Wir schauen zurück auf das Jahr 2022. Die Pandemie ist größtenteils vorbei, und die Naturschutzarbeit kann fast überall wieder in vollem Umfang stattfinden. Leider nur fast – durch den Krieg in der Ukraine ist die Zusammenarbeit mit dem WWF Russland extrem erschwert worden. Dennoch gibt es viele Natur- und Artenschutzprojekte weltweit, in denen der WWF etwas bewegen konnte. 

Kampagne zum Schutz der Elefanten – sinkende Nachfrage nach Elfenbein

Gewilderter Elefant in Dzanga-Sangha © Martin Harvey / WWF Canon
Gewilderter Elefant in Dzanga-Sangha © Martin Harvey / WWF Canon

Jedes Jahr fallen tausende afrikanische Elefanten der Wilderei zum Opfer. Grund dafür ist die Nachfrage nach ihren Stoßzähnen – dem Elfenbein. Der WWF will das ändern: durch gezielte Reduktion der Nachfrage wollen wir auch die Wilderei eindämmen.

China gilt als Hauptabnehmer und deswegen setzen wir genau dort an. 2022 haben wir eine sehr erfolgreiche Kommunikationskampagne abgeschlossen, in deren Rahmen wir rund 22 Millionen Menschen erreicht haben. Damit haben wir dazu beigetragen, dass die Nachfrage nach Elefanten-Elfenbein seit 2017 merklich sinkt.

Doch ein harter Kern an Interessenten bleibt bestehen, und deshalb macht auch der WWF weiter: Eine zweite Projektphase wird 2022 bis 2025 auf Vietnam und Thailand ausgeweitet, um die Erfolge zu maximieren. Denn frühere Umfragen zeigen, dass chinesische Reisende in Südostasien einen erheblichen Teil des Elfenbeinkonsums ausmachen. Aus dem Grund arbeiten wir eng mit dem Tourismussektor als zentralem Partner zusammen.

Wieder mehr Saiga-Antilopen in der Mongolei

Saiga-Antilope © Wild Wonders of Europe / Igor Shpilenok / WWF
Saiga-Antilope © Wild Wonders of Europe / Igor Shpilenok / WWF

Der Ausbruch einer tödlichen Seuche sowie der extreme Winter in den Jahren 2017 und 2018 hatten die Bestände der vom Aussterben bedrohten Unterart der Mongolischen Saiga von 2016 an dramatisch reduziert: von 11.000 auf nur noch 3.400 Individuen!

Laut der neuesten Zählung, die vom WWF Mongolei und Partnern im Zeitraum von September bis November 2021 durchgeführt wurde, hat sich die Population der Saiga in der Mongolei erholt – es wurden etwa 10.000 Tiere gezählt.

Der WWF Mongolei entsendet für den Saiga-Schutz elf freiwillige Ranger. Darüber hinaus werden Wasserquellen wiederhergestellt und die Tiere im Winter mit Futter versorgt. Der WWF Deutschland unterstützt den WWF Mongolei finanziell.

„Der WWF Deutschland engagiert sich weltweit tatkräftig in mannigfaltigen Projekten. Dass wir 2022 auf so viele erfolgreich angestoßene Veränderungen zurückblicken können, verdanken wir Ihnen, liebe Spender:innen!“

Heike Vesper, Vorstand Transformation Politik & Wirtschaft

Wisent-Wiederansiedlung im Großen Kaukasus

Wisent in der Slowakei © Tomas Hulik
Wisent in der Slowakei © Tomas Hulik

Im Rahmen des Wisent-Wiederansiedlungsvorhaben im Shahdag-Nationalpark hat der WWF Deutschland mit seinen Partnern im November 2021 den vierten Wisent-Transport erfolgreich durchgeführt. Neun Wisente (sieben aus dem Tierpark Berlin und zwei aus dem Tierpark Bern) wurden per LKW zum Flughafen Frankfurt / Hahn transportiert und von dort nach Baku geflogen. Alle Tiere haben die Reise gut überstanden.  

