Das Breitmaulnashorn ist das viertgrößte Landsäugetier der Erde – nur die Afrikanischen und Asiatischen Elefanten sind größer. Sie sind leicht an ihrem namensgebenden großen, breiten Maul zu erkennen. Im Grasland-Ökosystem halten sie als „Rasenmäher“ den Bewuchs kurz. Mit den breiten, kantig verhornten Lippen können sie die Grashalme direkt über dem Boden abbeißen. Seit knapp 15 Jahren erlebt Afrika eine Nashornwildereikrise. Den Nashörnern wird zum Verhängnis, dass in Teilen Asiens dem pulverisierten Horn fiebersenkende, entgiftende, krampflösende und seit neuestem auch krebsheilende Wirkung zugesprochen wird. Wissenschaftlich ist das Humbug. Aufgrund seines hohen Preises entwickelte sich Nashornhorn seit einiger Zeit zu einem Statussymbol der aufstrebenden, reichen Mittelschicht mancher asiatischen Länder. Breitmaulnashörner waren einst in Afrika weit verbreitet. Die Nördlichen Breitmaulnashörner lebten in Ost- und Zentralafrika und die Südlichen Breitmaulnashörner im südlichen Afrika. Von den Südlichen Breitmaulnashörnern gab es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert nur noch weniger als 100 Tiere. Dank intensiver Schutzmaßnahmen konnte sich bis heute ein Bestand von wieder über 16.000 Tieren entwickeln. Von den Nördlichen Breitmaulnashörnern gibt es hingegen nur noch zwei Weibchen weltweit.
Das Breitmaulnashorn im Steckbrief
Verwandtschaft | Ordnung der Unpaarhufer, Familie der Nashörner, zwei Unterarten |
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Größe | 3,4 – 4,2 m Kopfrumpflänge, 1,5 – 1,8 m Schulterhöhe, 50 – 70 cm Schwanzlänge, Männchen größer als Weibchen |
Gewicht | 1.350 bis 3.500 kg, Männchen massiger als Weibchen |
Besonderheiten | größtes Nashorn und viertgrößtes Landsäugetier der Erde, plumpe Erscheinung, zwei hintereinander angeordnete Hörner, breites Maul, kantige Verhornungen auf den Lippen funktionieren wie Schneidezähne, gehören zu den Dickhäutern, Fußabdruck ähnelt vierblättrigem Kleeblatt |
Soziale Organisation | Einzelgänger oder Kleingruppen |
Fortpflanzung | aggressives Paarungsverhalten, Tragzeit von 16 Monaten |
Jungtiere | ein Junges pro Geburt, Nestflüchter, bis 1 Jahr gesäugt |
Lebenserwartung | bis zu 50 Jahre |
Geografische Verbreitung | südliches Afrika und Ostafrika |
Lebensraum | vor allem Gras- und Buschländer der Savanne |
Ernährung | spezialisierte Pflanzenfresser, ernähren sich ausschließlich von Gräsern, spielen als „Rasenmäher“ eine wichtige Rolle im Ökosystem |
Bestandsgröße | rund 16.803 Tiere (Stand 2022) |
Gefährdungsstatus | „gering gefährdet“ (Internationale Rote Liste), Unterart Nördliches Breitmaulnashorn funktional ausgestorben (laut Internationaler Roter Liste „vom Aussterben bedroht“, aber nur noch zwei Weibchen am Leben). |
Wo werden Breitmaulnashörner in der zoologischen Systematik eingeordnet?
Von Ordnungen, Familien und Arten
Das Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum) gehört zur Ordnung der Unpaarhufer und zur Familie der Nashörner. Die Familie der Nashörner umfasst heute nur noch vier Gattungen mit insgesamt fünf Arten: Breitmaulnashorn, Spitzmaulnashorn, Java-Nashorn, Panzernashorn und Sumatra-Nashorn. Dabei ist das Breitmaulnashorn am nächsten mit dem Spitzmaulnashorn verwandt. Im Laufe der Evolution hatte die Familie der Nashörner zahlreiche weitere Arten hervorgebracht, die aber alle bereits ausgestorben sind, darunter das Waldnashorn, das Wollnashorn und das Steppennashorn, welche bis zur letzten Kaltzeit überlebten. Bei Breitmaulnashörnern werden zwei Unterarten unterschieden: das Nördliche Breitmaulnashorn (C. s. cottoni) und das Südliche Breitmaulnashorn (C. s. simum).
