Sie liegen versteckt auf dem Boden, gut getarnt zwischen Laub und Ästen und bedeuten für viele Wildtierarten einen grausamen Tod: rostige Schlingen aus Draht, nur für das geübte Auge zu entdecken. Tag für Tag durchstreifen Wildhüter:innen die Wälder Südostasiens – auf der Suche nach Schlingfallen. Es ist ein mühsames und teures Unterfangen, doch es lohnt sich! In einigen Schutzgebieten in Vietnam ist die Schlingfallenwilderei dadurch um fast 40 Prozent zurückgegangen. Das Ergebnis ist auch für andere Länder in der Region wichtig. Eine Trendumkehr der Wilderei ist möglich!

Die Schlingfallen-Krise kostet nicht nur Millionen Tieren das Leben, sie fegt auch die Wälder leer und bedroht die Gesundheit der Menschen. Hoffnung machen die Ergebnisse aus elf Jahren erfolgreicher Fallenentfernung in einem Hotspot der Artenvielfalt in Zentral-Vietnam. Durchschnittlich 30 Fallen pro Tag entfernen Wildhüter:innen dort bei ihren Patrouillen. 

Über 700 Säugetierarten von Wilderei betroffen

Gesammelte Schlingfallen in Kambodscha © Ranjan Ramchandani / WWF
Gesammelte Schlingfallen in Kambodscha © Ranjan Ramchandani / WWF

Die einfachen Fallen aus Draht, Kabeln, Seilen oder Nylon-Schnüren, mit denen die Wilderer tagtäglich auf Beutezug gehen, sind billig und leicht auszulegen – mit meist tödlicher Wirkung für extrem viele wildlebende Tiere.

Allein in den Schutzgebieten von Laos, Kambodscha und Vietnam liegt die Gesamtzahl der ausgelegten Fallen bei schätzungsweise 13 Millionen.

In den Fallen landen meist kleine und mittelgroße Säugetiere wie Schuppentiere, Affen oder Wildschweine. Aber auch Bären, Elefanten und Tiger treten in die größeren Fallen und verletzen sich so stark, dass sie meist jämmerlich verenden. Insgesamt sind mehr als 700 Säugetierarten in Südostasien betroffen, zwölf Arten sogar vom Aussterben bedroht.

Elf Jahre harte Arbeit in Vietnam

Tropische Laubbäume mit geschlossenem Kronendach, zerklüftetes Gelände und Höhenunterschiede zwischen 90 und fast 1.500 Metern prägen die zusammenhängenden Wälder der beiden Saola-Naturschutzreservate in Zentral-Vietnam.

Seit 2011 entfernen Patrouillenteams, die vom WWF geschult und ausgestattet werden, hier Schlingfallen. Zu Fuß kämpfen sie sich durch das schwierige Gelände und übernachten in Camps in den Wäldern. Ihre Arbeit ist von enormem Erfolg gekrönt. Die Auswertung der gesammelten Schlingen in insgesamt elf Jahren ergibt einen signifikanten Rückgang ausgelegter Fallen um fast 40 Prozent im Laufe der Zeit.

Die beiden Schutzgebiete wurden auf Initiative des WWF erst vor einigen Jahren ausgewiesen. Hier leben außerordentlich viele endemische, seltene und bedrohte Arten wie vermutlich das namensgebende Saola-Waldrind, das erstmals in den 1990er Jahren wissenschaftlich entdeckt wurde.

Erfolgreicher Rückgang der Schlingfallen

Schlingfalle in einem Naturschutzgebiet in Vietnam © Denise Stilley / WWF-Vietnam
Schlingfallen wie diese werden von den Ranger:innen entfernt © Denise Stilley / WWF-Vietnam

In den Schutzgebieten ist die Jagd zwar illegal, aber dennoch weit verbreitet. Die Hauptfangmethode sind ausgelegte Drahtschlingen. Der Rückgang ist wahrscheinlich vor allem darauf zurückzuführen, dass sich das Fallenstellen weniger lohnt, wenn diese immer wieder eingesammelt werden.

Die Angst vor einer Anklage wegen Wilderei ist in Vietnam eher gering. Zu unwegsam und unübersichtlich ist das Gelände, als dass ein Wilderer auf frischer Tat ertappt werden könnte.

