El Niño lässt das Wetter verrücktspielen. Weltweit, aber vor allem in Südamerika, wo extreme Trockenheit sich im Amazonas nun noch verschärft. Das Wetterphänomen El Niño ist nicht neu. Alle paar Jahre sorgt es auf unserer Erde für Extremwetter. Doch inzwischen geht El Niño mit der Klimakrise eine gefährliche Verbindung ein. Wie entsteht das Phänomen und welche Auswirkungen hat es?
Was ist El Niño?
Bereits im Sommer 2023 hatte die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) mitgeteilt, dass sich im Pazifikraum erstmals seit 2016 wieder El Niño Bedingungen zusammenbrauen. Spätestens seit September 2023 befinden wir uns spürbar in einem El-Niño-Jahr, das mindestens bis März 2024 andauern und in einigen Regionen der Erde womöglich noch lange nachwirken wird.
El Niño ist ein natürliches Wetterphänomen und tritt wiederkehrend im Abstand von etwa zwei bis sieben Jahren auf. Die Ursache sind schwächere Passatwinde über dem tropischen Pazifik. Warum sich die Winde abschwächen, weiß man nicht mit Sicherheit. In Folge erwärmt sich das Meer vor Südamerika und ändern sich Wettermuster weltweit. Die größten Auswirkungen spüren Südostasien, Australien, Afrika, Mittel- und Südamerika. In Europa machen sich die Folgen nur begrenzt bemerkbar.
Höhepunkt zu Weihnachten: Woher der Name El Niño kommt
Normalerweise findet El Niño seinen Höhepunkt um die Weihnachtszeit. Peruanische Fischer gaben dem Phänomen deshalb bereits vor mehreren hundert Jahren den spanischen Namen des Christkindes, El Niño de Navidad.
Sie bemerkten deutlich die negativen Effekte der fehlenden Passatwinde: Durch wärmeres Wasser in ihren Fanggebieten und sterbendes Plankton wanderten die Fischbestände ab. El Niño gibt es schon sehr lange. Wahrscheinlich haben bereits die Inka und andere alte Kulturen unter den Auswirkungen gelitten.
Hier zu nass und dort viel zu trocken: Die Folgen von El Niño
Durch die größere Verdunstung des warmen Meerwassers kommt es an der Pazifikküste Süd- und Mittelamerikas zu ungewöhnlich starken Regenfällen mit der Gefahr von Überschwemmungen und Erdrutschen. Auch in Ostafrika, Zentralasien und im Süden der USA sind große Regenmengen die Folge.
Gleichzeitig leiden Australien, Südostasien und die östlichen Teile Südamerikas unter extremer Trockenheit und Hitze. Im Amazonas trifft diese Trockenheit auf eine ohnehin bestehende Jahrhundertdürre, Rekordtemperaturen, viel zu niedrige Wasserstände und ausgetrocknete Feuchtgebiete.
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El Niño und die Klimakrise
Schon vor Einsetzen der Folgen El Niños musste der brasilianische Bundesstaat Amazonas im Herbst 2023 weiträumig den Notstand ausrufen. Knapp 40 Millionen Menschen fehlen Trinkwasser, Nahrung und durch trockene Flussbetten ihre oft einzigen Verkehrswege. Flussdelfine und andere Tiere verenden, Ernten bleiben aus und Wasserkraftwerke können nicht mehr genug Energie liefern.
„Die Klimakrise versetzt Natur und Menschen im Amazonas in eine denkbar schlechte Ausgangslage“, so Roberto Maldonado, Bereichsleiter Lateinamerika beim WWF Deutschland. „Nun verstärkt El Niño die Effekte der Klimakrise und umgekehrt!“
„El Niño verstärkt die Effekte der Klimakrise und umgekehrt!“
Roberto Maldonado, Bereichsleiter Lateinamerika beim WWF Deutschland
Wie die Natur unter der gefährlichen Verbindung leidet
Rissige Böden, wo früher eine Lagune und viel Wasser waren: Nicht nur Brasilien ist von ungewöhnlicher Hitze und Dürre schwer getroffen. „Auch Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien werden nach einer viel zu trockenen Regenzeit von einer Trockenzeit unter El-Niño-Bedingungen hart getroffen“, fürchtet Roberto Maldonado vom WWF.