Wie sehen Breitmaulnashörner aus?
Merkmale, Eigenschaften und Besonderheiten
Das Breitmaulnashorn ist das größte Nashorn und nach den drei Afrikanischen und Asiatischen Elefanten das viertgrößte Landsäugetier der Erde. Die Kopf-Rumpflänge von Breitmaulnashörnern beträgt etwa 3,4 bis 4,2 Meter, die Schulterhöhe rund 1,5 bis 1,8 Meter und die Schwanzlänge ca. 50 bis 70 Zentimeter. Breitmaulnashörner können 1.350 bis 3.500 Kilogramm auf die Waage bringen. Dabei sind die Nashornbullen größer und massiger als die Nashornkühe. Dieser Unterschied zwischen Männchen und Weibchen ist deutlicher ausgeprägt als bei anderen Nashornarten.
Nashörner haben einen massigen Körper, einen kurzen Hals und einen großen Kopf. Ein auffälliger Buckel im Nacken der Breitmaulnashörner aus kräftigen Muskeln und Bändern hilft, den schweren Kopf zu halten. Breitmaulnashörner haben ein verlängertes Hinterhaupt, wodurch sie ihren Kopf relativ tief tragen. Das stattliche Gewicht der Nashörner wird von kurzen, stämmigen Beinen mit je drei Zehen an den Füßen getragen. Der Fußabdruck ähnelt einem vierblättrigen Kleeblatt.
Breitmaulnashörner haben zwei hintereinander angeordnete Hörner. Das vordere Horn sitzt auf der Nase, ist zumeist das größere und hat im Durchschnitt eine Länge von 90 Zentimetern. In seltenen Fällen kann es bis zu 1,5 Meter lang werden. Das hintere Horn sitzt auf der Stirn und kann bis zu 55 Zentimeter Länge erreichen. Zusammen können die beiden Hörner bis zu sechs Kilogramm wiegen. Die Nashornhörner bestehen genau wie unsere Haare und Fingernägel zum Großteil aus Keratin. Je nach Lebensbedingungen und Verhalten nutzen sie sich mehr oder weniger ab und wachsen lebenslang nach. Das Wachstum beträgt jährlich etwa fünf bis sechs Zentimeter und ist abhängig vom Alter und Geschlecht. Im Unterschied zu der Familie der Hornträger, deren Horn ein hohler Überzug über einen mit einer gut durchbluteten Hautschicht ausgekleideten Knochenzapfen ist, haben die Hörner von Nashörnern keinen knochigen Kern. Nashornhörner sind von der Struktur Pferdehufen oder Kakaduschnäbeln am ähnlichsten. Der Hornansatz ist bei Breitmaulnashörnern fast quadratisch. Zur Spitze haben die langen Hörner einen ovalen Querschnitt. Der Aufbau eines Nashornhorns erinnert an einen Bleistift. Das Horninnere und die Spitze sind extrem kompakt, die äußeren und vor allem unteren Teile sind faseriger. Die Hornsubstanz ist dunkelgrau bis rotbraun gefärbt. Die Hörner der Weibchen sind typischerweise länger und dünner als die der Männchen. Sie haben verschiedene wichtige Funktionen: als Waffe zum Schutz ihrer Jungtiere vor Raubtieren und Artgenossen, in Rivalenkämpfen um Reviere, zum Imponieren, zum sanften Lotsen ihrer Kälber sowie zum Graben nach Wasser, Zerbrechen von Ästen und Durchdringen von dichtem Gestrüpp.
Breitmaulnashörner haben wie ihr Name schon verrät ein großes, breites Maul. Ihre Lippen sind im Gegensatz zu denen der anderen Nashornarten gerade und haben keinen nashorntypischen spitzen, fingerförmigen Greiffortsatz. Außerdem haben sie weder Schneide- noch Eckzähne. Stattdessen funktionieren kantige Verhornungen auf den Lippen bei der Nahrungsaufnahme ähnlich wie Schneidezähne.
