Balsabäume wachsen schnell und können schon nach wenigen Jahren geerntet werden. In den ausgedehnten Regenwäldern des ecuadorianischen Amazonasgebietes gehören sie zur natürlichen Pioniervegetation und wachsen dort, wo sie Platz finden. Das Land an der Westküste Südamerikas bietet mit seinem feucht-warmen Klima, fruchtbaren Böden und einer ganzjährig nahezu gleichbleibenden Sonneneinstrahlung ideale Bedingungen für die 30 bis 50 Meter hohen Laubbäume mit ihrer ausladenden Krone. Deshalb ist Ecuador heute der wichtigste Lieferant für Balsaholz in alle Welt.
Balsaholz ist extrem leicht, weich, elastisch und lässt sich einfach bearbeiten. Das macht es zu einem begehrten Rohstoff der Industrie. Das formbare Holz wird beispielsweise in den Rotorblättern von Windkraftanlagen verbaut. Es stammt hauptsächlich aus Ecuador, wo die aktuell enorme Nachfrage nach Balsaholz zum Problem für die indigene Bevölkerung wird.
Wo und wie wächst Balsaholz?
Der Wert, den Balsaholz im Moment hat, ist destruktiv. Es herrscht eine Goldgräberstimmung, die zu Übernutzung und sozialen Verwerfungen in den Gemeinden führt.
Balsaboom in Ecuador
Balsabäume sind nicht wählerisch. Als Pionierbaumart wie unsere Birke sind sie besonders anpassungsfähig, um neue Gebiete zu besiedeln. In kürzester Zeit greifen sie Raum von freien Flächen im Wald und bewachsen zum Beispiel Überschwemmungsinseln, die nach der Regenzeit brachliegen. Doch so schnell sie gekommen sind, so schnell sind die vielen Flecken Balsaholzes im ecuadorianischen Regenwald auch wieder gefällt. Denn die Weltmarktpreise für das Holz haben sich in den letzten Jahren fast verdoppelt. „Der Handel mit Balsaholz ist so lukrativ, dass man möglichst rasch möglichst viel aus dem Wald holt“, so Roberto Maldonado vom WWF. „Die Produzent:innen müssen dafür immer weiter in die Wälder hineinfahren. Denn an vielen Stellen gibt es gar kein Balsaholz mehr.“ Diese Vollentnahme ist umweltschädigend. Noch größer aber sind die sozialen Probleme, die der indigenen Bevölkerung Ecuadors durch den Balsaboom entstehen.
Living Amazon Report
Balsaholz-Plantagen im Regenwald
Mit dem Balsaholz lockt das schnelle Geld – und so mehrt sich inzwischen der Balsaholz-Anbau in den traditionellen Waldgärten der indigenen Bewohner:innen des Regenwaldes. Um nicht mehr nur auf wild wachsende Balsabäume angewiesen zu sein, ermuntern Zwischenhändler:innen die Indigenen der Region, Balsaholz anzupflanzen. Vor allem junge Männer nehmen die verführerischen Angebote gerne an. Doch damit gefährden sie die Ernährungssicherheit ihrer Familie, schaden der Gemeinschaft und schüren große soziale Konflikte.
Als Selbstversorger:innen sind die Indigenen auf Lebensmittel aus ihren Waldgärten, den sogenannten Chakras, angewiesen. Wächst dort nur noch Balsaholz, entsteht eine gefährliche Abhängigkeit. Zu oft schmälern die Zwischenhändler den Erlös im Nachhinein, niemals erhalten die Indigenen einen fairen Anteil am Gewinn und zu selten wird das Geld tatsächlich für Nahrungsmittel oder eine langfristige Planung ausgegeben.
Balsaholz im Windrad
Balsaholz findet sich nicht nur in Windkraftanlagen. Seine Eigenschaften machen es auch für den Modellbau, als Isoliermaterial und zur Herstellung von Booten, Kleinflugzeugen und Surfbrettern interessant. Das Wort „Balsa“ bedeutet auf Spanisch „Floß“. Denn die Menschen in seinen Ursprungsländern nutzen das leichte Holz schon sehr lange für den Floßbau. Im Inneren der Rotorblätter von Windkraftanlagen wird Balsaholz häufig als Kernmaterial eingesetzt, da es bei aller Flexibilität eine hohe Festigkeit aufweist. Dabei werden für ein einziges Rotorblatt hunderte Kilogramm Balsaholz benötigt.
Kehrtwende beim Windradbau?
Vor allem aus Kostengründen schwenken einige Unternehmen bereits auf Kunststoffe um. Ein Ende des Balsa-Booms in einigen Jahren ist also möglicherweise in Sicht. Doch das vergrößert noch die Gefahr für all jene, die sich heute in den Regenwäldern Ecuadors und anderer südamerikanischer Länder von kleinen Balsa-Plantagen in ihren Waldgärten abhängig machen. „Es darf nicht sein, dass große Firmen für wenige Jahre die Strukturen der indigenen Gemeinden derart durcheinanderbringen und danach genauso schnell wieder verschwinden, wie sie gekommen sind“, so Roberto Maldonado. Der Anbau von Balsaholz in den Waldgärten der Indigenen muss gestoppt und darf nicht weiter angetrieben werden. Die Entnahme der Hölzer aus dem Regenwald bedarf – wenn überhaupt – konkreter Managementpläne und die Lieferketten von Balsaholz müssen fair, langfristig und eindeutig nachvollziehbar werden.
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