Anfang Dezember 2020 wurden die ersten 20 Wisente aus dem Auswilderungsgehege in die Kernzone des Nationalparks entlassen. Angesichts dieser Erfolge haben der WWF Deutschland und der Tierpark Berlin ihre Zusammenarbeit bis 2028 ausgeweitet: Geplant ist, jedes Jahr zehn Tiere aus dem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm über den Tierpark Berlin in den Kaukasus zu bringen.  

Löwenschutz im südlichen und östlichen Afrika ausgeweitet

Löwe trinkt am Okawango Delta © Laura Hannusch
Löwe trinkt am Okawango Delta © Laura Hannusch

Seit 2016 unterstützt der WWF Deutschland zwei erfolgreiche Projekte zum Löwenschutz in Namibia und Botswana. Besonders in Namibia sind Mensch-Wildtier-Konflikte dank des Baus löwensicherer Gehege für das Vieh stark zurückgegangen. Weil die Löwenpopulation anwächst und die Tiere in umliegende Gebiete abwandern, kommt es jedoch vermehrt zu Konflikten im nördlichen Botswana.

Doch dank steigender Mittel aus der Löwenpatenschaft können nun zwei weitere Löwenschutzprojekte entlang der botsuanisch-namibischen Grenze finanziert werden. Diese sollen vor allem die natürlichen Wanderrouten der Tiere aufzeichnen und Konfliktherde identifizieren und entschärfen.

Seit September 2021 unterstützt der WWF Deutschland auch ein Projekt im südlichen Tansania, das in enger Kooperation mit dem staatlichen Institut zur Wildtierforschung (TAWIRI) und der Nationalparkbehörde (TANAPA) an Wildtierkorridoren zwischen drei Schutzgebietskomplexen arbeitet. Diese Landschaften spielen eine bedeutende Rolle für das langfristige Überleben des Löwen in Ostafrika. 

Der WWF unterstützt bei Hundeimpfungen und schützt so Wildtiere

Afrikanischer Wildhund © Jeff Wilson / Silverback/Netflix
Afrikanischer Wildhund © Jeff Wilson / Silverback/Netflix

Tollwut ist ein gutes Beispiel einer Infektionskrankheit, die zwischen Wildtieren, Haustieren und Menschen übertragen werden kann. Neben Lebensraumverlust und Wilderei gehört die tödliche Viruserkrankung zu den größten Bedrohungen der stark gefährdeten Afrikanischen Wildhunde – bei einem Ausbruch kann eine ganze Population innerhalb weniger Monate ausgerottet werden. So gab es 2018 in Hwange im Westen Simbabwes einen Tollwut-Ausbruch, der seinen Ursprung wahrscheinlich bei den Haushunden der angrenzenden Gemeinde hatte und auch mehrere andere Wildtierarten betraf.

Durch die Impfung von Haushunden kann die Tollwut in Schach gehalten werden. Das ist One Health in der Praxis. Daher hat der WWF seinen lokalen Partner, den Victoria Falls Wildlife Trust, dabei unterstützt, in Simbabwe 1.708 Hunde gegen Tollwut zu impfen. Die Menschen aus den an der Nationalparkgrenze liegenden Gemeinden konnten ihre Hunde kostenlos impfen lassen und somit sich selbst, ihre Haustiere und die Wildtiere schützen.

Was Hirsche für den Schutz der Tiger tun

Sambar-Hirsch © Worrapun Phumanee / DNP / WWF Thailand
Sambar-Hirsch © Worrapun Phumanee / DNP / WWF Thailand

Nach zehn Jahren kontinuierlicher Schutzarbeit ist die Tigerpopulation im thailändischen Mae-Wong-Nationalpark stabil und zeigt sogar ein Steigerungspotenzial. Doch damit Tiger überleben können, brauchen sie ausreichend Beutetiere. In der Langzeitbeobachtung von Beutetierpopulationen wie Muntjac, Wildschwein, Sambarhirsch und Gaur hat sich gezeigt, dass es von allen vier Arten relativ wenige Tiere gibt.