Die Laguna Cuyabeno beispielsweise, einst ein riesiges Gewässer, ist ausgetrocknet. Die Lagune liegt im größten Ramsar-Schutzgebiet Ecuadors, einem wichtigen Feuchtgebiet im Nordosten des Landes. Die Region besticht normalerweise durch ihre überschwemmten Wälder und uferlosen Seen. Sie ist unter anderem Heimat für viele Manatis – die schweren und auffälligen Rundschwanzseekühe, die bis zu knapp drei Meter lang werden. Wie für die Manatis bedeutet der aktuelle El Niño für zahlreiche Arten eine große Gefahr. Denn Wasser ist Leben – im sonst so feuchten Amazonas einmal mehr als überall auf der Welt.
Hitzestress auch für Meere und Korallen
Auch die Meerestemperaturen – vor allem im Pazifik – lassen El Niño steigen. Dabei sind unsere Weltmeere durch die Klimakrise ohnehin spätestens seit 2023 deutlich wärmer als zuvor. Am weltbekannten Great Barrier Reef vor der Küste Australiens droht in Folge ein Massensterben der Korallen. Bis zu zwei Grad über dem Durchschnitt liegen die Oberflächentemperaturen des Meeres hier.
Unter Hitzestress stoßen Korallen farbige Algen von sich ab, die sogenannte Korallenbleiche setzt ein. Die Algen sind jedoch Nahrungsquelle. Ohne sie verhungern die Korallen und sterben ab. Ein Drama auch für viele weitere Arten, die in und von den Riffen leben.
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Was passiert bei El Niño genau?
Gewöhnlich treiben am Äquator Passatwinde aus Südosten das warme Oberflächenwasser des Pazifiks stetig Richtung Westen vor die Küsten Südostasiens. Vor Südamerika steigen dafür fortwährend kalte Strömungen aus der Meerestiefe nach oben und halten die Wassertemperatur niedrig.
Bei El Niño schwächen sich die Winde ab und das warme Wasser strömt in Richtung Südamerika zurück oder heizt sich vor Südamerika sogar noch auf. Dadurch kann kein kaltes Wasser von unten mehr nachkommen. Meer und Luft erwärmen sich, bilden ein Tiefdruckgebiet und verändern den großen Luftkreislauf über dem Äquator, was weitreichende Auswirkungen hat.
Für Südamerika bedeuten die Änderungen in der Atmosphäre in Kombination mit den fehlenden Passatwinden, dass sich die Feuchtigkeit aus dem Meer an den Andenhängen extrem abregnet. Auf der anderen Seite der Anden jedoch – und damit im Amazonasgebiet – bildet sich ein ungewöhnliches Hochdruckgebiet, das Trockenheit und Hitze bringt. Die Regenwolken schaffen es nicht mehr bis hierher.
La Niña: Das Gegenteil von El Niño
Das gegenteilige Wetterphänomen von El Niño ist La Niña. Während La Niña verstärken sich die Passatwinde und kühlen den Pazifik in Äquatornähe weiter ab. Dadurch ändert sich das Wetter entgegengesetzt.
Zwischen El Niño und La Niña liegen neutrale Phasen des Pazifiks. Im März 2023 ging eine dreifache La Niña Phase zu Ende. Die Befürchtung: La Niña könnte in den vergangenen Jahren die Auswirkungen der Klimakrise abgeschwächt haben, so dass diese nun umso härter zu spüren sind und durch El Niño zusätzlich verstärkt werden.
„Entwaldung und die Umwandlung von Natur verlängern die Trockenzeit im Amazonas alle zehn Jahre um etwa eine Woche.“
Roberto Maldonado, Bereichsleiter Lateinamerika beim WWF Deutschland
Was können wir tun?
El Niño ist ein natürliches Wetterphänomen, das wir nicht beeinflussen können. Wir können nur die Folgen mindern – und den Klimawandel wirksam aufhalten.
Schon jetzt leistet der WWF Nothilfe für Mensch und Tier im Amazonas und ist auf weitere Maßnahmen vorbereitet. Durch Schutzgebiete, politische Arbeit und unser Engagement für entwaldungsfreie Lieferketten arbeiten wir außerdem intensiv gegen weitere Abholzung.
„Entwaldung und die Umwandlung von Natur verlängern die Trockenzeit im Amazonas alle zehn Jahre um etwa eine Woche“, mahnt Roberto Maldonado vom WWF Deutschland. „Mehr Treibhausgase, weniger Regen – mehr Wetterextreme, ganz einfach!“ Die wichtigste Maßnahme gegen eine zunehmende Trockenheit und die Klimakrise ist deshalb der Erhalt der Wälder.