Zu Beginn des 21. Jahrhunderts galt der Iberische Luchs noch als die weltweit am stärksten gefährdete Art aus der Familie der Katzen. Dank intensiver Schutzbemühungen, Wiederansiedlungsprogrammen und nicht zuletzt der aktiven Förderung der Wildkaninchenbestände streifen heute wieder 1.668 Individuen durch Teile der strukturreichen, halboffenen Buschlandschaften Spaniens und Portugals. Menschliche Einwirkungen auf ihre Lebensräume wie die Zerschneidung durch Straßen oder die Nutzung von Luchshabitat als landwirtschaftliche Flächen sowie immer noch stark dezimierte Bestände ihrer Hauptbeute stellen allerdings weiterhin eine existenzielle Bedrohung für ihr langfristiges Überleben dar.
Der Iberische Luchs im Steckbrief
Verwandtschaft | Ordnung der Raubtiere, Familie der Katzen |
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Größe | Kopf-Rumpf-Länge: 68 – 82 cm |
Gewicht | 7 – 14 kg |
Besonderheiten | Luchsart mit den am stärksten gepunkteten Fell und besonders langem Backenbart |
Soziale Organisation | Einzelgänger |
Fortpflanzung | vermutlich zwischen Januar und Februar |
Jungtiere | 1 – 4 Jungtiere pro Wurf |
Lebenserwartung | in freier Wildbahn ca. 8 – 10 Jahre |
Geografische Verbreitung | Iberische Halbinsel |
Lebensraum | strukturreiche, halboffene Wälder und Buschlandschaften |
Ernährung | fast ausschließlich Wildkaninchen (ca. 93 Prozent) |
Bestandsgröße | Expert:innen gehen von mehr als 2.000 Individuen (ausgewachsene Tiere und Jungtiere) aus (Stand 2023) |
Gefährdungsstatus | IUCN: "gefährdet" (Stand 2024) |
Wo werden Iberische Luchse in der zoologischen Systematik eingeordnet?
Von Ordnungen, Familien und Arten
Der Iberische Luchs (Lynx pardinus) ist ein Raubtier (Carnivora) aus der Familie der Katzen (Felidae) und wird auch Pardelluchs genannt. Früher wurde angenommen, dass er eine Unterart des Eurasischen Luchses ist. Nach genaueren genetischen Untersuchungen wurde er aber als eigene Art anerkannt. Insgesamt vier Luchsarten gibt es weltweit: Kanadischer Luchs (Kanada und Alaska), Rotluchs (USA und Mexiko), Iberischer Luchs (Spanien und Portugal) und Eurasischer Luchs.
Wie sehen Iberische Luchse aus?
Merkmale, Eigenschaften und Besonderheiten
Iberische Luchse sind wesentlich kleiner als die in Deutschland heimischen Eurasischen Luchse. Sie erreichen eine Kopfrumpflänge von 68 bis 82 Zentimeter, der Schwanz ist 16 bis 22 Zentimeter lang. Iberische Luchse wiegen zwischen sieben und 14 Kilogramm. Damit sind sie etwa halb so groß wie der Eurasische Luchs und eher mit dem Rotluchs und dem Kanadischen Luchs vergleichbar. Die Männchen des Pardelluchses sind etwa 25 Prozent größer als die Weibchen.
Iberische Luchse sind langbeinige Katzen mit kurzem Schwanz und kurzem Körper. Sie haben einen relativ kleinen Kopf, der bei beiden Geschlechtern von einem ausgeprägten Backenbart umrahmt wird. Wie der Eurasische Luchs hat auch der Pardelluchs an den Ohrspitzen die charakteristischen Haarbüschel (Pinsel). Das Fell des Iberischen Luchses ist gelblich-rot oder gelbbraun mit dunklen Flecken. Der Iberische Luchs ist die am stärksten gefleckte Luchsart, sein Fell ist weniger dicht als das des Eurasischen Luchses.
Wie leben Iberische Luchse?
Die soziale Organisation, Aktivität und Kommunikation
Iberische Luchse sind Einzelgänger und hauptsächlich nachts aktiv mit vielen individuellen und saisonalen Unterschieden. Untersuchungen im Nationalpark Coto de Doñana zeigten, dass die Tiere im Sommer hauptsächlich nachtaktiv sind mit Aktivitätsspitzen um Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Im Winter sind die Tiere häufiger tagsüber unterwegs. Im Allgemeinen passen die Iberischen Luchse ihre Aktivität an die ihrer Hauptbeute, dem Wildkaninchen, an.
Was ist über die Fortpflanzung von Iberischen Luchsen bekannt?
Von der Paarung über die Entwicklung der Jungen bis zum Erwachsenenalter
Über das Paarungsverhalten der Iberischen Luchse gibt es erstaunlich wenig Informationen. Man geht davon aus, dass die Paarung im Januar und Februar beginnt und die Jungtiere nach einer Tragzeit von 63 bis 73 Tagen im März oder April geboren werden. Die Wurfgröße variiert zwischen einem und vier Jungtieren, am häufigsten sind es jedoch zwei.