Die Erfolgsergebnisse der Studie lassen sich auf andere tropische Schutzgebiete übertragen. Doch dies bedarf gut ausgebildeter und motivierter Patrouillenteams, ausreichender Finanzierung und eines langen Atems.

Patrouillen auch in Kambodscha

In Kambodscha haben Wildhüter:innen, die mit Unterstützung des WWF ausgebildet wurden, in neun Jahren über 230.000 Fallen in fünf Schutzgebieten entdeckt und entfernt. Das ist eine beeindruckende Zahl und die Ranger:innen konnten dadurch den Tod zahlreicher Wildtiere verhindern. Auch in den Wildschutzgebieten Srepok und Phnom Prich der kambodschanischen Eastern Plains wird in einem WWF-Projekt die Wilderei zurückgedrängt und es werden Ranger:innen für regelmäßige Patrouillen ausgebildet.

Wir müssen mehr tun

Trotz aller Erfolge grassiert die Schlingfallen-Wilderei jedoch weiterhin in Südostatsien. Studien gehen davon aus, dass bei Patrouillen durch unwegsames Gelände weniger als 30 Prozent der tatsächlich ausgelegten Fallen gefunden werden. In Kambodscha ist die Schlingfallen-Krise damit auf einem traurigen Höhepunkt angelangt, wie ein WWF-Bericht von Januar 2022 zeigt.

Wir müssen die Patrouillen gerade in abgelegenen, schwer zugänglichen Gebieten dringend verstärken. Wir können diese Einsätze mit Hilfe von KI heute weiter optimieren. Vor allem aber müssen wir die Ursachen der Schlingfallenwilderei bekämpfen. Denn regelmäßige Patrouillen sind kostenintensiv und müssen dauerhaft durchgeführt werden, um wirksam zu bleiben.

Die Ursachen der Schlingfallen-Wilderei bekämpfen

Wildtiermarkt in Laos © E. John / TRAFFIC
Wildtiermarkt in Laos © E. John / TRAFFIC

Große Hoffnung liegt auf einer landesweiten Kampagne, die das Umweltministerium Kambodschas gemeinsam mit dem WWF und weiteren Partnern im März 2022 startet. Die Kampagne klärt die Bevölkerung über Gefahren und Folgen der Wilderei auf, mindert so die Nachfrage nach Wildfleisch und damit auch die Zahl der ausgelegten Fallen.

In Vietnam arbeitet der WWF mit den Naturschutzbehörden verschiedener Städte zusammen und erwirkt die Strafandrohung oder gar Schließung von Restaurants, in denen illegal Buschfleisch verkauft wird. Wir informieren außerdem auch hier die lokale Bevölkerung über mögliche negative Folgen des Konsums von Buschfleisch für die eigene Gesundheit sowie für die Umwelt. Die Projektarbeit vor Ort zeigt Erfolg: Die Nachfrage nach Fleisch von Wildtieren ging im letzten Jahr bereits um mehr als 15 Prozent zurück.

Wilderei für Verzehr und illegalen Tierhandel

Die Nachfrage nach Buschfleisch ist hoch in Südostasien und so dienen viele der Schlingfallen dem kommerziellen, illegalen Handel. Darüber hinaus dient die Wilderei auch der Selbstversorgung. Doch Schlingfallen sind nicht wählerisch. Sie töten zufällig und treffen viele Arten, die gar nicht das ursprüngliche Ziel der Wilderei waren. Häufig leiden die Tiere tagelang, bevor sie ihren Verletzungen erliegen. Gelingt es einem Tier doch, aus solch einer Falle zu entkommen, stirbt es meist wenig später an den schweren Verletzungen oder Infektionen. Das Ergebnis sind mit der Zeit so genannte „empty forests“ – leere Wälder.

„Die Fallen töten und verstümmeln wahllos jedes Wildtier, das in sie tritt.”

Kathrin Samson, Vorständin beim WWF Deutschland

„Leere Wälder“ durch Schlingfallen

Schlingfallen sind eine der Hauptursachen für den massiven Rückgang der Wildtierbestände in den Wäldern Südostasiens und haben bereits zum Aussterben vieler größerer Wirbeltiere in den Gebieten geführt. 113 Säugetierarten sind in Südostasien vom Aussterben bedroht. Zum Vergleich: In Afrika sind es 91, in Lateinamerika 32 und 61 in den übrigen asiatischen Ländern.

