie der Hornträger |
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Größe | ca. 1,5 m Kopfrumpflänge |
Gewicht | schätzungsweise 70 bis 100 kg |
Besonderheiten | wurde erst 1992 wissenschaftlich beschrieben |
Soziale Organisation | Einzelgänger |
Fortpflanzung | Paarungszeit vermutlich April bis Juni |
Jungtiere | unbekannt |
Lebenserwartung | unbekannt |
Geografische Verbreitung | Annamiten-Gebirge im Grenzgebiet zwischen Laos und Vietnam |
Lebensraum | Feuchter Regenwald zwischen 500 m und 800 m Höhe, eventuell bis zu 1.200 m |
Ernährung | Pflanzenfresser |
Bestandsgröße | unbekannt, Populationsschätzung sehr schwierig, vermutlich weniger als 250 adulte Tiere (Stand: 2015) |
Gefährdungsstatus | IUCN: Vom Aussterben bedroht |
Wo werden Saolas in der zoologischen Systematik eingeordnet?
Von Ordnungen, Familien und Arten
Das Saola (Pseudoryx nghetinhensis) gehört in der Familie der Hornträger und bildet dort eine monotypische Gattung, das heißt es gibt nur eine einzige Art.
Wie sehen Saolas aus?
Merkmale, Eigenschaften und Besonderheiten
Das Saola ist nach wie vor ein Mysterium, kaum ein Forscher bekommt es einmal lebend zu Gesicht, auch einheimische Jäger sehen es nur selten. Seit seiner wissenschaftlichen Entdeckung im Jahr 1992 gibt es überhaupt nur fünf wissenschaftlich anerkannte Nachweise, der letzte im September 2013 durch eine WWF-Kamerafalle in Vietnam. Entsprechend weiß man immer noch nicht viel über die Biologie des mittelgroßen Wild-Rindes. Zwar wurden schon mehrere Male Saolas in menschliche Obhut gebracht, aber diese Tiere verstarben stets nach kurzer Zeit. Forscher konnten immerhin ermitteln, dass sowohl Männchen als auch Weibchen die charakteristisch geraden Hörner tragen, die ein wenig an die Hörner der Oryx-Antilopen erinnern. Daraus leitet sich auch der wissenschaftliche Name Pseudoryx ab. Die Hörner sind etwa 55 Zentimeter lang.
Als Kopfrumpflänge wurden bei einem einzelnen erwachsenen Männchen 143 Zentimeter gemessen, bei einem erwachsenen Weibchen 150 Zentimeter. Das Gewicht der Tiere liegt schätzungsweise zwischen 70 und 100 Kilogramm. Der Körper des Saola-Rindes ist eher kompakt und der Hals relativ lang. Das Fell ist kurz, die Grundfarbe ist mittelbraun, die Tiere haben auffällige weiße Flecken an den Seiten des Gesichts, an der Schnauze und über dem Auge sowie einen schwarzen Rückgratstrich; außerdem haben sie weiße Fesseln, cremefarbene und schwarze Bänder am Schwanz und am Rumpf sowie einen schwarzen „Kinnriemen“ über einem eher weißlichen Kinn.
Wie leben Saolas?
Die soziale Organisation, Aktivität und Kommunikation
Die wenigen Kamerafallenbilder lassen vermuten, dass Saolas tag- oder dämmerungsaktiv sind. Von der lokalen Bevölkerung im Lebensraum der Saola weiß man, dass die Wildrinder meist einzeln leben – mit Ausnahme von Weibchen mit Kälbern und möglicherweise losen Verbänden von Männchen und Weibchen (zwei bis drei Tiere) während der Paarungszeit. Die lokale Bevölkerung berichtet außerdem von lokalen Wanderungen. Mehr ist zum Saola derzeit nicht bekannt.
Was ist über die Fortpflanzung von Saolas bekannt?
Von der Paarung über die Entwicklung der Jungen bis zum Erwachsenenalter
Die Kälber kommen vermutlich im Zeitraum April bis Juni zur Welt. Über andere Details aus der Entwicklung von Saolas, wie zum Beispiel das Alter der Mütter bei ihrer ersten Trächtigkeit, ist nichts bekannt.
Wo leben Saolas?