Nashörner werden zusammen mit den Elefanten, Flusspferden und Tapiren zu den so genannten „Dickhäutern“ gezählt. Sie alle haben eine derbe, oft unbehaarte, meist dunkel gefärbte Haut, die an manchen Stellen, wie beispielsweise den Schultern, bis zu fünf Zentimeter dick sein kann. Breitmaulnashörner haben eine grau bis graubraune Hautfarbe und sind mit Ausnahme der Ohrenspitzen, der Augenlidränder und der Schwanzspitze unbehaart. Durch schlammige Matsch- und Staubbäder ist die Haut zudem häufig von einer dicken Lehmschicht bedeckt, die die Nashörner vor der Sonne, Insekten und Parasiten schützt. Im Englischen heißen Breitmaulnashörner White Rhinos, also „Weiße Nashörner“, obwohl sie nicht weiß sind. Es wird angenommen, dass die Bezeichnung „White Rhinos“ auf ein Missverständnis zurückzuführen ist. Das Afrikaans-Wort „wyd“ bedeutet übersetzt „breit“, klingt aber dem englischen „white“ sehr ähnlich. Vermutlich wurden die Breitmaulnashörner von englischen Siedlern so White Rhinos genannt.
Breitmaulnashörner können hervorragend riechen und hören. Sie können bei günstigen Bedingungen Gefahren oder Artgenossen über Hunderte von Metern wittern. Die Ohren können unabhängig voneinander in sämtliche Richtungen gedreht werden. Ihr Sehvermögen hingegen ist nur schwach entwickelt.
Trotz ihrer plumpen Erscheinung können sich Nashörner erstaunlich schnell fortbewegen. Im Galopp erreichen sie Geschwindigkeiten von bis zu 40 Stundenkilometern. Im Gegensatz zu den asiatischen Nashörnern sind Breitmaulnashörner schlechte Schwimmer. Sobald sie den Boden unter den Füßen verlieren, können sie ertrinken.
Auf den ersten Blick sind Breitmaulnashörner schwer von Spitzmaulnashörnern zu unterscheiden. Die auffälligsten Unterschiede sind die größere Größe, ein längerer Kopf, eine tiefere Kopfhaltung, das breite Maul und ein kantigerer Rücken.
Wie leben Breitmaulnashörner?
Die soziale Organisation, Aktivität und Kommunikation
Breitmaulnashornbullen sind typischerweise Einzelgänger. Weibchen und sub-adulte Tiere leben oft in festen Gruppen von bis zu sechs Tieren. Dabei gibt es sowohl gemischte Gruppen als auch Gruppen, die nur aus Müttern mit ihren Jungen oder nur aus sub-adulten Tieren bestehen. In Lebensräumen mit besonderen Bedingungen wie zum Beispiel reichen Weidegründen schließen sich temporär auch größere Gruppen von Breitmaulnashörnern zusammen. Die soziale Lebensweise ist bei Breitmaulnashörnern stärker ausgeprägt als bei Spitzmaulnashörnern.
Bei den Männchen werden Bullen mit und ohne Revier unterschieden. Männchen konkurrieren um Reviere mit reichen Nahrungsgründen und großer Lebensraumqualität, in denen die Wahrscheinlichkeit Weibchen anzutreffen möglichst groß ist. Dabei kommt es unter den Nashornbullen zu heftigen Kämpfen, bei denen sie sich mit ihren Hörnern manchmal lebensbedrohliche Verletzungen zufügen. Die Reviermarkierung erfolgt mit Duftmarken durch Urin und Kothaufen, welche die Männchen in einer bestimmten Art und Weise breit trampeln. Die Nashornbullen zeigen zudem mit regelmäßigen Kontrollgängen durch das Revier Präsenz. Die Kommunikation zwischen Männchen und Weibchen erfolgt zu einem Großteil über Kothaufen, wobei beide Geschlechter ihre Ausscheidungen übereinander häufen und den Dung der andern beschnüffeln. Auf diese Weise erhalten sie unter anderem Informationen über die Paarungsbereitschaft der potentiellen Geschlechtspartner. Männchen ohne Revier leben am oft kargen Rand der Reviere anderer Männchen mit schlechteren Lebensbedingungen und ohne die Möglichkeit sich fortzupflanzen. Die Gruppen der Weibchen und heranwachsenden Tiere leben in großen Streifgebieten, die typischerweise mit den Revieren mehrerer Männchen überlappen.