Neben der Wiederherstellung des Lebensraums für Tiger ist daher die Vergrößerung der Beutetierpopulation ein entscheidender Faktor, um die Tigerpopulation stetig zu vergrößern. Da sich Sambarhirsche nur sehr langsam vermehren, arbeitet der WWF mit dem Mae-Wong-Nationalpark, zwei Zuchtzentren und der Kasetsart Universität daran, die Population zu vergrößern.

Es konnten insgesamt 32 Sambarhirsche ausgewildert werden, darunter zwanzig Hirschkühe. Zwölf Tiere sind mit Radiohalsbändern ausgestattet, um das Überleben der Sambarhirsche und die Nutzung ihres neuen Lebensraums zu verfolgen.

Waldschutz und Einkommenssteigerung in Tansania

Famerin mit Sonnenblume © WWF
Famerin mit Sonnenblume © WWF

Seit Anfang 2020 unterstützt der WWF Deutschland drei Gemeinden im Distrikt Kilwa im Süden von Tansania dabei, Waldschutz und individuelle Einkommenssteigerung miteinander zu verbinden. Die Gemeinden haben Teile ihrer Wälder unter Schutz gestellt, und nutzen das Holz seither nur noch streng nach den erarbeiteten Managementplänen unter den strengen Standards der erfolgten FSC-Zertifizierung.

Durch das Projekt konnten die geschützten und nachhaltig genutzten Gemeindewaldflächen erweitert und Landwirt:innen dabei unterstützt werden, brachliegende Felder wieder nutzbar zu machen, anstatt neue Flächen zu roden. Auf einigen Testflächen wurden seit Anfang 2022 unter anderem Sonnenblumen angebaut und Frauen der Gemeinden im Umgang mit Ölpress- und Filtermaschinen geschult.

Insgesamt 60 Frauen produzieren nun Sonnenblumenöl, welches zum dreifachen Preis gegenüber den unverarbeiteten Kernen verkauft werden kann.

Mehr Unterstützung vom Land bei der Suche nach Geisternetzen

Toter Fisch im Geisternetz © Philipp Kanstinger / WWF
Toter Fisch im Geisternetz © Philipp Kanstinger / WWF

Erstmals hat 2022 mit Mecklenburg-Vorpommern ein Küstenbundesland die Suche nach Geisternetzen finanziell unterstützt und inhaltlich begleitet. Die Fischerei hat an der Ostsee eine lange Tradition. Die Menschen, die an der Küste leben oder zu Gast sind, genießen fangfrischen Fisch. Leider sind auch heute noch Netzverluste nicht ganz vermeidbar, so dass die rasche Suche und Bergung den Schaden auf die Meeresumwelt verringert.

Im Jahr 2022 hat der WWF ein Pilotprojekt zu verlorenen Fischereigeräten in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt. Das Projekt wurde vom Landesförderinstitut MV unterstützt.

Die vom WWF seit 2015 entwickelte Methode zur Suche, Bergung und Entsorgung von Geisternetzen kam hier in der Zusammenarbeit mit der Tauchbasis Prora und lokalen Fischereibetrieben zum Einsatz. Fischerkutter wurden in die Suche nach Geisternetzen mit Schallwellen (Sonar) und die Bergung eingebunden.

Fischer:innen haben ebenso wie das Land und der WWF ein Interesse daran, die Meere und ihre Fanggründe von Plastikmüll freizuhalten. Im Pilotprojekt konnten die Fischer:innen direkt erleben, wie Netze am Ostseegrund mit einem speziellen Sonargerät wieder aufgespürt werden können. 

Wattenmeerschutz gestärkt

Meeresspiegelanstieg an der Nordseeküste © Claudia Nir / WWF
Meeresspiegelanstieg an der Nordseeküste © Claudia Nir / WWF

Der WWF engagiert sich seit Langen für das als Nationalpark und Weltnaturerbe geschützte Wattenmeer an der Nordseeküste.

