Bonobos gibt es nur in der Demokratischen Republik Kongo. Sie sind einzigartig, sanftmütig, noch am wenigsten erforscht unter den Menschenaffen – und laut Roter Liste „stark bedroht“. Im Nationalpark Salonga finden sie einen Rückzugsort. Doch nicht einmal hier sind sie ganz sicher vor der Wilderei.

Für viele Gemeinden in der Region um Salonga haben Bonobos traditionell eine besondere Bedeutung. Es heißt, sie hätten einst zu den Menschen gehört, verließen aber ihre Dörfer, weil sie verschuldet waren und sich vor ihren Kreditgebern retten mussten. „Koko“, Vorfahr, nennt man die Bonobos hier auch und sie zu jagen oder zu essen ist traditionell ein Tabu in vielen Gemeinden. Mit dem Verblassen der Traditionen jedoch werden die kleinen Menschenaffen vermehrt gewildert. Ihr Fleisch gilt besonders in den großen Städten als Delikatesse.

40 Prozent aller Bonobos leben in Salonga

Bonobos sind geringfügig kleiner als Schimpansen und gemeinsam mit ihnen unsere nächsten Verwandten. Sie leben nur in den Tieflandregenwäldern der Demokratischen Republik Kongo.

Ihr etwa 500.000 Quadratkilometer großes Verbreitungsgebiet ist rundherum durch Flüsse begrenzt. Der Kongo Fluss trennt die Bonobos dabei klar vom Lebensraum der Gorillas und Schimpansen, dasie nicht schwimmen können. Inmitten des Bonobo-Verbreitungsgebietes liegt der Nationalpark Salonga – ein dringend benötigter Rückzugsort für die bedrohte Art. Der Salonga Nationalpark beherbergt rund 40 Prozent der gesamten Bonobo-Population.

Der Kongo – ein kriegsgeplagtes Land

Jahrzehntelange Kriegswirren haben im Kongo eine arme Bevölkerung und große Zerstörung hinterlassen. Wildtiere wie die Bonobos sind Nahrung und – als begehrtes Buschfleisch – eine lockende Einkommensquelle.

Immer weiter dringen die Menschen außerdem in die Wälder vor, um sich neue Äcker und Weiden zu erschließen – die Bonobos verlieren dadurch zunehmend an Lebensraum. Und das nicht nur durch die notleidende Bevölkerung: Internationale Firmen suchen im Regenwald nach Bodenschätzen und Anbauflächen für Palmölplantagen. Im Land der Bonobos gedeihen Ölpalmen besonders gut.

Neben Wilderei und Lebensraumverlust gefährden auch Ebola und vom Menschen übertragene Infektionskrankheiten die Bestände der Bonobos.

Ganz besondere Menschenaffen

Bonobos in Luikotale © Thomas Nicolon / WWF
Bonobos in Luikotale © Thomas Nicolon / WWF

Hat eine Gruppe Bonobos eine kleine Antilope gejagt – was bei ihrer überwiegend vegetarischen Ernährung selten, aber dennoch eine Delikatesse ist – teilen die Weibchen zuerst untereinander die Beute und erst dann mit den Männchen. Denn bei den Bonobos haben die Weibchen das Sagen. Die Männchen ordnen sich unter, auch wenn sie stärker sind. Ihr Rang ist vor allem von dem ihrer Mütter abhängig. Die Weibchen pflegen enge Beziehungen untereinander und bilden in Konfliktsituationen auch schon mal Koalitionen gegen eines oder mehrere Männchen.

So können Sie helfen

Sanftmütig und tolerant

Von den Schimpansen unterscheidet die Bonobos nicht nur die Frisur, sie gelten auch als sanftmütiger, friedliebender und toleranter als andere Menschenaffenarten.

Treffen benachbarte Bonobo-Gruppen aufeinander, wirkt es wie ein zwangloses, fast schon geselliges Miteinander. Die Bonobos begrüßen sich und lausen sich gegenseitig – das sogenannte Grooming, das soziale Spannungen abbaut und Bindungen schafft. Dieses Verhalten gegenüber „Fremden“ steht im eklatanten Gegensatz zum Verhalten der Schimpansen, welche die Grenzen ihrer Streifgebiete aggressiv verteidigen.