Die Größe der Reviere ist abhängig von den Raummerkmalen und den saisonalen Niederschlagsmengen. Während die Reviere der Männchen beispielsweise im Krüger-Nationalpark in Südafrika eine Größe von ca. 9,9 Quadratkilometern haben und die Streifgebiete der Weibchen eine Größe von etwa 22,8 Quadratkilometern, sind die Reviere der Männchen im Hluhluwe-iMfolozi Game Reserve in Südafrika durchschnittlich nur ca. 1,7 Quadratkilometer und die Streifgebiete der Weibchen etwa 16,2 Quadratkilometer groß.
Insgesamt gelten Breitmaulnashörner als friedlicher im Vergleich zu Spitzmaulnashörnern. Bei Gefahr tendieren Breitmaulnashörner zur Flucht, während Spitzmaulnashörner eher angreifen. Ausgewachsene Tiere haben normalerweise keine natürlichen Feinde. Jungtiere werden jedoch gelegentlich von Krokodilen oder Löwen gerissen. Nashörner leben mit verschiedenen Vögeln in einer so genannten Putzsymbiose. Dabei haben beide Seiten einen Nutzen: die Nashörner werden von Insekten und Parasiten gesäubert und die Vögel haben zu fressen.
Was ist über die Fortpflanzung von Breitmaulnashörnern bekannt?
Von der Paarung über die Entwicklung der Jungen bis zum Erwachsenenalter
Breitmaulnashörner werden etwa mit sechs bis sieben Jahren geschlechtsreif. Die Männchen können sich allerdings erst fortpflanzen, wenn sie sich ein Revier und damit den Zugang zu Weibchen erfolgreich erkämpft haben. Die Paarungsbereitschaft der Weibchen ist deutlich größer, wenn es mehrere Männchen in ihren Streifgebieten gibt und somit abhängig von einer kritischen Populationsgröße und Besiedlungsdichte. Männchen und Weibchen schließen sich nur zur Paarung zusammen. Das Paarungsverhalten der Nashörner ist aggressiv. Bei der Paarung steigt das Männchen auf den Rücken des Weibchens.
Nach einer Tragzeit von rund 16 Monaten kommt dann meist ein einzelnes Kalb zur Welt. Breitmaulnashornkälber werden mit einem Gewicht von rund einem Zentner geboren. Aus den kleinen Vorwölbungen auf der Nase entwickeln sich im Laufe der Jahre die mächtigen Hörner der Breitmaulnashörner. Die Jungtiere werden ein Jahr lang gesäugt. Schon in den ersten Wochen probieren sie auch Gras zu fressen und gewöhnen sich langsam an die pflanzliche Kost. Mütter und Kälber bleiben bis zur nächsten Trächtigkeit zusammen. Bei guten Lebensbedingungen bringt ein Weibchen etwa alle zwei bis drei Jahre ein Junges zur Welt. Paarungen und Geburten kommen das ganze Jahr über vor. Die maximale Lebenserwartung beträgt bei Breitmaulnashörnern etwa 50 Jahre.
Wo leben Breitmaulnashörner?
Ihr Verbreitungsgebiet früher und heute
Breitmaulnashörner waren einst in Afrika weit verbreitet. Schon vor mehreren Tausend Jahren waren die Verbreitungsgebiete der nördlichen und südlichen Unterart geografisch weit voneinander getrennt. Die Nördlichen Breitmaulnashörner lebten in Ost- und Zentralafrika und die Südlichen Breitmaulnashörner im südlichen Afrika.
