Das Indische Panzernashorn (Rhinoceros unicornis) ist eines der drei Nashornarten, die heute noch in Asien vorkommen und die letzte Nashornart die noch auf dem Indischen Subkontinent zu finden ist. Dort beschränkt sich sein Verbreitungsgebiet heute auf nur noch sieben Schutzgebiete in Indien und vier Schutzgebiete in Nepal, wobei sich fast 80 Prozent der Gesamtpopulation auf zwei Schutzgebiete verteilt. Lebensraumverlust und die intensive Bejagung führten in der Vergangenheit dazu, dass das Indische Panzernashorn aus vielen teilen seines einst großen Verbreitungsgebiets verschwunden ist. Letzte Schätzungen aus dem Jahr 2022 gehen davon aus, dass es noch knapp 4.000 Individuen in freier Wildbahn gibt. Dank intensiver Schutzbemühungen, scheint ihre Anzahl in den letzten Jahren wieder etwas angestiegen zu sein.
Das Indische Panzernashorn im Steckbrief
Verwandtschaft | Ordnung der Unpaarhufer, Familie der Nashörner |
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Größe | Kopf-Rumpf-Länge: 335 – 346 cm, Schulterhöhe: 175 – 200 cm |
Gewicht | Männchen um die 2.000 kg, Weibchen etwas leichter |
Besonderheiten | größte in Asien beheimatete Nashornart, hat nur ein Horn (engl. Greater One-horned Rhino) |
Soziale Organisation | Einzelgänger |
Fortpflanzung | Tragzeit von etwa 16 Monaten; Paarung während des gesamten Jahres |
Jungtiere | immer nur ein Kalb |
Lebenserwartung | in der Wildnis vermutlich 30 – 45 Jahre |
Geografische Verbreitung | heute nur noch in wenigen Schutzgebieten in Indien und Nepal |
Lebensraum | weite Graslandschaften der Tiefenebenen des Himalaya in Nepal und Indien |
Ernährung | ernähren sich vor allem von Grasarten wie Saccharum spontaneum |
Bestandsgröße | mehr als 4.000 Individuen (Stand 2022) |
Gefährdungsstatus | auf Roter Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) als „gefährdet“ geführt |
Wo werden Indische Panzernashörner in der zoologischen Systematik eingeordnet?
Von Ordnungen, Familien und Arten
Das Indische Panzernashorn gehört zur Ordnung der Unpaarhufer (Perissodactyla) zu welcher auch Pferde oder Tapire zählen und zur Familie der Nashörner (Rhinocerotidae). Neben dem Sumatra-Nashorn und dem Java-Nashorn, ist es eines der drei Nashornarten, die heute noch in Asien vorkommen, sowie die letzte Nashornart die noch auf dem Indischen Subkontinent zu finden ist.
Wie sehen Indische Panzernashörner aus?
Merkmale, Eigenschaften und Besonderheiten
Äußerlich ähneln Indische Panzernashörner den ebenfalls in Asien beheimateten Java-Nashörnern, allerdings werden sie deutlich größer. Die Männchen können ein Gewicht um die 2.000 Kilogramm erreichen, die Weibchen werden etwas leichter. Die Kopfrumpflänge beträgt zwischen 335 und 346 Zentimetern, an der Schulter erreichen sie eine Höhe zwischen 175 und 200 Zentimetern. Sie sind damit die größte in Asien beheimatete Nashornart.
Das auffälligste Merkmal, das gleichzeitig namensgebend für die Tiere ist, sind die dicken Hautfalten welche sich über den Körper ziehen und den Nashörnern eine gepanzerte Erscheinung verleihen. Die Haut ist meist grau und besitzt eine raue, fast mosaikartige Oberfläche, die am Rumpf gut zu erkennen ist. Der Körper ist weitestgehend unbehaart. Von den Wimpern abgesehen, wachsen die Haare nur an den Rändern der Ohrmuschel, sowie an der Schwanzspitze.
Indische Panzernashörner verfügen über nur ein Horn, das im Durchschnitt 25 Zentimeter lang wird. Die Hörner der Weibchen sind meist länger, aber dünner als die der Männchen. Eine weitere Besonderheit sind die stark ausgebildeten unteren Schneidezähne, die bei den Männchen zwischen fünf und neun Zentimeter lang werden können und häufig bei Revierkämpfen zwischen den Bullen zum Einsatz kommen. Genaue Zahlen zum Maximalalter in der Wildnis sind nicht bekannt, man geht daher davon aus, dass Indische Panzernashörner ein Alter von 30 bis 45 Jahren erreichen können.
