Allein im Umfeld des Siana-Schutzgebietes wurden in diesem Jahr fünfzehn Giraffen verloren, direkt im Siana-Schutzgebiet dagegen keine einizige aufgrund der Arbeit der Ranger:innen. Fünf der Tiere starben, weil sie über Zäune stolperten und sich im Draht verfingen, die anderen starben durch die Hand von Wilderer. Zäune, Konflikte und Wilderei sind in der Region zu einem sehr ernsten Problem geworden und haben enorme negative Auswirkungen auf Giraffen, Elefanten und andere Wildtiere.
Die Ranger:innen der NGO Elephant Aware werden oft mit tragischen Ereignissen konfrontiert: Verletzte Tiere, erbarmungslose Wilderei und verzweifelte Menschen, die irgendwie versuchen, sich und ihr Vieh, das für sie überlebenswichtig ist, vor Zwischenfällen mit Wildtieren zu schützen. Und doch gibt es auch die schönen Momente. Zum Beispiel, wenn Ranger:innen Menschen helfen und verwundete Tiere retten können – oder sogar die Geburt einer Giraffe miterleben.
Während einer routinemäßigen Patrouille Anfang November 2022 wurden Will Cowell, Leiter der Feldarbeit von Elephant Aware, und sein Team Zeugen von etwas ganz Besonderem: Die Ranger:innen entdeckten eine Giraffenherde, und eines der Weibchen war kurz davor, ein Junges zur Welt zu bringen. „Die Giraffen waren von einigen Schafen, Ziegen und auch Hirten umgeben und wir merkten schnell, dass die werdende Mutter deshalb sehr unruhig war“, berichtet Will.
Das Team von Elephant Aware handelte schnell und bat die Hirten, mit ihrem Vieh weiter zu ziehen, damit die Giraffe in Ruhe gebären konnte. Kurz darauf brachte die Giraffe ein Kälbchen zur Welt. „Unser Team ist den ganzen Nachmittag geblieben, um sicherzustellen, dass sowohl Mutter als auch das Kalb in dieser für das Jungtier gefährlichen Zeit in Sicherheit waren.
Aufgrund der anhaltenden Dürre sind die Wildtiere ständig auf der Suche nach Wasser und Nahrung. So kommen sie immer häufiger in die Nähe von Menschen und ihren Tieren, zum Beispiel an Wasserstellen. „Die Giraffen stehen vor vielen Herausforderungen“, schreibt Elizabeth Cowell, Mitbegründerin von Elephant Aware, im aktuellen Jahresbericht der NGO. „Wir sind dankbar, dass Will und unsere Ranger:innen vor Ort waren und der Mutter dabei geholfen haben, die kleine Giraffe auf die Welt zu bringen.
Eine große Herde, tragische Verluste
Schon im Sommer 2022 hatten die Ranger:innen von Elephant Aware ein eindrucksvolles Erlebnis mit Giraffen: Während einer Patrouille trafen sie auf eine Giraffenherde und zählten mehr als 70 Tiere! Ein atemberaubender Anblick für die Ranger:innen. „In diesem Teil des Landes gibt es eine sehr gesunde und äußerst wichtige Population von Masai-Giraffen“, heißt es im Jahresbericht. „Doch wie in anderen Teilen des Landes sind auch hier die Wilderei und der Verlust von Lebensraum eine große Bedrohung für die Giraffen. Seit Beginn der Pandemie haben wir leider einige Giraffen an Wilderei verloren. Sie töten die Giraffen für den illegalen Handel mit ihrem Fleisch.“
Im Einsatz für verletzte Giraffen
Doch Aufgeben ist keine Option für die Ranger:innen von Elephant Aware. Tag für Tag sind sie auf Patrouille durch die Schutzgebiete der Mara und im Einsatz für den Schutz der Wildtiere. Immer wieder stoßen sie dabei auch auf verletzte Tiere. So zum Beispiel Mitte Juni 2022, als das Team bei einer Kontrollfahrt einen verletzten Giraffenbullen fand. Er hatte eine tiefe Wunde an der rechten Schulter, vermutlich verursacht durch einen Speer.
Die Ranger:innen riefen sofort den Tiermediziner Dr. Njoroge und sein Team von der Mara Vet Unit, um den Giraffenbullen zu behandeln. Er wurde sediert, die Wunde gespült und gereinigt und einige Zeit später stand er wieder auf. „Die Prognose war gut, doch leider starb das Tier zwei Tage später, vermutlich an einer Sepsis“, schreibt Elizabeth Cowell im Jahresbericht von Elephant Aware. Auch dieser Giraffenbulle war das Opfer von Buschfleisch-Wilderern.
Zäune gefährden Wildtiere
Doch nicht nur Wilderer werden zur Gefahr für Giraffen und andere Wildtiere. Immer häufiger passieren Wildtiere auf der Suche nach Wasser die Siedlungen von Menschen. Zäune, aber auch künstlich angelegte Gruben (z. B. Latrinen-Gruben, in die flüchtende Tiere stürzen können) werden dabei für viele Wildtiere zur tödlichen Gefahr.
„Die Zahl der verendeten Giraffen ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen“, heißt es im Jahresbericht von Elephant Aware. „Ein Faktor, der zu diesem besorgniserregenden Trend beiträgt, ist die große Zahl an Zäunen, die in den letzten Jahren in diesem Gebiet errichtet wurden. Die Giraffen stolpern darüber und verheddern sich im Draht.“
So erging es auch einer jungen Giraffe, die Anfang Dezember von Dorfbewohner:innen entdeckt wurde. Sie hatte sich mit dem Fuß an einem Zaun eingeklemmt und war gestürzt. Die Menschen riefen das Team von Elephant Aware zu Hilfe. Die Ranger:innen arbeiten eng mit der lokalen Bevölkerung zusammen und helfen auch in solchen Situationen. Gemeinsam mit einigen Dorfbewohner:innen gelang es den Ranger:innen, die Giraffe zu befreien, sodass sie schließlich wieder zu ihrer Herde zurückkehren konnte.
Wichtige Arbeit mit den Menschen
Die Konfliktvermeidung oder die Vermittlung bei Konflikten macht einen Großteil der Arbeit der Ranger:innen von Elephant Aware aus. Dazu gehört es auch, den Menschen zu helfen, wenn sie verletzte Tiere entdecken oder Elefanten die Felder plündern. Die Ranger:innen stärken außerdem das Bewusstsein der Menschen, um die Wilderei zu stoppen und den illegalen Handel mit Buschfleisch zu unterbinden. All das tun sie zum Schutz dieser wichtigen Giraffenpopulation und zum Schutz der anderen Wildtiere in der einzigartigen Naturregion der Mara.
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