Im 19. Jahrhundert zählten noch die Länder Demokratische Republik Kongo, Sudan, Tschad, Uganda und Zentralafrikanische Republik zu den Verbreitungsstaaten der Nördlichen Breitmaulnashörner. Im Sudan, im Tschad, in Uganda und in der Zentralafrikanischen Republik sind sie in den letzten beiden Jahrhunderten jedoch bereits ausgestorben. Die letzten wildlebenden Nördlichen Breitmaulnashörner lebten seit 1984 nur noch im Garamba-Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo bis sie auch dort ausstarben.
Die Südlichen Breitmaulnashörner hingegen sind heute weit verbreitet. Sie kommen im südlichen Afrika in Botswana, Eswatini, Mosambik, Namibia, Sambia, Simbabwe und Südafrika und in Ostafrika in Kenia und Uganda vor. Früher kam das Südliche Breitmaulnashorn auch noch in Angola vor. Am Ende des 19. Jahrhunderts gab es nur noch eine einzige kleine Population, die in Südafrika überlebt hatte. Nach einer langen Erholungszeit konnten die Südlichen Breitmaulnashörner seit den 1970er Jahren in Botswana, Eswatini, Namibia und Simbabwe wiederangesiedelt und in Kenia, Uganda und in Sambia nördlich des Sambesi, welcher historisch eine natürliche Verbreitungsgrenze darstellte, neu eingeführt werden. Zu den wichtigsten Rückzugsgebieten für Breitmaulnashörner zählen vor allem die beiden Schutzgebiete Krüger-Nationalpark und Hluhluwe-iMfolozi-Park in Südafrika.
In welchem Lebensraum kommen Breitmaulnashörner vor?
Breitmaulnashörner leben in den Gras- und Buschländern der Savanne, wobei sie Kurz- und Langgrassavannen bevorzugen. In kalten oder trockenen Regionen kommen sie nur sehr selten vor. Neben Gräsern als Ernährungsgrundlage, benötigen Breitmaulnashörner Schattenplätze und Deckung, um sich auszuruhen. Schlammige Wasserlöcher ermöglichen vor allem in der Mittagshitze eine willkommene Abkühlung, Sandkuhlen laden zum Staubbad ein.
Wie ernähren sich Breitmaulnashörner?
Alles über ihre Nahrung und Ernährungsweise
Breitmaulnashörner ernähren sich ausschließlich von Gräsern. Mit ihren breiten, verhornten Lippen können sie die Halme direkt über dem Boden abbeißen. Im Grasland-Ökosystem spielen Breitmaulnashörner so eine wichtige Rolle, denn sie halten als „Rasenmäher“ den Bewuchs kurz. Um ihren täglichen Kalorienbedarf zu decken, verbringen Breitmaulnashörner rund die Hälfte des Tages mit Grasen. Wenn möglich trinken Nashörner täglich, kommen zur Not aber auch ein paar Tage ohne Wasser aus.
Wie viele Breitmaulnashörner gibt es?
Ihr Bestand in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Vor 150 Jahren streiften noch mehr als eine Million Breit- und Spitzmaulnashörner durch die Savanne Afrikas. Bejagung und Wilderei ließen die Bestände vor allem in den zweiten Hälften des 19. und 20. Jahrhunderts stark einbrechen.
Am Ende des 20. Jahrhunderts gab es nur noch wildlebende Nördliche Breitmaulnashörner im Garamba-Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo. Allerdings wurde dort seit dem Jahr 2006 auch kein Nashorn mehr gesichtet und die Weltnaturschutzunion IUCN nimmt an, dass sie in der Demokratischen Republik Kongo ebenfalls ausgestorben sind. Damit sind die Nördlichen Breitmaulnashörner in der Wildnis insgesamt ausgestorben. Auch in Gefangenschaft gab es Anfang des 21. Jahrhunderts nur noch wenige Nördliche Breitmaulnashörner. Im Jahr 2009 wurden vier Nördliche Breitmaulnashörner aus dem Dvur Kralove Zoo in Tschechien in das Privatschutzgebiet Ol Pejeta in Kenia gebracht in der Hoffnung, dass sie sich dort in natürlicher Umgebung am besten vermehren könnten. Doch die beiden Männchen sind inzwischen verstorben. Weltweit leben heute nur noch die beiden weiblichen Nördlichen Breitmaulnashörner in Kenia.
