In den Regenwäldern Amazoniens klaffen riesige, erdbraune Löcher. Ackerland und Bergbau zerschneiden das einst dichte, zusammenhängende Grün zu immer kleiner werdenden Inseln. Einer der wichtigsten Lebensräume der Erde schwindet rasant und Chemikalien vergiften seine Flüsse. Nirgendwo sterben so viele Arten in so kurzer Zeit wie aktuell im Amazonas. Darunter auch Tiere und Pflanzen, die es nur hier gibt – oder die hier ihre letzte Zuflucht finden wie die bedrohten Jaguare. Nicht einmal vor Schutzgebieten und Indigenen Territorien macht die Entwaldung halt.
Die Anakonda ist eine der größten und schwersten Schlangen der Welt. In den Regenwäldern des Amazonasbeckens gilt sie als Hüterin und Mutter des Wassers. Der Fluss Amazonas bilde ihre Bewegungen ab, heißt es. Einst soll die Anakonda sich hier entlang geschlängelt und die Flussufer bevölkert haben. Entlang des mächtigen Stromes gründete sie Dörfer und hinterließ überall Leben.
Geheimnisvoller Amazonas
Die Anakonda als Ursprung allen Lebens. Flussdelfine, die sich in gefährlich verführerische, weiß gekleidete Männer verwandeln. Oder kindliche Wesen im Faultierpelz und mit langen Faultier-Klauen, die sich sowohl um Wald und Tiere, als auch um das Wohl von Jägern und Fischern kümmern: Amazonien ist voll dieser Mythen und Legenden. Seit Jahrtausenden bewohnen die indigenen Völker hier eine Welt, die lebendiger kaum sein könnte. Etwa zehn Prozent aller Arten unseres Planeten leben im Amazonasbecken und noch immer wird durchschnittlich jeden dritten Tag eine neue Art entdeckt. Doch vor den jährlich weiter um sich greifenden Feuern durch Brandrodung ist nichts und niemand mehr sicher.
Artensterben im Akkord
„Ufer der Welt“ in Gefahr
Das Gebiet, in dem die Welt beginnt und endet, liegt laut dem Glauben einiger indigener Völker im Herzen des kolumbianischen Amazonas. Felsige Plateaus, die aus feuchten Wäldern ragen, prägen hier eine einzigartige und noch weitgehend unerforschte Natur. Das Schutzgebiet Serranía de Chiribiquete ist der größte tropische Nationalpark der Erde und liegt ausgesprochen abgelegen. Doch selbst hier haben Abholzung und Brandrodung extrem zugenommen. Selbst hier wird auf Land spekuliert, werden illegal Hölzer geschlagen und Ackerflächen ausgeweitet. Selbst hier verlieren bedrohte Arten wie der Flachlandtapir, der Riesen-Ameisenbär, der Ara – einer der größten Papageien unserer Erde – und der Jaguar immer schneller ihr Zuhause.
„Um die Artenvielfalt im Amazonas zu retten, müssen wir an sehr vielen Schrauben drehen. Und das muss schnell geschehen.“
Amazonas: Letzte Chance für den Jaguar
Jaguare gelten in der indigenen Kultur Südamerikas oft als Heiligtum und viele Gottheiten des Amazonasgebietes werden in Form der Raubkatze dargestellt. Doch wenn sich nicht schnell etwas ändert, wird es die Jaguare bald nur noch in der Mythologie geben. Von den letzten 34 Jaguar-Populationen der Erde lebt die für das Überleben der Großkatze wichtigste im Amazonas. „Wenn wir den Jaguar hier nicht retten, wird er aussterben“, so Dirk Embert, Südamerika-Referent beim WWF Deutschland. Aber Jaguare brauchen viel Platz und die Amazonas-Regenwälder schrumpfen beständig – was auch bedeutet, dass die Raubkatzen den Menschen immer näherkommen und in Folge oft erschossen werden.
Was jetzt noch hilft
Fast 65.000 Fotos aus Kamerafallen haben indigene Gemeinden im Grenzgebiet von Kolumbien, Ecuador und Peru gemeinsam mit dem WWF in über 10.000 Arbeitsstunden ausgewertet, um der Rettung der Jaguare auf die Spur zu kommen. Eines der Ergebnisse: Schutzgebiete und Indigene Territorien sind – obwohl selbst bedroht – ausschlaggebend für den Erhalt der Art und dienen vielen weiteren Wirbeltieren als letzte Festung vor der Brandrodung. Der Waldverlust innerhalb dieser Gebiete ist immer noch um ein Vielfaches geringer als außerhalb.
„Die Erde sagt uns, dass wir keine Zeit mehr haben!“
Txai Suruí ist Indigene vom Volk der Paiter Suruí, Häuptlingstochter, Jurastudentin und Umweltaktivistin. „Wir Indigene stehen im Kampf gegen den Klimawandel an vorderster Front“, sagt sie. „Die Tiere verschwinden, Flüsse sterben und unsere Pflanzen blühen nicht mehr wie früher.“ Txai Surui ist seit diesem Jahr offizielles Mitglied des Beratungsgremiums (conselho deliberativo) des WWF Brasilien.
Rosa Delfine und giftige Flüsse
In fünf verschiedenen Amazonas-Staaten, darunter auch Brasilien und Bolivien, zeigen andere WWF-Umweltstudien: Die Brände und großen Verluste der Wälder sind längst nicht die einzige Gefahr. Flüsse, ihre Lebewesen und Indigene an ihren Ufern sind vergiftet mit Quecksilber, einem Abfallprodukt des Goldabbaus. Darunter eine der ikonischsten Arten Amazoniens, der Rosa Fluss-Delfin. Die auch Boto genannten Delfine gelten als Indikator für die Gesundheit der Süßwasser-Lebensräume insgesamt im Amazonas und zeigen – abgesehen von der Vergiftung – wie sehr auch weitere Verschmutzung, Ausbaggerungen, Staudämme, die Fischerei und die Klimakrise die Flüsse als Lebensadern gefährden.
Die vielen Baustellen im Amazonas
Indigene Territorien können Arten und Natur wirksam schützen, sind aber auch hoch gefährdet durch den immer größer werdenden Druck von außen. Der WWF unterstützt die indigene Bevölkerung Amazoniens bei der Verteidigung ihrer Rechte und Territorien. Der WWF bekämpft die Vergiftung und Zerstörung der Flüsse und den Ausverkauf des Amazonas-Regenwaldes auf allen Ebenen. Dabei arbeitet der WWF auch politisch, verbessert die Strafverfolgung, beobachtet bedrohte Tierbestände, kümmert sich um Schutzgebiete und Wildtierkorridore und verhindert Wilderei und illegalen Holzeinschlag vor Ort. Noch erstreckt sich in Amazonien trotz aller Zerstörung der größte zusammenhängende Tropenwald der Erde. Gemeinsam mit den Menschen, die hier leben, findet der WWF Lösungen, damit es so bleibt.
Helfen Sie dem WWF, den Amazonas zu erhalten, damit seine wertvollen Arten nicht für immer zur Legende werden!
- Indigenes Land, bedrohtes Land: Kampf um den Amazonas
- Das giftige Gold des Amazonas