Das Phänomen der „leeren Wälder“ beschreibt auf den ersten Blick gesund wirkende Wälder, in denen aufgrund menschlichen Eingreifens jedoch die großen Säugetiere und andere wichtige Tierarten fehlen. Die Flora scheint gesund, doch die Fauna fehlt. Das hat tiefgreifende Konsequenzen für den Zustand des gesamten Ökosystems. Denn die Tiere leben nicht nur vom Wald, sie übernehmen dort auch wichtige Aufgaben. Sie verbreiten Pflanzensamen und sind die Baumeister des Waldes.

Sambar-Hirsch in einer Schlingfalle © WWF-Malaysia / Lau Ching Fong
Sambar-Hirsch in einer Schlingfalle © WWF-Malaysia / Lau Ching Fong

Der Kot von Boden-bewohnenden Primaten, wie zum Beispiel Stummelschwanz-Makaken, enthält zwischen 60 und 80 Prozent Samen. Fehlen die Primaten, können die Frucht-tragenden Bäume sich nicht mehr ausreichend ausbreiten. 

Große Huftiere, die die Wälder beweiden, sich in ihnen bewegen und Suhlen anlegen, tragen ebenfalls entscheidend zur Vielfalt der Lebensräume bei. Mit ihren Suhlen schaffen sie Süßwasserbecken, die Lebensraum und Nahrungsquelle für seltene Vogelarten sind.

Verzehr von Wildfleisch als fatales Statussymbol

Angetrieben wird die Krise zum großen Teil durch die Nachfrage nach Wildfleisch in städtischen Gebieten Asiens. Dabei sind es vor allem Menschen aus der Mittel- und Oberschicht, die Wildfleisch konsumieren – als Delikatesse oder als Statussymbol. Statistisch gesehen essen die Menschen in Vietnam – dem Land mit der größten Nachfrage nach Wildfleisch in der Region – einmal pro Jahr Fleisch von Wildtieren. Bei einer Bevölkerung von fast 100 Millionen Menschen alleine in Vietnam hat dies weitreichende Wirkungen auf die Wildtierpopulationen.

Dadurch haben Schlingfallen auch einen ganz unmittelbaren Einfluss auf den Menschen – mit Auswirkungen weit über die Region hinaus: Sie erhöhen den engen Kontakt zwischen Menschen und Wildtieren und somit die Wahrscheinlichkeit des Überspringens von gefährlichen Krankheitserregern auf den Menschen. 

Schlingfallen fördern Zoonosen

Aufgriff gewilderter malaiischer Schuppentiere auf dem Conghua-Markt in Guangdong / China © Xiao Shibai / Wild Wonders of China / WWF
Aufgriff gewilderter malaiischer Schuppentiere auf dem Conghua-Markt in Guangdong / China © Xiao Shibai / Wild Wonders of China / WWF

Zoonosen sind Krankheiten, die von Wirbeltieren auf Menschen übertragen werden. Die möglichen Übertragungswege bei gewilderten Tieren sind vielfältig: Der Jäger holt das getötete Tier aus der Falle, dabei können über das Blut Infektionen übertragen werden. Über Mittelsmänner gelangt das verendete Tier auf verschiedenen Transportwegen zum Wildtiermarkt. Dort kommt es mit anderen Wild- oder Nutztieren in Berührung und kann auch diese anstecken.

Wieder andere Menschen bringen das Tier in ein Restaurant oder schlachten es, bis es am Ende schließlich auf dem Teller landet. Tatsächlich haben Forscher:innen viele der Tierarten, auf die Schlingfallen abzielen, als potenzielle Überträger von Zoonosen identifiziert, darunter Wildschweine, Schleichkatzen und Schuppentiere.

Schlingfallen bedrohen die letzten Tiger

Fallenstellen hat wesentlich dazu beigetragen, dass Tiger in Vietnam, Laos und Kambodscha seit 2014 als ausgestorben gelten: Diese traurige Konsequenz hat ein Bericht des WWF ans Licht gebracht. Für die verbleibenden wildlebenden Tiger in anderen südostasiatischen Ländern stellt die Wilderei mit Schlingfallen eine ernstzunehmende Bedrohung dar.

Tiger wird aus einer Schlingfalle gerettet © WWF-Malaysia / Lau Ching Fong
Tiger wird aus einer Schlingfalle gerettet © WWF-Malaysia / Lau Ching Fong

Tiger und deren Beutetiere haben keine Chance, wenn sich die südostasiatischen Regierungen nicht verstärkt gegen die Schlingfallen-Krise einsetzen.

