„Als der Regen kam und neues Leben auf unsere kargen Felder brachte, wusste ich, dass wir etwas wahrhaft Bedeutendes erreicht hatten.“ Sketa Imelaisa ist eine von 120 Frauen aus der Region Kajiado im äußersten Süden Kenias, die es geschafft haben, aus trockener Erde wieder grünes Land zu machen.

Eine Windhose über dem degradierten Land © Faith Tanui / WWF Kenia
Eine Windhose über dem degradierten Land © Faith Tanui / WWF Kenia

Lemon'go heißt das Dorf, aus dem Sketa und ihre Mitstreiterinnen kommen. Es liegt am Fuße des Kilimandscharo an Kenias Grenze zu Tansania. Es ist Land der Massai, das sich hier über weite Ebenen erstreckt und noch bis vor wenigen Jahren grün und grasbewachsen war.

Inzwischen wächst hier fast nichts mehr. „Es fühlte sich an wie ein endloser Kreislauf aus Not und Verzweiflung“, erzählt Sketa Imelaisa. „Doch dann änderte sich alles.“ Denn Sketa und die anderen Frauen begannen zu graben.

Lachende Erdwälle

Hunderte halbkreisförmige Erdwälle gruben die Frauen von Kajiado kilometerweit in die trockenen, harten Böden. Earth Smiles werden diese Mulden genannt, weil sie wie lachende Münder in der Erde aussehen. Jeder Aushub ist mit rund zweieinhalb Metern Länge und fünf Metern Breite etwa so groß wie ein Elefant.

Wenn das Wasser endlich vom Himmel fällt, in der lang ersehnten Regenzeit, fangen die Earth Smiles das kostbare Nass auf, das sonst ungehindert durch das kahle Land strömt, Erosionen und Sturzfluten verursacht und auch das letzte bisschen fruchtbare Erde mit sich wegschwemmt.

Neues Leben für Menschen und Wildtiere

„Die karge Erde wich tatsächlich grünem Gras. Der Anblick erfüllte mich mit tiefer Dankbarkeit“, beschreibt Sketa Imelaisa ihre Erfahrungen nach dem Graben der ersten Wälle. „Wir hätten nicht gedacht, welche Auswirkungen diese einfache Idee auf unser Leben haben würde“, fügt Purity Seya hinzu, ebenfalls eine der Frauen aus Kajiado. „Nun können selbst die Ärmsten unter uns ihr Vieh wieder versorgen. Und seit auch für die Wildtiere wieder genug Nahrung da ist, dringen sie nicht mehr auf der Suche nach Nahrung in unsere Siedlungen und Felder ein.

Denn nicht nur die Menschen hatten vorher hart um das wenige noch verbliebene Gras für ihr Vieh konkurriert. Auch Elefanten und andere wilde Tiere zerstörten auf ihrer Suche nach Wasser und Nahrung immer häufiger die letzten, knappen Ernten. Wildtiere gibt es hier viele: Die Heimat von Sketa, Purity und den anderen Frauen ist ein wichtiger Wanderkorridor für Afrikas faszinierende Arten, der drei große Nationalparks verbindet – Amboseli, Tsavo-West und Chyulu Hills.

„Wir müssen nun nicht mehr fürchten, dass unsere harte Feldarbeit von hungrigen Elefanten oder anderen Wildtieren zerstört wird.“

Purity Seya, Bewohnerin von Kajiado, Kenia

Eine ganz besondere Earth Hour

Anlässlich der Earth Hour 2024 haben die Frauen in Kajiado in nur 60 Minuten 60 der großen Earth Smiles gegraben. In dieser einen Stunde Ende März, in welcher jährlich weltweit viele Menschen als Zeichen für mehr Klimaschutz ihr Licht ausschalten, wollten Sketa, Purity und ihre Mitstreiterinnen zeigen, was sie bewegen können – und was sie zur Anpassung an den Klimawandel auch bewegen müssen. Seitdem sind allein in der Region Kajiado mehr als 30.000 der lächelnden Erdwälle entstanden. Noch viel mehr sollen es werden - auf insgesamt mindestens 300 Hektar Massai-Land – und der Erde wieder Leben einhauchen.

Hoffnung, Arbeit und zurück zur Nachhaltigkeit

„Jeden Tag, ob bei Regen oder Sonnenschein, finde ich mich an den Dämmen wieder, wo ich entschlossen grabe. Ich bin froh, dass wir als Mütter mit Kindern nicht vergessen wurden.“ Tuyabo Leyei erhält wie die anderen Frauen einen Lohn für das Graben der Earth Smiles, ernährt damit ihre Familie und spart für die Bildung ihrer beiden Kinder. „Meine dreijährige Tochter, voller Neugier, begleitet mich oft zu den Dämmen. Das erfüllt mich mit Hoffnung. Während sie schon so jung mehr über ein nachhaltiges Leben lernt, weiß ich, dass die Zukunft unserer Weidegebiete in sicheren Händen liegt.“

Die traditionellen Weidepraktiken der Massai folgen ursprünglich natürlichen Zyklen und fügen sich harmonisch in die Umwelt ein. Doch wie vielerorts in Kenia wurde in der jüngeren Vergangenheit Gemeindeland in einzelne Parzellen umgewandelt, diese umzäunt und teilweise bebaut. Die Weideflächen wurden immer kleiner, übernutzt, ausgelaugt und können seitdem kein Wasser mehr speichern. In Kombination mit einem zunehmend trockenen Klima verschärfte sich die Not der Menschen und der gesamten Natur um sie herum.

Das Earth Smiles Projekt – Für Menschen, Natur und die Stärkung der Frauen

Bereits nach zwei Jahren hat sich die Landschaft verändert © Justdiggit / WWF
Bereits nach zwei Jahren hat sich die Landschaft verändert © Justdiggit / WWF

Der Erfolg der Earth Smiles ist überwältigend. Die halbmondförmigen Becken halten das Wasser an Hängen und abfallendem Gelände auf und lassen es versickern. Häufig säen die Frauen von Kajiado direkt widerstandsfähige, lokale Grassorten hinein. Die Gräser verkaufen sie später auch auf Märkten.

Schon nach einem Jahr lässt sich ein deutlicher Unterschied erkennen. Nach spätestens vier Jahren wächst flächendeckend saftiges Grün, wo vorher nur noch rote Erde war. Der WWF leitet und ermöglicht das Projekt. Doch treibende Kraft vor Ort sind die Frauen, die nicht tatenlos zusehen wollen, wie sich ihre Heimat in kahles Ödland verwandelt. Sie sichern sich selbst und ihren Gemeinden neue Lebensgrundlagen, bilden weitere Frauen darin aus, werden zu Unternehmerinnen und Akteurinnen des Wandels. Das Projekt stärkt ihre Rolle in ihren patriarchalisch geprägten Gemeinschaften – ein kleiner, aber entscheidender Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung.

Das WWF-Projekt rund um die „Earth Smiles“ ist Teil eines groß angelegten Vorhabens zur Wiederherstellung von 25.000 Hektar Wald, Acker- und Weideland in der Amboseli-Landschaft in Kenia. Es wurde finanziert von der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und wird nun mit Hilfe der Unternehmen VonMaehlen, Cosnova und Tomorrow fortgeführt. Vor Ort unterstützen uns fachkundig unsere beiden lokalen Partnerorganisationen JustDiggit und Big Life Foundation.

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