Wie leben Indische Panzernashörner?
Die soziale Organisation, Aktivität und Kommunikation
Indische Panzernashörner gelten als einzelgängerisch. Von Weibchen in Begleitung ihrer aktuellen Kälber einmal abgesehen, kommen die Nashörner nur zur Paarung zusammen. Die Bullen etablieren eine Hierarchie in welcher sich die dominanten Männchen den Zugriff zu mehreren Weibchen sichern. In der Zeit in der ein Weibchen paarungsbereit ist, reagieren die dominanten Männchen besonders aggressiv auf Eindringlinge und vertreiben diese aus ihrem Gebiet. Beim Kampf zwischen zwei Bullen scheinen die Hörner zweitrangig zu sein, stattdessen versuchen sie sich mittels ihrer langen, unteren Schneidezähne gegenseitig zu verletzen.
Obwohl sie als große Herbivoren auf ausreichend Nahrung angewiesen sind, scheinen Indische Panzernashörner nur sehr kleine Reviere zu etablieren. Die Territorien der Männchen sind durchschnittlich 4,3 Quadratkilometer groß, die der Weibchen sogar nur 3,5 Quadratkilometer. Der Großteil ihres Aktionsradius beschränkt sich auf die nähere Umgebung von Gewässern, die meisten Individuen entfernen sich nur selten mehr als zwei Kilometer von einer Wasserquelle. Besonders während der feucht-heißen Monsunzeit sind die Nashörner auf Wasserlöcher und Suhlen angewiesen um sich abzukühlen.
Indische Panzernashörner sind sowohl tag- als auch nachtaktiv. Die Weibchen verbringen von 24 Stunden ca. 47 bis 54 Prozent mit der Nahrungsaufnahme und ruhen sich den Großteil der übrigen Zeit in der Nähe von Wasserquellen aus. Die Bullen wiederum verbringen mehr Zeit damit ihre Territorien zu patrouillieren oder begehrte Weidegründe die manchmal von mehreren Weibchen genutzt werden, gegen andere Männchen zu verteidigen. Während der heißen Trockenzeit zwischen Februar und Juni verschiebt sich ihre Hauptaktivitätsphase in die kühleren Stunden nach Sonnenuntergang und kurz vor Sonnenaufgang.
Was ist über die Fortpflanzung von Indischen Panzernashörnern bekannt?
Von der Paarung über die Entwicklung der Jungen bis zum Erwachsenenalter
Typisch für Arten die in tropischen oder subtropischen Regionen vorkommen, ist auch bei Indischen Panzernashörnern die Paarung und die Geburt des Nachwuchses nicht auf eine bestimmte Saison beschränkt, sondern kann über den Zeitraum des gesamten Jahres erfolgen.
Insgesamt ist nur relativ wenig über die Fortpflanzung der Indischen Panzernashörner bekannt. Die Weibchen erreichen die Geschlechtsreife vermutlich in einem Alter zwischen fünf und sieben Jahren, die Männchen zwischen acht und zehn Jahren. Mittels Pheromonen im Urin signalisiert das Weibchen seine Paarungsbereitschaft. Nach einer Periode von ca. 16 Monaten wird immer nur ein Kalb geboren, welches für die Dauer von drei bis vier Jahren bei der Mutter bleibt. Während sich die weiblichen Nachkommen häufig in der Nähe ansiedeln, werden die jungen Männchen von dem dominanten Männchen innerhalb des Streifgebietes der Mutter vertrieben.
In Regionen in denen sich die Verbreitung der Nashörner mit denen von Tigern überlappt kann es vorkommen, dass Kälber von Tigern erlegt werden. Studien der Todesursachen der Indischen Panzernashörner im Chitwan Nationalpark in Nepal zeigten dabei, dass die Prädation durch Tiger im Zeitraum zwischen 2008 und 2018 deutlich gestiegen ist, vermutlich weil auch die Anzahl der Tiger innerhalb des Parks im selben Zeitraum zugenommen hat.