Die Südlichen Breitmaulnashörner haben es hingegen geschafft aus dem so genannten Flaschenhals heraus zu kommen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts galten die Nashörner im südlichen Afrika als ausgestorben, bis im heutigen Hluhluwe-iMfolozi-Park in Südafrika eine Population von weniger als 100 Südlichen Breitmaulnashörnern entdeckt wurde, die dort überlebt hatte. Dank intensiver Schutzmaßnahmen ist es gelungen, dass sich dieser kleine Restbestand erholen konnte und sich die Südlichen Breitmaulnashörner nach und nach wieder ausgebreitet haben und in geeignete Gebiete umgesiedelt werden konnten.
Laut dem aktuellen Bericht der IUCN aus dem Jahr 2023 zählte der Bestand der Breitmaulnashörner Ende 2022 insgesamt 16.803 Tiere – der erste kleine Bestandszuwachs nach deutlichen afrikaweiten Bestandsrückgängen von 25 Prozent zwischen 2012 und 2021 aufgrund der anhaltenden Nashorn-Wilderei. Im Vergleich zum Vorjahr, als afrikaweit 15.942 Breitmaulnashörner gezählt wurden, erholte sich ihr Bestand um 5,6 Prozent. Im Jahr 2021 gab es in Südafrika 12.968, in Namibia 1.234, in Kenia 873, in Simbabwe 417, in Botswana 242, in Eswatini 98, in Uganda 35, in Ruanda 30, in der Demokratischen Republik Kongo 20, in Mosambik 14, in Sambia acht und in Angola drei Breitmaulnashörner. Damit leben mehr als 80 Prozent des Gesamtbestandes in Südafrika. Diese sind alleine in Südafrika auf mehr als 300 räumlich weitgehend voneinander getrennten Populationen verstreut. Im Jahr 2012 zählte der Bestand der Breitmaulnashörner noch 20.608 Tiere und ist seitdem kontinuierlich gesunken auf 20.378 Tiere im Jahr 2015 und 18.067 Breitmaulnashörner im Jahr 2017.
Sind Breitmaulnashörner vom Aussterben bedroht?
Ihr Gefährdungs- und Schutzstatus
In der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN sind Breitmaulnashörner als gering gefährdet eingestuft. Dabei gelten die Nördlichen Breitmaulnashörner als Unterart vom Aussterben bedroht, sind aber funktional bereits ausgestorben, da nur noch zwei Weibchen überleben. Im Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES sind die Breitmaulnashörner im Anhang I gelistet. Jeder internationale kommerzielle Handel ist somit verboten. Ausgenommen davon sind die Populationen des Südlichen Breitmaulnashorns in Südafrika und Eswatini, für welche die Bestimmungen des Anhangs II gelten. In einer zusätzlichen Auflage ist allerdings nur der Verkauf von lebenden Tieren an angemessene und akzeptable Bestimmungsorte vorgesehen. Jeglicher andere internationale Handel mit diesen Tieren oder Teilen davon ist nicht erlaubt. Damit ist auch ein internationaler Handel mit den Hörnern der Tiere weiterhin strengstens verboten.
Die Bedrohungsfaktoren
Heute sind Breitmaulnashörner vor allem durch die Wilderei und durch Lebensraumverlust bedroht. In der Kolonialzeit gab es durch unkontrollierte Jagd massive Bestandseinbrüche bis an den Rand der Ausrottung. Zum einen gehörten Nashörner neben Elefanten, Büffeln, Löwen und Leoparden als die „Big Five“ zu den begehrtesten Jagdtrophäen für Großwildjäger. Zum anderen wurden afrikanische Nashörner zum Verzehr gejagt und durch Besiedlung aus ihrem Lebensraum vertrieben.