Eine deutsch-dänisch-niederländische Wattenmeerkonferenz fand im November 2022 in Wilhelmshaven statt und wurde immerhin ein „halber“ Erfolg: Ein wichtiger „Single Integrated Management Plan“ wurde beschlossen, doch fehlen weiterhin deutliche Fortschritte für eine intakte Unterwasserwelt sowie für die Beendigung der fossilen Energiegewinnung.

Positiv war die Stärkung von zivilgesellschaftlichen Partnerschaften, so unterzeichneten viele Stakeholder die „Sustainable Shipping and Ports Initiative for a well protected Wadden Sea“.

Bei unserem größten Feldprojekt im Wattenmeer („Sandküste St. Peter-Ording“) wurden erste Naturschutzmaßnahmen umgesetzt: Aufkommende Gehölze in den Dünen wurden entfernt und Vernetzungsgassen angelegt, und so die Dünen für heimische und teils seltene Tier- und Pflanzenarten wieder aufgewertet.

Mit der Hilfe von Freiwilligen wurden invasive Pflanzenarten bekämpft, und es wurden erste Maßnahmen für einen Umbau des Dünenwaldes hin zu einem standorttypischen Eichenmischwald auf den Weg gebracht.

Bayern: Ein unnützes Wehr verschwindet

Baunach © Olaf Obsommer / WWF
Baunach © Olaf Obsommer / WWF

Dank der Spendenbereitschaft unserer Unterstützer:innen kam – zusätzlich zu Restmitteln aus der Dam-Removal-Tagung – genügend Geld zusammen, um ein unnützes Wehr aus der Baunach zu entfernen.

Sechs Kilometer freie Fließstrecke wurden durch den Rückbau gewonnen – ein kleiner Beitrag zur Umsetzung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie, der WWF-Freshwater-Practice sowie der EU-Biodiversitätsstrategie, bis 2030 25.000 Kilometer frei fließende Strecken zu erreichen.

Die Baunach ist Fischvorranggewässer und Teil eines FFH-Gebiets, die Herstellung der Durchgängigkeit an diesem Wehr hatte daher höchste Priorität. Doch erst die Initiative des WWF gab den entscheidenden Ausschlag für die Renaturierungsmaßnahme.

Ein neues Funk-Kommunikationssystem für Wildhüter:innen

Ausgebildete Mitarbeiter erheben im Rahmen des KAZA-weiten Monitoringsystems sozioökonomische Daten in den Gemeinden @ WWF Deutschland
Ausgebildete Mitarbeiter erheben im Rahmen des KAZA-weiten Monitoringsystems sozioökonomische Daten in den Gemeinden @ WWF Deutschland

Im Binga-Distrikt im Westen von KAZA in Simbabwe leben etwa 3.000 Elefanten. Hier sind neben den staatlichen Ranger:innen des Chizarira-Nationalparks auch Gemeindewildhüter:innen im Einsatz – viele von ihnen wurden durch das EU-finanzierte KAZA-Projekt in den letzten drei Jahren ausgebildet.

Seit 2005 gab es in der Region jedoch kein funktionierendes Funksystem mehr, Patrouillen und ein Einschreiten bei Mensch-Wildtier-Konflikten wurden durch mangelnde Kommunikation behindert.

Daher hat der WWF Deutschland zusammen mit dem Partner CAMPFIRE daran gearbeitet, das Funk-Kommunikationssystem wiederaufzubauen. Somit sind die Wildhüter:innen auch im Notfall schnell erreichbar und können jederzeit von abgelegenen Orten aus mit der Basisstation kommunizieren.

2022 decken die neuen Basisstationen einen Radius von 50 Kilometern ab. Es ist geplant, den Radius mit zusätzlichen Repeatern für eine effiziente Überwachung der Wildtierressourcen stetig zu erweitern.

  • Großer Panda © naturepl.com / Juan Carlos Munoz / WWF Hier finden Sie alle WWF-Erfolge

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