Und nicht nur sie: Heute sind schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen am Flusssystem gesundheitlich betroffen. Für Dorfgemeinschaften und indigene Völker wird die Vergiftung mit Quecksilber zu einem gesundheitlichen Problem, dessen Tragweite noch kaum abzusehen ist. Eine Studie des WWF belegt zudem extrem hohe Konzentrationen des gefährlichen Metalls im Blut von Flussdelfinen – ein höchst alarmierendes Zeichen für den Zustand des Amazonas.
Mühevoll waschen die Männer schwere Matten voll Kies und Schlamm aus, in der Hoffnung, dass ihnen etwas Verheißungsvolles entgegenblitzt: Goldstaub. Der illegale Abbau des Edelmetalls ist für viele Bewohner des Amazonasgebietes der einzige Weg, ihr Überleben zu sichern. Reich werden sie dabei nicht – durch die Verwendung giftiger Chemikalien oft jedoch schwer krank.
Das giftige Geschäft mit dem Gold – ein toxischer Kreislauf
Grund für die hohen Einträge ist vor allem ein chemischer Prozess bei der Goldgewinnung: Das sogenannte „Amalgamationsverfahren“. Schürfer und Bergbauarbeiter mischen Quecksilber in den Gesteinsschlamm, um das Gold herauszulösen und zu binden. Große Mengen der hochtoxischen Substanz landen dabei in Luft, Boden und Wasser – und somit direkt im Nahrungskreislauf.
Nicht nur Pflanzen und kleine Fische werden schleichend vom Quecksilber vergiftet, sondern auch die Lebewesen am Ende der Nahrungskette: Raubfische, Flussdelfine, Greif- oder Wasservögel und die Menschen, die sich von vergiftetem Fisch ernähren.
Betroffen sind insbesondere die Indigenen, deren Lebensgrundlage der Wald und die Gewässer des Amazonas bilden. Diese Naturvölker leben häufig noch auf traditionelle Art und Weise – dem unsichtbaren Feind sind sie schutzlos ausgeliefert. Selbst ungeborene Kinder können bereits schwere Schäden von dem Nervengift davontragen.
Zahlreiche Probleme, ein Verursacher: Wir
Durch den weit verbreiteten illegalen Goldabbau gelangen große Mengen Quecksilber in die aquatischen Ökosysteme. Nach Pflanzen und kleinen Fischen werden auch die Flussdelfine, die sich am Ende der Nahrungskette befinden, schleichend vergiftet – schwere Schäden des Nervensystems und der inneren Organe sind die traurige Folge.
Auch der Bau dutzender Dämme und Wasserkraftwerke am Amazonas zählt zu den großen Bedrohungen. Delfin-Populationen werden dadurch getrennt und ihre Lebensräume zerstückelt.
Besonders erschütternd: Rabiate Jäger erschlagen Flussdelfine mit stumpfen Waffen, um ihre Kadaver als Köder für den Fischfang zu verwenden.
Flussdelfine als Indikatoren
Über Monate hinweg hat der WWF in fünf südamerikanischen Ländern 50 Flussdelfine kurzzeitig gefangen, 22 von ihnen mit GPS-Sendern ausgestattet und untersucht. Rund 26 Prozent der Tiere in Brasilien wiesen Quecksilberwerte auf, die über dem empfohlenen Niveau für Menschen liegen – ein äußerst kritischer Befund, der zugleich wichtige Hinweise auf den Zustand der Gewässer gibt.
Das macht der WWF gegen die Quecksilberkrise
Der WWF setzt sich dafür ein, dass die Amazonas-Staaten das „Minamata-Übereinkommen“, auch „Quecksilber-Konvention“ genannt, unterzeichnen bzw. anschließend ratifizieren und umsetzen. Dadurch kann die Einfuhr von Quecksilber unterbunden werden und andere, legale Maßnahmen kommen zum Einsatz.
Wir fordern Regierungen, Gemeinden und Kommunen auf, die illegal handelnden Bergleute beim Ausstieg aus dem Goldbergbau wirtschaftlich zu unterstützen und quecksilberfreie, umwelt- und gesundheitsverträgliche Techniken beim Abbau zu fördern. Auch Händler, Banken und Verbraucher müssen mehr Verantwortung übernehmen und ausschließlich nachhaltig gewonnenes Gold handeln und fördern dürfen.
- Flussdelfine im Amazonas
- Interview mit Marcelo Oliveira