Weibchen mit Jungtieren beschränken ihre Bewegungen auf ein kleines Gebiet rund um den Bau bis der Nachwuchs ungefähr zwei Monate alt ist. Die Jungtiere bleiben in ihrem Geburtsgebiet, bis sie im Alter von etwa 20 Monaten abwandern. Iberische Luchse werden in der Wildnis zwischen acht und zehn Jahren alt, in menschlicher Obhut können sie dagegen ein Alter von bis zu 15 Jahren erreichen.
Wo leben Iberische Luchse?
Ihr Verbreitungsgebiet früher und heute
Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet der Iberischen Luchse erstreckte sich von Portugal aus über die iberische Halbinsel bis in den Süden Frankreichs. Galten sie im 19. Jahrhundert noch als weit verbreitet, gab es zu Beginn der 2000er nur noch zwei bekannte Luchspopulationen im südlichen Spanien. Dank intensiver Schutzmaßnahmen sind sie heute wieder in einigen, voneinander getrennten Gebieten in Spanien und Portugal zu finden.
In welchem Lebensraum kommen Iberische Luchse vor?
Anders als ihre Verwandten in Nordeuropa sind die Luchse in Spanien keine typischen Waldbewohner. Sie brauchen eine abwechslungsreiche Landschaft mit einem strukturreichen Mosaik aus Buschland und lichten Waldflächen. Im Nationalpark Coto de Doñana im Südwesten Spaniens bevorzugen die Luchse durchweg mediterranes Buschland gegenüber allen anderen Lebensraumtypen. Sie nutzen auch Eschenbestände oder Olivenhaine mit ausreichend Unterwuchs, meiden aber reine Kiefern- und Eukalyptusplantagen, da diese aufgrund der mangelnden Bodenvegetation nur wenig Deckung bieten und auch von ihrem Hauptbeutetier, dem Wildkaninchen kaum genutzt werden. Da die Wildkaninchen den Großteil ihrer Ernährung ausmachen, gilt ihr Vorkommen auch als eine der Hauptvoraussetzungen, welche die Iberischen Luchse an ihren Lebensraum stellen.
Wie ernähren sich Iberische Luchse?
Alles über ihre Nahrung und Ernährungsweise
Iberische Luchse sind ausgesprochene Nahrungsspezialisten: Wildkaninchen machen zwischen 75 und 93 Prozent ihrer Beute aus. Ansonsten jagen Pardelluchse auch Mäuse, Schlangen, Eidechsen und Vögel wie Enten, Gänse oder Wildhühner. Auch Kitze von Dam- und Rotwild machen im Herbst und Winter einen kleinen Teil der Nahrung der Pardelluchse aus. Kaninchen werden mit einem Biss in die Schädelbasis getötet, Rehe mit einem Biss in die Kehle. Die getöteten Rehe werden in die dichte Deckung geschleppt, wo sie mehrere Tage lang Nahrung für einen einzelnen Luchs bieten. Wie viele andere Katzen versuchen auch sie, die getöteten Tiere zu verstecken, indem sie Blätter, Erde und andere Abfälle über die Überreste des Kadavers scharren.
Wie viele Iberische Luchse gibt es?
Ihr Bestand in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Einst waren Iberische Luchse wahrscheinlich über die gesamte Iberische Halbinsel verbreitet. Zwischen 1960 und 1978 schrumpfte der Lebensraum der Iberischen Luchse um etwa 80 Prozent. Landwirtschaftsprogramme und die großflächige Umwandlung einheimischer Wälder in Kiefern- und Eukalyptusplantagen in Spanien und Portugal sowie Myxomatose und RHD-Epidemien unter den Kaninchenpopulationen ließen die Population extrem zurückgehen. Im Jahr 2002 gab es vermutlich nur noch um die 94 Individuen in zwei Populationen in Spanien. Aufgrund von intensiven Schutzmaßnahmen, wie der Förderung der Wildkaninchenpopulationen und aktiven Wiederansiedlungsprogrammen, stieg ihre Anzahl wieder. Expert:innen vermuten, dass es heute wieder mehr als 2.000 Individuen (Stand 2023) gibt.
Sind Iberische Luchse vom Aussterben bedroht?
Ihr Gefährdungs- und Schutzstatus
Infolgedessen stufte die IUCN den Status der Iberischen Luchse auf der Roten Liste im Jahr 2024 von „stark gefährdet“ auf „gefährdet“ herunter. Iberische Luchse sind nach EU-Recht geschützt und werden auf Anhang I des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES) geführt, womit der kommerzielle, internationale Handel mit ihnen verboten ist.