In der Traditionellen Asiatischen Medizin ist Nashornhorn ein begehrter Rohstoff, dem eine fiebersenkende, entgiftende und krampflösende Wirkung zugesprochen wird. Dieser Glaube hält sich bis heute und führt zu einer stetigen Nachfrage. In einigen Ländern des Mittleren Osten, vor allem im Jemen, wurden Nashornhörner in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts außerdem zu Griffen für Dolche verarbeitet. In den 1970er Jahren wurden jährlich rund drei Tonnen Nashornhorn in den Jemen exportiert. Da die Bestände der Asiatischen Nashörner bis zum Ende des 19. Jahrhunderts auch stark eingebrochen waren und sich seitdem kaum erholt haben, gerieten die Afrikanischen Nashörner als Rohstofflieferanten für Nashornhorn nach Asien unter Druck. In den 1970er und 80er Jahren kam es zu zahlreichen Fällen von Nashornwilderei in Afrika, die allerdings vor allem die Bestände der Spitzmaulnashörner betrafen. Während es im Jahr 1970 afrikaweit nur etwa 2.000 bis 3.000 Breitmaulnashörner gab, zählten die Spitzmaulnashörner insgesamt noch ca. 65.000 Tiere. Im Jahr 1977 wurde der internationale Handel mit Nashörnern und Nashornhorn deshalb durch die Listung im Anhang I im Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES verboten.
Seit dem Jahr 2008 befindet sich Afrika erneut in einer Wildereikrise, deren dramatische Folgen bis heute andauern und die Nashornbestände afrikaweit im Durchschnitt schrumpfen lassen. Dabei werden dieses Mal insgesamt deutlich mehr Breitmaulnashörner als Spitzmaulnashörner gewildert. Zum einen gibt es derzeit wesentlich mehr Breitmaulnashörner als Spitzmaulnashörner, afrikaweit rund zweieinhalb Mal so viele. Zum anderen findet man Breitmaulnashörner in offenerem Habitat und oft in kleinen Gruppen stehend, während Spitzmaulnashörner versteckter in buschigem Habitat leben.
Nashornhorn wird immer noch für die Traditionelle Asiatische Medizin nachgefragt. Dazu kommt, dass vor ein paar Jahren ein hoher Regierungsbeamter Vietnams angeblich durch die Einnahme von Nashornhornpulver von seiner Krebserkrankung geheilt werden konnte. Obwohl weder eine krebsheilende noch eine andere heilende Wirkung jemals wissenschaftlich belegt wurde, stieg die Nachfrage nach dem Horn so sehr an, dass es heute als eines der wertvollsten Wildtierprodukte der Welt gilt. Dies wiederum hat auch das Interesse einer neuen aufstrebenden Mittelschicht geweckt, die das teure Produkt als Luxusobjekt und Statussymbol nutzt. Nach einer wilden Party soll Nashornhorn beispielsweise helfen, den Kater zu vertreiben.
Über die Jahre etablierte sich so eine hoch professionelle Wildtiermafia mit einem komplexen Netzwerk aus Wilderern, Schmugglern und Händlern sowie zahlreichen Unterstützern, auch in der Exekutive und Judikative. Im Zeitraum zwischen 2013 und 2022 wurden mehr als 9.000 Nashörner in Afrika gewildert. Im Jahr 2015, am Höhepunkt der Wildereikrise, wurden afrikaweit mindestens 1.349 Nashörner gewildert, durchschnittlich also drei bis vier illegal getötete Nashörner pro Tag. In den Jahren 2020 und 2021 hat sich diese Zahl auf jeweils etwa 500 Tiere reduziert – der Wildereidruck sank dabei von 2015 bis 2021 von 5,3 Prozent auf 2,3 Prozent. Diese Reduktion kommt aber keiner Entwarnung für die Nashörner gleich, da besonders die reduzierte Wilderei der letzten Jahre auch mit den durch die COVID19-Pandemie verhängten Ausgangsbeschränkungen und eingeschränkten Transportwegen der internationalen Schmuggel-Netzwerke zusammenhing.