Wo leben Indische Panzernashörner?
Ihr Verbreitungsgebiet früher und heute
Die ursprüngliche Verbreitung des Indischen Panzernashorns erstreckte sich von Pakistan beginnend, entlang des nördlichen Randes des Indischen Subkontinents, über Indien, Nepal, Bangladesch bis nach Bhutan. Mit Stand 2022 ist es dagegen nur noch in sieben Schutzgebieten in Indien, sowie in vier Schutzgebieten in Nepal zu finden. Der Großteil der Individuen findet sich in zwei Schutzgebieten, Kaziranga in Indien und Chitwan in Nepal, wieder die zusammen 80 Prozent der Gesamtpopulation bilden. Deswegen gibt es Initiativen, um weitere Gebiete zu identifizieren, die im Rahmen von Umsiedlungen oder Wanderkorridore für die Populationsentwicklung bereitgestellt werden sollen.
In welchem Lebensraum kommen Indische Panzernashörner vor?
Der Lebensraum der Indischen Panzernashörner beschränkt sich heute fast ausschließlich auf die weiten Graslandschaften der Tiefebenen in Indien und Nepal. Diese zeichnen sich aus durch feuchte Auenlandschaften, bestehend aus Flüssen, halboffenen Wäldern und dichten, teils meterhohen Gräsern. Während des Monsuns zwischen Juni und September mit seinen andauernden Regenfällen kann es zu großflächigen Überschwemmungen in den Tiefebenen kommen. In dieser Zeit ziehen sich die Nashörner teilweise in die höher gelegenen Monsunwälder zurück, welche zu großen Teilen aus Salbäumen (Shorea robusta) bestehen.
Wie ernähren sich Indische Panzernashörner?
Alles über ihre Nahrung und Ernährungsweise
Ihre Ernährung besteht zu großen Teilen aus Gras, insbesondere Saccharum spontaneum, auch „Wildes Zuckerrohr“ genannt, welches innerhalb ihrer aktuellen Verbreitungsgebiete besonders viel wächst. Daneben ernähren sie sich aber auch von Früchten, Blättern, Samen, sowie den jungen Trieben von Büschen und Bäumen. Eine Studie zur Ernährung der Indischen Panzernashörner zeigte, dass sie mehr als 23 verschiedene Arten von Kräutern und Gehölzen zu sich nehmen. Sie spielen daher eine wichtige Rolle in der Verbreitung von Gehölzen innerhalb ihres Habitats.
Wie viele Indische Panzernashörner gibt es?
Ihr Bestand in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Heute gibt es etwas mehr als 4.000 Individuen in freier Wildbahn (Stand 2022). Während ihr Bestand Anfang des 17. Jahrhunderts in Pakistan und im nördlichen Indien noch als „häufig“ beschrieben wurde, nahm ihre Anzahl danach so rapide ab, dass sie zum Beginn des 20. Jahrhunderts mit nur 200 Individuen bereits kurz vor dem Aussterben standen.
Sind Indische Panzernashörner vom Aussterben bedroht?
Ihr Gefährdungs- und Schutzstatus
Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) werden sie heute als „gefährdet“ geführt. Seit 1975 wird das Indische Panzernashorn bereits auf Anhang I des Washingtoner Artenschutzübereinkommens CITES geführt, welches somit sämtlichen kommerziellen Handel mit Individuen, sowie ihren Körperteilen oder aus Nashörnern gefertigten Produkten verbietet.
Die Bedrohungsfaktoren
Eine Kombination aus Habitatverlust und intensiver Bejagung führte dazu, dass das Indische Panzernashorn in der Vergangenheit beinahe ausgestorben wäre. Die Transformation von Auen, Schwemmland und Graslandschaften zugunsten von landwirtschaftlichen Flächen führte zu einem rapiden Rückgang ihrer Lebensräume entlang ihres gesamten Verbreitungsgebiets. Ihre heutige Verbreitung begrenzt sich auf wenige Schutzgebiete in Indien und Nepal, in einer ansonsten von Siedlungen und landwirtschaftlichen Flächen dominierten Landschaft. Es kommt daher immer wieder vor, dass Nashörner die Grenzen der Schutzgebiete verlassen um auf den umliegenden Feldern nach Nahrung zu suchen, wodurch es zu Ernteschäden oder zur Konfrontation zwischen Mensch und Nashorn kommen kann.