Die Bedrohungsfaktoren
Der Verlust ihrer natürlichen Lebensräume, ihre intensive Bejagung und Populationseinbrüche beim Vorkommen ihrer Hauptbeutetiere führten in der Vergangenheit zu einem rapiden Rückgang der Luchsbestände entlang ihres gesamten Verbreitungsgebietes.
Während die iberischen Luchse zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch zahlreich über die iberische Halbinsel verbreitet waren, führte unter anderem ihre intensive Bejagung im 20. Jahrhundert dazu, dass sie Anfang 2000 fast ausgestorben waren. Die Luchse wurden sowohl zu Trophäenzwecken als auch für ihr Fell und teilweise für ihr Fleisch gejagt. Zugleich galten sie aber auch als Konkurrenz bei der Jagd auf andere Arten.
Nach ihrer Unterschutzstellung im Jahr 1975 und dem damit einhergehenden Jagdverbot, ist es seither die Wilderei, welcher immer wieder Iberische Luchse zum Opfer fallen. Allein im Zeitraum zwischen 2000 und 2021 wurden 233 Fälle dokumentiert, in denen Iberische Luchse illegal gewildert wurden.
Neben der intensiven Jagd machte den Luchsbeständen besonders der Verlust ihrer Lebensräume zu schaffen. Iberische Luchse gelten eher als Habitatspezialisten und benötigen zum Überleben ein strukturreiches Mosaik aus deckungsreichen, halboffenen Wäldern und Buschlandschaften. Die Ausweitung und Intensivierung der Landwirtschaft und insbesondere die Transformation der Landschaft hin zu Monokulturplantagen mit Eukalyptus, Pinien oder Oliven führte jedoch zu einem rapiden Rückgang solcher Lebensräume. Allein in den Jahren zwischen 1960 und 1978 nahm der verfügbare Luchshabitat um ungefähr 80% ab. Viele Luchse kommen zudem im Straßenverkehr um, da ihre aktuellen Verbreitungsgebiete von zahlreichen Straßen zerschnitten werden.
Der Verlust ihrer Lebensräume trifft allerdings nicht nur die Iberischen Luchse, sondern hat ebenfalls Auswirkungen auf das Vorkommen ihrer Hauptbeute, den Wildkaninchen. Diese präferieren wie die Luchse halboffene Buschlandschaften und kommen hingegen in Pinien-Monokulturen so gut wie gar nicht vor. Da sich die Iberischen Luchse zu bis zu 93 Porzent nur von Wildkaninchen ernähren, wirken sich Schwankungen in deren Beständen zwangsweise auch auf die Bestände der Luchse aus. Der Verlust ihrer Lebensräume, sowie Epidemien mit Myxomatose und RHD (Rabbit Haemorrhagic Disease) sorgten in der Vergangenheit dafür, dass die Wildkaninchenpopulationen in Spanien und Portugal extrem einbrachen. Auf der Roten Liste der IUCN werden die Wildkaninchen heute selbst als „stark gefährdet“ eingestuft“ (Stand 2019). In der Folge fehlte den Iberischen Luchsen vielerorts die Nahrungsgrundlage. Die Wildkaninchen spielen in vielen Ökosystemen der Iberischen Halbinsel eine wichtige Rolle. Durch ihre Ernährung tragen sie nicht nur zur Verbreitung zahlreicher Pflanzen bei, sondern bilden selbst die Nahrungsgrundlage für eine Vielzahl von Prädatoren, neben den Iberischen Luchsen zum Beispiel auch für den ebenfalls bedrohten Iberienadler.
Gleichzeitig werden die Kaninchen aber auch vom Menschen intensiv bejagt. Dieser Prädationsdruck führt dazu, dass sich die Bestände der Wildkaninchen in manchen Gegenden Spaniens und Portugals nach den Einbrüchen in der Vergangenheit bis heute nicht vollständig erholen konnten. Neben der Wiederansiedlung der Luchse gilt die aktive Förderung der Wildkaninchenbestände daher als ein entscheidender Faktor, bei der erfolgreichen Wiederherstellung der Iberischen Luchspopulationen. Zum Teil wurden hierfür eigens für die Wildkaninchen künstliche Bauten angelegt, oder Wildkaninchen in geeigneten Lebensräumen freigelassen.
Auch wenn die Anzahl der Luchse im Vergleich zum Jahr 2000 wieder deutlich angestiegen ist, gilt es weiterhin sowohl ihre Bestände als auch die der Wildkaninchen zu unterstützen, sowie ihren einzigartigen Lebensraum auf der Iberischen Halbinsel zu schützen, damit die Iberischen Luchse auch langfristig überleben können.
Weitere Informationen zu Luchsen
- Luchse – die Pinselohren kehren zurück
Tierporträts im WWF-Artenlexikon
- Eurasischer Luchs
- Katzen (allgemein)
- Wolf