In einer logistischen Meisterleistung werden jedes Jahr zehn Tiere aus unterschiedlichen europäischen Zoos über den Tierpark Berlin in den Kaukasus gebracht. Im Januar 2025 hat sich Aurel Heidelberg, Leiter des Wisent-Projekts beim WWF Deutschland, zusammen mit einem Tierfilmer auf den Weg in den Kaukasus gemacht und sich auf die Spuren der Wildrinder begeben. Wie geht es den ausgewilderten Tieren heute? Kommen sie gut in ihrer neuen Umgebung zurecht? Diesen Fragen ging das Team bei ihrer Expedition nach.

Gemeinsam auf der Suche nach den Wisenten © Emil Khalilov / WWF
Gemeinsam auf der Suche nach den Wisenten © Emil Khalilov / WWF

Eigentlich sollte Tierfilmer Philipp Klein im Januar 2025 den Transport von zehn Wisenten aus dem Berliner Tierpark in den Kaukasus begleiten. Doch der Ausbruch der Maul-und-Klauen-Seuche in Berlin und Brandenburg nur wenige Tage vor dem Transporttermin, hat den Wisenttransport auf unbestimmte Zeit verschoben.

Doch die Expedition war geplant, alles war vorbereitet. Und so machte sich Tierfilmer Philipp Klein im Januar 2025 gemeinsam mit Aurel Heidelberg auf den Weg in den Südkaukasus, um sich zusammen mit der Nationalen Wisent-Projektleiterin Zeynab Khalilova, dem Wildtierfotografen Emil Khalilov sowie vier lokalen WWF-Wildhüter:innen auf die Spuren der ausgewilderten Wisentherden zu begeben.

Die ausgewilderte Herde ist gesund und gewachsen

Mit Pferden unterwegs im Shahdag Nationalpark © Emil Khalilov / WWF
Mit Pferden unterwegs im Shahdag Nationalpark © Emil Khalilov / WWF

Zu Fuß und zu Pferd durchstreifte das Team eine Woche lang das 130.000 Hektar große unwegsame Auswilderungsgebiet. Auf der Suche nach den Wisenten bewegte sich das Team durch die Bergmischwälder des Shahdagh Nationalparks.

Als weitere Herausforderung waren einige der GPS/VHF-Halsbänder inzwischen ausgefallen, mit denen alle Leitkühe vor ihrer Auswilderung ausgestattet werden, um das Monitoring für die erste Zeit zu vereinfachen. Dank der hervorragenden Kenntnisse der Wildhüter:innen konnten trotzdem einige der 46 bisher ausgewilderten Wisente aufgespürt und anhand ihrer Ohrmarken identifiziert werden.

Darunter auch Wisentkuh Glen Kinchie, die mit dem ersten Transport 2019 aus dem Berliner Tierpark in den Shanhdagh Nationalpark gebracht wurde. „Die am Programm beteiligten Zoo-Mitarbeitenden waren erfreut über den sehr guten Gesundheitszustand der Tiere“, berichtet Heidelberg von der geglückten Expedition. „Ein Indiz für die bisher erfolgreiche Anpassung an den neuen Lebensraum.“

Stabiler Bestand trotz Beutegreifern

Expedition im Januar 2025 zu den Wisenten im Shahdag Nationalpark im Kaukasus © Emil Khalilov / WWF
Expedition im Januar 2025 zu den Wisenten im Shahdag Nationalpark im Kaukasus © Emil Khalilov / WWF

Die Beobachtung der wilden Herden in ihrem neuen Lebensraum während des Winters lieferte den Artenschützer:innen weitere wertvolle Daten und Erkenntnisse. Der Gesamtbestand der Wisente im Nationalpark ist von 46 auf über 60 Tiere angewachsen. 27 Kälber wurden bereits im Nationalpark geboren. „Der Bestand hat sich somit gut entwickelt“, ist Heidelberg zufrieden. „Auch natürliche Ausfälle, wie zum Beispiel Prädation von gerade geborenen Kälbern durch Beutegreifer wie dem Wolf, ist Teil des natürlichen Selektionsprozesses hin zu einem langfristig gesunden Wisent-Bestand.“