Die Erschließung vormaliger Nashornhabitate führte aber nicht nur zu einem Rückgang ihrer Rückzugsorte, sondern erleichterte Jägern und Wilderern zugleich den Zutritt zu selbigen. Besonders die damals noch legale Sportjagd setzte den Indischen Panzernashörnern zwischen 1800 und 1900 zusätzlich zu. Nach ihrer Unterschutzstellung war es wiederum die illegale Wilderei, welche die übrigen Populationen bedrohte. Wie die anderen vier Nashornarten, werden auch Indische Panzernashörner für ihr Horn gejagt, da diesem in der traditionellen asiatischen Medizin fälschlicherweise heilende Wirkungen nachgesagt werden. Allein zwischen 1984 und 2004 wurden in zwei Nationalparks in Assam im Norden Indiens 371 Indische Panzernashörner gewildert. Dank intensiver Schutzmaßnahmen und Aufklärungsarbeit sind die Fälle von Wilderei heute rückläufig. Die weiterhin jedoch große Nachfrage und die hohen Preise, die für das Horn auf dem Schwarzmarkt erzielt werden können, sorgen allerdings dafür, dass die Wilderei weiterhin eine präsente Bedrohung für das Überleben der Indischen Panzernashörner darstellt.
Neben dem Habitatverlust und der illegalen Nachstellung, nimmt auch die Qualität ihrer noch bestehenden Lebensräume teilweise ab. Besonders die rapide Ausbreitung der als invasiv geltenden Pflanzenart Mikania micrantha gilt aktuell als ein Problem. Diese Art, breitet sich mit ihrem rasanten Wachstum von bis zu neun Zentimetern pro Tag kontinuierlich im Lebensraum der Nashörner aus, wie etwa im Chitwan Nationalpark in Nepal. Als Kletterpflanze überwuchert sie Gräser und Bäume und nimmt so wichtigen Futterpflanzen der Nashörner das Sonnenlicht. Darüber hinaus ist sie in der Lage durch chemische Stoffe das Wachstum anderer Pflanzen in ihrer Umgebung zu hemmen. Auf lange Sicht wird es für die Nashörner immer schwieriger ausreichend Nahrung zu finden. Dieser Effekt wird noch einmal dadurch verstärkt, dass die Nashörner in manchen Schutzgebieten mit Nutztieren aus den umliegenden Dörfern um Nahrung konkurrieren.
Nicht zuletzt beschränkt sich die aktuelle Ausbreitung der Indischen Panzernashörner auf wenige, voneinander isolierte Schutzgebiete. In manchen Regionen, wie dem Jadalpara Nationalpark oder dem Gorumara Nationalpark, geht man davon aus, dass die dort ansässigen Populationen der Nashörner durch langsam die Kapazitätsgrenze der Schutzgebiete erreicht haben. Das bedeutet, dass es vermutlich nicht mehr genügend Ressourcen oder Raum gibt, um eine Vielzahl weiterer Individuen zu versorgen. Die urban dominierte Umgebung rund um die Schutzgebiete erschwert oder verhindert den Nashörnern jedoch die Abwanderung in andere Gebiete. 81 Prozent der gesamten Population der Nashörner in Indien lebt im Kaziranga Nationalpark. Von der nepalischen Population befinden sich gar 93 Prozent in einem einzigen Park, dem Chitwan Nationalpark. Das birgt allerdings auch das Risiko, dass extreme Wettereignisse wie Dürren oder Überschwemmungen oder die Ausbreitung von Krankheiten in einem dieser Gebiete mit einem Mal einen Großteil der heute lebenden Panzernashörner treffen könnten.
Trotz dieser Bedrohungen sind die Bestände der Indischen Panzernashörner besonders in Indien in jüngster Vergangenheit weiter gestiegen. Um diesen Trend zu unterstützen und ihr Überleben auch langfristig zu sichern, ist es nötig ihre Lebensräume zu schützen, zu erweitern, neue zu erschließen, indem man die Nashörner in geeignete Gebiete transferiert und Wanderkorridore durch entsprechende Planung mit Gemeinden und Politik zu ermöglichen.
Weitere Informationen zu Nashörnern
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Tierporträts im WWF-Artenlexikon
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