Am Mittwoch folgte der WWF einer Einladung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung des Deutschen Bundestages. Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland, stellte sich den Fragen der Abgeordneten zu den Vorwürfen des US-amerikanischen Portals „Buzzfeed“, der WWF unternehme nicht genügend, um schwere Straftaten durch staatliche Angestellte in afrikanischen und asiatischen Schutzgebieten zu verhindern.
Christoph Heinrich machte deutlich, dass der WWF die Anschuldigungen sehr ernst nimmt. „Für den WWF hat die Achtung der Menschenrechte oberste Priorität. Wir sind entsetzt, dass von uns unterstützten staatlichen Nationalparkmitarbeitern Vergewaltigungen, schwere Körperverletzungen und Tötungen vorgeworfen werden. Wir empfinden tiefes Mitgefühl mit den Betroffenen und lassen alle Vorwürfe unabhängig untersuchen.“
Christoph Heinrich beschrieb dem Ausschuss die Arbeit in Schutzgebieten und die schwierigen Bedingungen, mit denen der WWF vor Ort konfrontiert ist. In krisengeschüttelten Regionen, wo solche Übergriffe an der Tagesordnung sind fehlt es häufig an staatlichen Strukturen zur effektiven Strafverfolgung. Der WWF Deutschland ist als Teil des WWF-Netzwerks in mehr als 40 Ländern tätig. Zu unseren Zielen gehören der Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung der wichtigsten Ökosysteme für den Erhalt der biologischen Vielfalt und der menschlichen Lebensgrundlagen. Nahrung, sauberes Wasser, Holz zum Bauen und Kochen, Schutz vor Erosion und Überschwemmungen oder die Stabilisierung des Weltklimas sind einige der lebensnotwendigen Dienstleistungen, die uns intakte Schutzgebiete liefern. Umweltschutz ist daher immer auch Menschenschutz.
Der WWF begrüßt es daher, dass alle deutschen Bundesregierungen seit den 1990er Jahren den Erhalt tropischer Schutzgebiete als Garant für nachhaltige Entwicklung erkannt und finanziell unterstützt haben. Davon profitieren auch und gerade die Menschen vor Ort, wie wissenschaftlich belegt ist. Eine aktuelle und breit angelegte Studie (Naidoo et al. 2019) über 600 Schutzgebiete in 34 Entwicklungsländern zeigt so zum Beispiel, wie positiv sich Schutzgebiete auf den Wohlstand und die Gesundheit der lokalen Bevölkerung auswirken.
Solche positiven Effekte sollen nicht über die Schwierigkeiten hinwegtäuschen: Diese Schutzgebiete liegen meist abgelegen und in fragilen, unsicheren Staaten. Das betrifft vor allem die Länder Zentralafrikas, aus denen viele der Vorwürfe über Menschenrechtsverletzungen stammen. Gerade hier hat zudem in den vergangenen zehn Jahren eine stark angestiegene organisierte und schwer bewaffnete Wilderei den Druck auf Schutzgebiete und deren Mitarbeiter massiv erhöht. Wildhüter üben ihren schwierigen Beruf im Zentrum dieser Konflikte aus und können dabei zu Tätern ebenso wie zu Opfern werden. Allein zwischen Juli 2017 und Juli 2018 kamen weltweit über 100 Wildhüter bei ihrer Arbeit ums Leben.
Die Umstände und die Gefahren, denen Ranger ausgesetzt sind, können jedoch keine Rechtfertigung für Menschenrechtsverletzungen sein. Die Vorwürfe werfen in schmerzhafter Weise die Fragen auf, inwieweit wir in der Zusammenarbeit mit staatlichen Schutzgebieten unsere Sorgfaltspflicht erfüllt haben und wie wir in Zukunft unserer Verantwortung noch besser gerecht werden können.
Der WWF Deutschland hat zur Aufklärung dieser Fragen Markus Löning, den ehemaligen Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung damit beauftragt, die Berücksichtigung von Menschenrechten in der Arbeit des WWF Deutschland zu bewerten und Empfehlungen für Verbesserungen zu erarbeiten. Zudem wird er den WWF Deutschland in den kommenden zwei Jahren bei der Umsetzung begleiten. Der WWF International lässt die konkreten Anschuldigungen durch die Rechtsanwaltskanzlei Kingsley Napley untersuchen. Zusätzlich wird eine unabhängige Menschenrechtskommission einberufen, die von der südafrikanischen Juristin und ehemaligen UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navanethem Pillay, geleitet werden wird.
Der WWF ist fest entschlossen, die Vorwürfe aufzuklären sowie Konsequenzen und Lehren für seine zukünftige Arbeit zu ziehen.