Bemerkenswert ist auch das deutlich veränderte Fluchtverhalten der einst an Menschen gewöhnten Zoo-Tiere, berichtet der WWF-Experte. Konnte man sich den ausgewilderten Tieren während der Gewöhnungsphase noch bis auf eine geringe Distanz nähern, so ergreifen sie heute bei Geräuschen und Bewegungen sofort die Flucht oder zeigen ein natürliches Herdenschutzverhalten.

„Die Rückkehr des Wisents in die Bergwälder des Shahdag Nationalparks ist ein Hoffnungsschimmer im globalen Kampf gegen das weltweite Artensterben.“

Aurel Heidelberg, WWF-Referent für das Ökosystem Kaukasus

Wiederansiedelung macht Hoffnung für den Artenschutz

Bei den Wisenten im Shahdag Nationalpark © Emil Khalilov / WWF
Bei den Wisenten im Shahdag Nationalpark © Emil Khalilov / WWF

Das zunächst bis 2028 angelegte Wiederansiedelungsprogramm ist auf einem sehr guten Weg, den Mindestbestand von 130 erwachsenen Tieren, der für eine stabile Wildpopulation nötig ist, zu erreichen.

„Die Rückkehr des Wisents in die Bergwälder des Shahdag Nationalparks ist ein Hoffnungsschimmer im globalen Kampf gegen das weltweite Artensterben“, zieht WWF-Referent Aurel Heidelberg eine Zwischenbilanz.

„Es beweist, dass die Fehler der Vergangenheit wieder gut zu machen sind – durch gemeinsames, langfristiges Engagement und die Bereitschaft, Kompromisse für eine friedliche Co-Existenz zwischen Menschen und Wildtieren einzugehen.“

Helfen Sie dem WWF, die Wisente zu retten

Die Wiederansiedlung der Wisente in Aserbaidschan ist ein gemeinsames Programm des aserbaidschanischen Umweltministeriums, des WWF, des Tierparks Berlin, des Erhaltungszuchtprogramms des Europäischen Dachverbandes für Zoos und Aquarien (EAZA/EEP) und der aserbaidschanischen Nichtregierungsorganisation IDEA. Gleichzeitig wird das Projekt durch eine Vielzahl von Einrichtungen, Institutionen und Förder:innen wie der Rewildering Europe Stiftung, Zoologischen Gärten, der European Bison Friends Society (EBFS) u.v.m. unterstützt.

Helfen Sie uns, die Wisente zurück in ihre alte Heimat zu bringen und die letzten Wildrinder Europas dauerhaft zu retten!

  • Europäisches Bison © Ola Jennersten / WWF Schweden Wisente für den Kaukasus

    Wisente sind unersetzlich für die Natur. 1927 wurde der letzte Wisent erschossen. Jetzt setzen wir uns dafür ein, dass die Wisente zurückkehren. Weiterlesen ...

  • Wisent-Herde im Shahdag-Nationalpark Wisente © E. Khalilov / WWF Umzug in ein neues Leben: Wisent-Auswilderung im Kaukasus

    Regelmäßig bringt der WWF gemeinsam mit seinen Partner:innen Wisente in den Kaukasus. Der Umzug ermöglicht den Tieren ein Leben in Freiheit und trägt zur Rettung ihrer ganzen Art bei. Weiterlesen...

  • Über den Wolken im Kaukasus © Aurel Heidelberg / WWF Deutschland Kaukasus

    Gletscher, Wälder, Wüsten, Steppen: Der Kaukasus ist eine Region der ökologischen Superlative. Viele Arten kommen nirgendwo sonst auf der Welt vor. Weiterlesen ...