Illegales Holz: Umweltverbrechen aufdecken

Akribisch zersägt Johannes Zahnen vom WWF Deutschland Stühle, hölzerne Bilderrahmen und Musikinstrumente. Undercover geht er Holzkohle einkaufen. Und immer wieder fährt er mit den so gewonnenen Proben ins Labor. Denn Johannes Zahnen ist Holzdetektiv. Von ihm stammt die Idee, die wahre Herkunft vieler unserer Holzprodukte nicht nur unter dem Mikroskop, sondern auch durch Untersuchung ihres Atomgewichts zu entschlüsseln.

Was an gerichtsmedizinische Methoden in einem Krimi erinnert, fördert nicht selten einen wahren Krimi zutage: Von mörderischen Machenschaften in den Wäldern vor Ort über Korruption und fehlende Strafverfolgung weltweit bis hin zu schamlosem Etikettenschwindel in deutschen und europäischen Geschäften.

Zu den „besten Kunden“ Johannes Zahnens im negativen Sinne gehört die Möbelkette Jysk, ehemals bekannt als Dänisches Bettenlager. Seit Jahren nimmt der WWF-Holzdetektiv hier immer wieder Proben. Jedes Mal mit empörenden Ergebnissen. So bestanden Tische, Stühle oder Bilderrahmen mitnichten wie ausgewiesen aus Fichte oder Birke, sondern teilweise aus vom Aussterben bedrohten Tropenhölzern.

Bereits seit 2009 führt der WWF Deutschland regelmäßig Marktanalysen und Stichprobenuntersuchungen von Holzprodukten verschiedener Branchen und Geschäfte durch und konnte auch Produkte von Sconto, Bauhaus oder Rossmann des Etikettenschwindels überführen. Nicht deklarierte Tropenhölzer fanden die Holzdetektive des WWF außerdem im Papier von Kinderbüchern, in Grillkohle und Musikinstrumenten. Der größte Skandal: Selbst die Gorch Fock, das Segelschulschiff der deutschen Marine, wurde wahrscheinlich mit illegalem Urwaldholz saniert!

Die globale Vernichtung von Wald zerstört nicht nur unersetzlich wertvolle Lebensräume, sondern gehört zu den größten Treibern des Klimawandels. Illegal geschlagenes Holz trägt einen erheblichen Anteil an der Zerstörung: Bis zu einem Drittel des weltweit gehandelten Holzes hat laut Interpol einen illegalen Hintergrund.

Noch schlimmer wird es, wenn man genauer hinschaut:

• In den Tropen, wo die meiste Entwaldung stattfindet, werden laut Interpol 50 bis 90 Prozent der Hölzer illegal geschlagen.
• Im brasilianischen Amazonasgebiet sind es 80 Prozent.
• Und auch in den nördlichsten Urwäldern unserer Erde in Russland stammen bis zu 50 Prozent der Hölzer aus illegalen Quellen.

Eine aktuelle Studie des WWF zeigt auf, wie stark unsere Wälder bereits heute übernutzt sind. Eine Steigerung in Zukunft ist zu erwarten. „Wir müssen unsere Nutzung des Rohstoffes Holz generell überdenken“, so Johannes Zahnen, Umweltingenieur beim WWF Deutschland. „Vor allem aber müssen wir Hand in Hand endlich wirksam gegen die für uns alle verheerende Kriminalität in unseren Wäldern vorgehen.” Die Umweltkriminalität ist in den letzten Jahren rasant angestiegen und gehört inzwischen zu den größten Kriminalitätsbereichen überhaupt.

Zurück ins Labor von Holzdetektiv Zahnen: Ein Etikettenschwindel - also die Falschdeklaration von Hölzern wie zum Beispiel bei Jysk - legt den Verdacht auf illegale Quellen nahe, noch bevor man genauer weiß, woher das Holz stammt. Doch auch das lässt sich dank Johannes Zahnen inzwischen herausfinden. Gemeinsam mit seinem Team und unterstützt durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) initiierte er die Weiterentwicklung einer forensischen Methode: Anhand unterschiedlicher Atomgewichte, den sogenannten Isotopen, kann man nun den Herkunftsort eines Holzes bestimmen und eine falsche Deklaration eindeutig überführen.

Die Entwicklung dieser neuartigen Methode zur Analyse von Holz ist ein großer Erfolg für den WWF und könnte den Durchbruch bedeuten in der Verfolgung und Bekämpfung illegaler Entwaldung. Aktuell entwickelt die EU dazu eine neue Verordnung. Doch nach wie vor wird sowohl von staatlichen Kontrollstellen als auch vom Handel die Herkunft des Holzes viel zu wenig hinterfragt. Es gibt fast keine Strafverfolgung in diesem Bereich – weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene - und wenn es Strafen gibt, sind diese nach Einschätzung des WWF lächerlich gering.

Die Rückverfolgung verwendeter Hölzer muss systematisch Einzug halten in behördliche Kontrollen und länderübergreifend in strafrechtlichen Konsequenzen münden. Umweltgesetze müssen endlich ernsthaft umgesetzt werden. Strafen müssen im Gegensatz zur bisherigen Praxis auch eine abschreckende Wirkung haben. Und die personellen Ressourcen bei den Kriminalämtern, der Polizei, den Umweltstaatsanwaltschaften und bei der Unterstützung internationaler Organisationen wie Europol und Interpol müssen dringend erhöht werden.

Ein wichtiger Schritt ist das 2019 gestartete Projekt „EU Forest Crime Initiative“, das die praktischen Erfahrungen und Entwicklungen des WWF mit den Kompetenzen der internationalen kriminalpolizeilichen Organisation Interpol bündelt.

Für den Handel bedeutet die Isotopenanalyse von Holz nicht nur neuen Druck, sondern auch neue Möglichkeiten in der Rückverfolgung der eigenen Lieferketten. Weltweit müssen wir Menschen außerdem unseren immer noch stetig wachsenden Bedarf nach Holz weiter einschränken und die legale Entnahme von Holz überprüfbar nachhaltig gestalten.