Eine der wichtigsten verbliebenen Tigerlandschaften Südostasiens, Belum-Temengor in Malaysia, erlebte im Zeitraum 2009 bis 2018 einen 50-prozentigen Rückgang der Tigerzahlen, was vor allem auf die weit verbreitete Nutzung von Schlingfallen zurückzuführen ist.

Vielseitiger Ansatz für lebendige Wälder

Das Entfernen der Schlingfallen durch Patrouillen kann vor allem eines: Für viele bedrohte Tierarten Zeit gewinnen! Doch nur in Kombination mit verschiedenen Maßnahmen können wir der grassierenden Schlingfallenwilderei in Südostasien nachhaltig etwas entgegensetzen. Dazu gehören eine schärfere Gesetzgebung und bessere Strafverfolgung, Aufklärung bezüglich der Nachfrage als auch der Folgen von Wilderei – und bessere Einkommensmöglichkeiten für die Bevölkerung, damit niemand mehr auf Wilderei angewiesen ist.

Unterstützen Sie die Arbeit des WWF

  • Dawei Road © WWF - Myanmar / Hkun Lat Mekong-Region

    Der Mekong ist mit etwa 4.500 Kilometern Länge der zehntgrößte Fluss der Welt und seine Artenvielfalt ist fast so gewaltig wie die des Amazonas. Weiterlesen ...

Melden Sie sich jetzt zum Newsletter an!

Sie wollen zum Thema "Biodiversität" gern auf dem Laufenden bleiben und über Projektfortschritte und Erfolge informiert werden? Dann abonnieren Sie jetzt unseren regelmäßigen Newsletter!

Der aktivierte Wert ist ungültig. Bitte überprüfen Sie Ihre Eingabe.
Die Anfrage darf nicht maschinell verarbeitet werden.

Wir benötigen Ihre Zustimmung, um den Service zu laden!

Wir verwenden einen Service eines Drittanbieters. Bitte lesen Sie die Details durch und stimmen Sie der Nutzung des Service zu, um diese anzeigen zu lassen.

powered by Usercentrics Consent Management Platform
Hinweise zum Datenschutz bei Newsletter-Anmeldung (Hier klicken)

Nach dem Absenden der Daten senden wir Ihnen eine E-Mail, in der Sie die Anmeldung bestätigen müssen.

Ihre Einwilligung können Sie jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen. Einen formlosen Widerruf können Sie entweder über den Abmeldelink in jedem Newsletter oder durch eine E-Mail an info(at)wwf.de oder schriftlich an WWF Deutschland Reinhardstr. 18, 10117 Berlin richten. In diesem Falle wird der WWF die Sie betreffenden personenbezogenen Daten künftig nicht mehr für die Zwecke des Versands des Newsletters verarbeiten.

Wir wollen Ihnen nur Interessantes und Spannendes schicken und arbeiten ständig an der Weiterentwicklung unseres Newsletter-Angebots. Dafür möchten wir nachvollziehen, worauf Sie im Newsletter klicken und wie Sie sich auf unserer Website bewegen. Die gesammelten Daten dienen dazu, personenbezogene Nutzerprofile zu erstellen. Auf diese Weise versuchen wir, den Newsletter-Service für Sie stetig zu verbessern und noch individueller über unsere Naturschutzprojekte, Erfolge und Aktionen zu informieren. Hierbei verwenden wir verschiedene Analysetools, Cookies und Pixel, um Ihre personenbezogenen Daten zu erheben und Ihre Interessen genauer verstehen zu können. Soweit Sie sich damit einverstanden erklären zugeschnittene und personalisierte Inhalte per E-Mail zu erhalten, wird der WWF Deutschland folgende Kategorien personenbezogener Daten über Sie verarbeiten: Stammdaten, Kontakt-/Adressdaten, Verhaltensinformationen (Klicks und Öffnungen von E-Mails sowie ggf. Spendenverhalten). Wir bewahren Ihre personenbezogenen Daten so lange auf, bis Sie die Einwilligung widerrufen. In den beschriebenen Prozess werden technische Dienstleister und E-Mail Versanddienstleister involviert, mit denen ein datenschutzrechtlicher Vertrag zur Auftragsverarbeitung besteht.

Weitere Einzelheiten zur Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten finden Sie auf unserer Datenschutzerklärung