Dzanga-Sangha ist als außergewöhnlicher Standort für Forschung weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Wissenschaftler:innen aus aller Welt kommen hierher, um das Verhalten von Waldelefanten und Gorillas in einem intakten Lebensraum zu erforschen. Sie studieren, wie sich Populationen verschiedener Arten entwickeln oder vertiefen ihr Wissen über die Ökologie des Regenwaldes. Aufwändige Elefantenzählungen, die vorsichtige Gewöhnung von Gorillas an die Präsenz des Menschen, Datenauswertungen aus Wildkameras und die Erforschung von Infektionskrankheiten sind nur ein kleiner Ausschnitt des umfangreichen Forschungsprogramms.
Erst sind es nur kleine Gruppen von Elefanten, die sich auf der weiten Lichtung mitten im Regenwald einfinden. Doch nach und nach treten immer mehr der sonst versteckt lebenden Tiere zwischen den Bäumen hervor, bis sich schließlich mehr als hundert Waldelefanten begleitet von Bongo-Antilopen, Waldbüffeln und Riesenwaldschweinen auf der Dzanga-Bai, der Lichtung der Elefanten, eingefunden haben. Hier finden die Tiere lebenswichtige Mineralstoffe, die in den Wasserstellen der Lichtung reichlich vorhanden sind. Und sie treffen auf potenzielle Partner.
Dieses Naturschauspiel ist ein Höhepunkt nicht nur für Tourist:innen, sondern auch für jede Forscherin und jeden Forscher im Dzanga-Sangha-Schutzgebiet, im südwestlichsten Zipfel der Zentralafrikanischen Republik. Kaum einen anderen Ort gibt es auf der Welt, wo sie diese Tiere des Dschungels in solcher Anzahl und aus so großer Nähe beobachten und studieren können. Auch den versteckt im Wald lebenden Flachlandgorillas können Wissenschaftler:innen und Tourist:innen hier mit der gebotenen Vorsicht ganz nahekommen.
Forschung in Dzanga-Sangha
Habituierung von Flachland-Gorillas
Es ist ein Grundsatz des Artenschutzes, dass wir bedrohte Arten umso besser schützen können, je besser wir ihre Lebensweise verstehen. Doch Forschung ist gar nicht so einfach bei einer Tierart wie den Flachlandgorillas, die versteckt in den Tiefen des Regenwaldes leben. Deshalb ist es hilfreich, diese uns genetisch so ähnlichen Gorillas vorsichtig an die Anwesenheit von Menschen zu gewöhnen. Ein Programm zur sogenannten Habituierung von Gorillas (Primate Habituation Programme, PHP), wurde bereits 1997 von WWF Mitarbeiter Allard Blom gestartet und ist seitdem fest mit der Arbeit in Dzanga-Sangha verbunden.
Zurzeit gibt es in Dzanga-Sangha drei habituierte Gorillagruppen. Regelmäßige Beobachtung sowie zahlreiche wissenschaftliche Studien vermehren unser Wissen über die Lebensweise der Flachlandgorillas. Über Nachwuchs bei den Gorillas konnten die Forscher:innen sich schon vielfach freuen. Außerdem lebt die weltweit einzige habituierte Gruppe Olivmangaben im Schutzgebiet, einer Affenart, die zur Familie der Meerkatzen gehört.
Waldelefanten zählen, um sie zu schützen
Wie viele Elefanten leben im Trinational de la Sangha und besuchen die Dzanga Bai? Wie entwickelt sich ihr Bestand? Das sind zentrale Fragen der Wissenschaft, die die Grundlage weiterer Schutzmaßnahmen bilden. Forscher:innen verbringen deshalb viel Zeit im Gelände mit dem Zählen der Elefanten.
Im Jahr 1990 startete Andrea Turkalo, eine amerikanische Biologin und Forscherin, an der Dzanga Bai die erste und längste Studie über Waldelefanten – die Dzanga Forest Elephant Study. Über 27 Jahre wurden kontinuierlich Daten erfasst, analysiert und bewertet, und dabei schließlich mehr als 4.000 Waldelefanten identifiziert. Bei mehr als 1.000 Waldelefanten verfolgte die Forscherin sogar die gesamte Lebensgeschichte der Tiere.