In der Nashorn-Wilderei spielt Südafrika eine besondere Rolle, denn es beherbergt mehr Nashörner als jedes andere Land der Welt. Von den etwa 23.290 afrikanischen Nashörnern leben fast 13.000 Breitmaulnashörner und mehr als 2.000 Spitzmaulnashörner in Südafrika. Fast 70 Prozent der Nashörner Afrikas leben also im Land am Kap, bei den Breitmaulnashörnern sind es gar 80 Prozent. Damit einher geht allerdings auch, dass 90 Prozent der Nashornwilderei-Fälle in Südafrika stattfinden, 2023 wurden dabei 499 gewilderte Nashörner registriert – ein Anstieg von 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Aber auch Nachbarländer wie Namibia und Zimbabwe sind betroffen, Botswana sogar im steigenden Ausmaß. Bei der Wilderei nach Nashörnern kommen nicht nur Gewehre zum Einsatz, sondern mehr und mehr auch aufwendige Hilfsmittel wie Nachtsichtgeräte und Betäubungsmittel aus der Veterinärmedizin.
Wie die Nashornhörner dann genau von Afrika nach Asien gelangen ist nicht vollständig bekannt. Man schätzt, dass 75 Prozent der illegalen Hörner ihr Ziel erreichen und vorher nicht durch Strafvollzugsbehörden abgefangen werden können. Immer wieder werden Hörner einzeln oder in geringer Anzahl im Gepäck von Flugreisenden aufgefunden. Dabei scheint den Aufgriffen zur Folge vor allem Mosambik ein wichtiges Transitland zu sein. Die Erfahrungen der Beschlagnahmungen zeigen, dass die Hörner teilweise gut getarnt werden. Starke Gerüche wie Knoblauch sollen beispielsweise eine Entdeckung durch Artenschutzspürhunde verhindern. Trotzdem betrug die im Zeitraum zwischen 2010 und 2015 von den zuständigen Behörden sichergestellte Menge mehr als fünf Tonnen Nashornhorn. Im für die Wildtiermafia optimalen Fall schaffen Schmuggler es laut Untersuchungen von TRAFFIC, dem Wildlife Trade Monitoring Network, die Nashornhörner innerhalb von 48 Stunden auf einen Schwarzmarkt in Asien zu bringen. Ziel der Schmuggelware sind vor allem die Schwarzmärkte in Vietnam und China. Doch während die Händler große Profite machen, erhalten die Wilderer in Afrika nur einen Bruchteil der Gewinne.
Insgesamt sind vor allem Südafrika, China und Hongkong SAR, Vietnam, Malaysia und Mosambik maßgeblich am illegalen Handel mit Nashorn-Horn aus der derzeitigen Nashornwildereikrise in Afrika beteiligt. Alle fünf Länder haben das Washingtoner Artenschutzübereinkommen, welches einen internationalen Handel mit Nashornhorn verbietet, ratifiziert. In allen fünf Ländern stehen Wilderei, Schmuggel und illegaler Handel unter hoher Strafe mit mehreren Jahren Haft. Südafrika setzt sich stark gegen die Nashornwilderei ein. Seit einer Überarbeitung des Naturschutzgesetztes in Mosambik kann künftig auch der Schmuggel oder andere Aktivitäten in Verbindung mit Wilderei unter Strafe gestellt werden. Insbesondere in Vietnam ist die Strafverfolgung schlecht und der volle gesetzliche Rahmen wird de facto nicht ausgenutzt.
Neben der Wilderei leiden Breitmaulnashörner ebenso wie viele andere Wildtiere unter dem Verlust ihres natürlichen Lebensraumes. Afrika hat ein enormes Bevölkerungswachstum. Siedlungen, Landwirtschaft und Infrastruktur verdrängen wichtige Naturräume. Nashörner leben heute überwiegend in Schutzgebieten.
Weitere Informationen zu Nashörnern
- Nashörner: Überlebende der Urzeit in Gefahr
- Nashorn-Wilderei: Der Kampf um die verbleibenden Rhinos
- Südafrika: Autos für den Nashorn-Schutz
Tierporträts im WWF-Artenlexikon
- Indisches Panzernashorn
- Java-Nashorn
- Spitzmaulnashorn