Ihr Verbreitungsgebiet und Lebensraum
Saolas leben in feuchten, immergrünen Wäldern des Annamiten-Gebirges im Grenzgebiet zwischen Laos und Vietnam, möglicherweise bis zu einer Höhe von 1.200 Meter. Über die untere Höhengrenze, die sie in Regionen ohne menschliche Eingriffe aufsuchen, ist nichts bekannt; sie könnte bei etwa 200 Metern liegen. Die meisten Nachweise gibt es zwischen 500 und 800 Metern. Interessant ist, dass sich die Tiere oder deren Produkte nicht in der chinesischen Pharmakopöe finden. Vermutlich war das Verbreitungsgebiet der Art daher auch in historischer Zeit stets auf das Annamiten-Gebirge beschränkt.
Wie ernähren sich Saolas?
Alles über ihre Nahrung und Ernährungsweise
Das Saola-Rind ernährt sich wahrscheinlich sowohl von der Bodenvegetation als auch von den Blättern der Unterholzpflanzen. Die lokale Bevölkerung berichtet, dass Saolas gern die Blätter eines Aronstabgewächses fressen.
Wie viele Saolas gibt es?
Ihr Bestand in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Der weltweite Bestand des Saolas ist nicht bekannt, liegt aber wahrscheinlich bei höchstens 250 Tieren und könnte noch wesentlich darunter liegen (IUCN, Stand: 2015). Die Tiere sind so schwer aufzuspüren (einzelgängerisch, scheu, leben in geringer Zahl in dichten, abgelegenen Wäldern), dass eine zuverlässige Bestandsschätzung nicht möglich ist. Die noch überlebenden Saolas verteilen sich auf weniger als 15 voneinander isolierte Waldblöcke und bilden somit fragmentierte Populationen in Laos und Vietnam. Es gibt weltweit keine Saolas in Gefangenschaft.
Sind Saolas vom Aussterben bedroht?
Ihr Gefährdungs- und Schutzstatus
Saolas sind in der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft und im Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) in Anhang I gelistet.
Die Bedrohungsfaktoren
Während auf laotischer Seite vor allem der illegale Holzeinschlag den Lebensraum bedroht, sind Saolas auf der vietnamesischen Seite zusätzlich durch Wilderei gefährdet. Anfang der 2000er Jahre wurde in Hanoi ein Saola-Horn konfisziert, dass damals einen Wert von 600 US-Dollar hatte. Die Wildrinder werden opportunistisch bei der Jagd auf andere Tiere getötet. Saolas sind besonders anfällig für die Jagd mit Hunden, da die Tiere auf die Verfolgung durch Hunde in der Regel damit reagieren, dass sie in einem seichten Bach verharren – damit sind sie leichte Beute. Andere zunehmende direkte oder indirekte Bedrohungen sind Straßenbau, Holzeinschlag, kommerzielle Landwirtschaft, Bergbau, der Bau von Wasserkraftwerken und das Bevölkerungswachstum.
Gerade weil man so wenig über die tatsächlichen Populationszahlen des Saola weiß, steht der Schutz seines Lebensraums im Vordergrund der Bemühungen. Vor Ort hat der WWF daher mitgeholfen, in Laos und Vietnam ein Netz aus Schutzgebieten und Korridoren einzurichten. Die so erhaltenen Wälder dienen nicht nur dem Schutz der Biodiversität, sondern auch als Kohlenstoffspeicher dem weltweiten Klimaschutz. Daher werden diese Schutzmaßnahmen unter anderem mit Mitteln der Internationalen Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz über die KfW Entwicklungsbank finanziert. So entstanden 2011 inmitten des Annamiten-Gebirges nicht nur Korridore, die bestehende Schutzgebiete und Nationalparks miteinander verbinden, sondern in den vietnamesischen Provinzen Thừa Thiên–Huế und Quảng Nam sogar zwei Saola-Naturreservate.
In diesen Schutzgebieten hat der Schutz der Saola-Population höchste Priorität für den WWF und die Forstbehörden. Täglich gehen Teams aus WWF-Waldschützern und staatlichen Ranger:innen auf Patrouille, entfernen Schlingfallen und zerstören illegale Wilderercamps. So werden Bedrohungen frühzeitig erkannt und der Wald vor Abholzung und Degradation geschützt. Denn nur mit effektiven Schutzmaßnahmen für seine Lebensräume hat das Saola eine langfristige Überlebenschance.
Weitere Informationen zum Saola-Rind
- Saola – der heilige Gral unter den Tierarten Südostasiens
Tierporträts im WWF-Artenlexikon
- Asiatischer Elefant
- Irwadi-Delfin
- Kragenbär