So entstand ein Schatz an Daten, der Auskunft gibt über Familienbeziehungen, Altersstrukturen, Sozialverhalten, Fortpflanzung und Ernährung. Seit einiger Zeit werden zudem ausgewählte Waldelefanten mit Satellitenhalsbändern versehen, um auch großräumige Bewegungsmuster über Ländergrenzen hinweg zu verstehen – wertvolles Wissen für einen effektiven Schutz der Waldelefanten.
Biomonitoring: Zählen, dokumentieren, anpassen
Die regelmäßige Erhebung von Daten zum Zustand der Wälder und ihrer Arten offenbart Entwicklungstrends, die für das Management des Dzanga-Sangha Schutzgebietes wichtig sind. Vier der natürlichen Waldlichtungen mit ihrem großen Artenreichtum werden zurzeit mit fest installierten Kamerafallen beobachtet. Diese liefern nicht nur eine Fülle von Daten über Tierarten und ihr Verhalten, sondern wirken auch abschreckend auf Wilderer, die auf den Bais mit wenig Aufwand an ihr Ziel kommen könnten.
Darüber hinaus erlaubt das sogenannte Biomonitoring eine kontinuierliche Evaluierung und Anpassung der Naturschutzmaßnahmen vor Ort: Welche Maßnahmen wirken? Welche sollten vielleicht überdacht werden? Nicht nur die Lebensweisen und das Verhalten von Wildtieren werden dabei erfasst. Auch die Frage, wie sich menschlicher Einfluss auf die natürlichen Ressourcen auswirkt, wie sich Lebensräume verteilen, wie sich die Waldfläche verändert sowie Daten zur Holznutzung werden analysiert.
One Health – Naturschutz als Pandemieschutz
Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld in Dzanga-Sangha sind Zoonosen, also Infektionskrankheiten, die zwischen Mensch und Tier übertragen werden können. Wie können sich die Menschen besser vor dem Ausbruch von Epidemien wie Ebola oder Corona schützen?
Wie lässt sich umgekehrt die Gefahr mindern, dass Krankheiten vom Menschen auf die habituierten Gorillas übertragen werden und so potentiell ganze Populationen bedrohen? Hierzu arbeitet der WWF gemeinsam mit dem Helmholtz Institut für One Health an einem Frühwarnsystem, um Menschen, habituierte Primaten sowie andere Wildtiere zu schützen und Veränderungen von Krankheitserregern im Lebensraum zu untersuchen.
Das Frühwarnsystem hilft, Gefahren rasch zu erkennen und unverzüglich Gegenmaßnahmen einzuleiten. Dieser Ansatz, der die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt zusammen betrachtet, auch „One Health“ genannt, mindert die Gefahr des Ausbruchs von tödlichen Epidemien und trägt dazu bei, die habituierten Gorilla-Gruppen und andere Wildtierpopulationen gesund zu halten. Das dafür eingerichtete Feldlabor ist außerdem eines von zwei Labors im ganzen Land, das auf Covid-19 testen kann und kommt damit direkt der Bevölkerung zugute.
Tourismus, der Perspektiven schafft
Als Teil des UNESCO-Weltnaturerbes „Trinational de la Sangha“ ist Dzanga-Sangha weltweit bekannt. Die Chance, Flachlandgorillas oder Waldelefanten in freier Wildbahn zu erleben und seltene Vögel zu beobachten, bringt Reisende aus aller Welt an diesen Ort. Dort können sie außer der fantastischen Tierwelt auch die Kultur der indigenen BaAka und Sangha-Sangha kennenlernen.
Die Doli Lodge, die vom Nationalpark betrieben wird, empfing vor der Krise im Jahr 2013 zu ihren Spitzenzeiten mehr als 1.000 Tourist:innen pro Jahr. Der Staatsstreich und anschließende Bürgerkrieg in der Zentrafrikanischen Republik ließen den Tourismus vorübergehend dramatisch einbrechen. Bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie stieg die Zahl der Tourist:innen aber wieder auf fast 300 im Jahr 2019 an.
Von den Geldern, die Besucher:innen für den Eintritt in den Park zahlen, geht ein fester Anteil an die lokalen Gemeinden. Von dieser Art des nachhaltigen Tourismus profitieren sowohl die Natur in Dzanga-Sangha, als auch die Menschen in der Region.
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