Alle heute lebenden Wisente stammen von etwa einem Dutzend Tieren in Gefangenschaft ab. „Das ist ein extrem kleiner Genpool“, sagt Aurel Heidelberg, der das Projekt beim WWF leitet. „Für eine erfolgreiche Auswilderung brauchen wir Tiere aus unterschiedlichen Familien aus Zoos und Wildgehegen in ganz Europa, um Inzucht zu vermeiden“. Bis zu zehn Wisente sollen im Herbst in Aserbaidschan ausgewildert werden. Sie kommen aus Frankreich und Deutschland, eine Kuh auch aus Belgien.
Bis zu zehn Wildrinder in einem Frachtflugzeug, alle bei Bewusstsein und jedes bis zu 800 Kilogramm schwer: Wenn Wisente umziehen, ist das ein Transport der besonderen Art - besonders aufwendig, aber auch besonders wichtig. Denn er wird den kräftigen Rindern ein Leben in Freiheit ermöglichen und zur Rettung ihrer ganzen Art beitragen. Lange waren Wisente in der Wildnis ausgestorben. Der WWF bringt die Wildrinder zurück in ihre alte Heimat, den Kaukasus.
Schwere Wahl
Aufregender Transport
Mit dem LKW werden die Wisente aus verschiedenen Gehegen und Himmelsrichtungen zunächst nach Luxemburg gebracht, um von dort gesammelt in die aserbaidschanische Hauptstadt Baku zu fliegen. Alle müssen möglichst zeitgleich in Luxemburg ankommen, damit keine langen Wartezeiten entstehen. Staugefahr und unvorhersehbare Verkehrslagen machen das zu keiner leichten Aufgabe. Transportiert werden die großen Rinder in eigens dafür hergestellten Boxen. Sie lassen ihnen gerade genug Platz, um sich zu bewegen. Wegen der Verletzungsgefahr dürfen die Tiere sich darin aber nicht drehen können. Höchstens 24 Stunden sollen von der Verladung im Zoo bis zur Freilassung vergehen. Die ganze Zeit werden die Wisente tierärztlich überwacht, bekommen Wasser und Nahrung.
Zielort Wildnis
Vom Flughafen in Baku geht es wieder per LKW weiter. Ziel ist der Shahdag-Nationalpark im nordöstlichen Aserbaidschan. „Im Auswilderungsgebiet muss alles stimmen!“ sagt WWF-Experte Aurel Heidelberg. „Das Nahrungsangebot und die Flächengröße des Auswilderungsgebiets müssen ausreichen, damit die Tiere sich vermehren und ausbreiten können. Gleichzeitig müssen wir sicherstellen, dass das Nationalpark-Personal gut ausgebildet und ausgerüstet ist, um den Schutz der Tiere vor Wilderern und anderen Gefahren zu gewährleisten.“ So können Nutztierherden in der Nähe den empfindlichen Wisenten gefährlich werden, weil sie lebensbedrohliche Krankheiten übertragen. Die Bewohner der Region werden rechtzeitig auf ihre neuen, alten Nachbarn vorbereitet: Wisente sind für Menschen in der Regel nicht gefährlich. Doch es kann zu Konflikten kommen, wenn die Wildrinder Schäden auf Feldern außerhalb des Nationalparks anrichten.
Wie geht es weiter?
In speziell eingerichteten Auswilderungsgehegen bereiten Experten die Wisente nach und nach auf ihr Leben in Freiheit vor. Auch später in der Wildnis überwachen sie die Tiere mit Hilfe von GPS-Sendern und Kamerafallen. „Wir bringen die Wisente in ein Gebiet, wo sie seit langem nicht mehr leben und müssen sicherstellen, dass sie hier zurecht kommen“, erklärt Aurel Heidelberg. „Wollen sie beispielsweise in einem strengen Winter aus dem Nationalpark abwandern, können wir mit Ablenkfütterungen reagieren.“
Idealerweise folgen dieser ersten Wisent-Gruppe zwei weitere Auswilderungen jährlich über die nächsten fünf oder gar zehn Jahre. Dabei ist der Shahdag-Nationalpark nur ein Teil in einem Mosaik verschiedener Auswilderungsorte im ganzen Kaukasus. Unterstützt durch die KfW-Entwicklungsbank und durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) stemmt der WWF dieses Mammutprojekt, um die ureuropäischen Wildrinder zu retten.
Helfen Sie uns, die Wisente zu beschützen und in die Wildnis zurück zu bringen!
- Wisente für den Kaukasus