Die Hippies unter den Primaten

Noch etwas Außergewöhnliches lässt sich bei den Bonobos beobachten: Sie haben Sex nicht nur zur Fortpflanzung. Sexuelle Handlungen sind übliches Mittel der Begrüßung, der Beziehungspflege und auch der Konfliktlösung, sowohl hetero- als auch gleichgeschlechtlich.

Das hat den Bonobos den Spitznamen „Hippie-Affe“ eingebracht. So kann es passieren, dass an ihren Territorialgrenzen die Weibchen zweier Bonobo-Gruppen aufeinander zugehen und laut kreischend in Missionarsstellung ihre Genitalien aneinander reiben. Wissenschaftler:innen bezeichnen das als „GG-Rubbing“ (Genito-genital Rubbing).

Kein Futterneid

Bonobos in Luikotale © Thomas Nicolon / WWF
Bonobos in Luikotale © Thomas Nicolon / WWF

Die große Sanftmut der Bonobos lässt sich vielleicht durch eine geringe Nahrungskonkurrenz erklären. Bonobos fressen Waldfrüchte, Samen, Blätter, Stängel, junge Triebe, Baumrinde, Pilze und Honig, manchmal auch Insekten und jagen ab und an kleinere Säugetiere.

In dem Teil des kongolesischen Regenwaldes, den sie bevölkern, gibt es reichlich krautige Vegetation, und sie finden ausreichend Nahrung. Zudem leben hier keine anderen Menschenaffen, mit denen sie darum konkurrieren müssten.

Auf ihren vielen Wanderungen während der Futtersuche verteilen Bonobos Samen aus ihrem Fell und ihrem Kot und sorgen so für eine große Pflanzenvielfalt.

Leichtes Ziel für Wilderer

Bonobos fallen auf im Regenwald: So sanftmütig sie sind, so verständigen sie sich doch durch schrille Schreie. Außerdem sind sie in großen Gruppen unterwegs. Das macht sie leider zum leichten und lohnenden Ziel für Wilderer.

Meist werden ganze Familien getötet, wobei die kleinsten Jungtiere, an ihre leblosen Mütter geklammert, oft überleben. Hochtraumatisiert werden die Bonobo-Waisenkinder als lebendes Spielzeug gehandelt und sterben für gewöhnlich früh.

Gut zu wissen

Unser genetischer Code weicht nur zu 1,3 Prozent von dem der Bonobos und Schimpansen ab, in etwa 3 Prozent der Sequenzen stimmen beide mit dem menschlichen Genom sogar stärker überein als untereinander.

Niedrige Reproduktionsrate

Bonobobaby in Luikotole in Salonga © Theo Webb / naturepl.com / WWF
Bonobobaby in Luikotole in Salonga © Theo Webb / naturepl.com / WWF

Besonders dramatisch ist die Bedrohung der Bonobos, weil sie nur selten Nachwuchs bekommen. Bonobo-Weibchen sind erst mit neun bis zwölf Jahren geschlechtsreif und bekommen für gewöhnlich im Alter von 13 bis 14 Jahren ihren ersten Nachwuchs – und dann zumeist nur ein Junges.

Dann kümmern sich die Mütter lange innig um die Aufzucht. Die Mütter teilen ihre Schlafnester mit ihren Jungen, bis sie nach rund vier bis acht Jahren den nächsten Nachwuchs erwarten. Und etwa sieben Jahre dauert es, bis ein Junges alle Kniffe kennt, um eigenständig im Regenwald zu überleben.

Letztes Refugium Salonga

Der Salonga-Nationalpark könnte das Überleben der bedrohten Bonobos sichern. Um hier ein sicheres Refugium für die Bonobos und andere Wildtiere zu schaffen, hat der WWF 2016 gemeinsam mit der kongolesischen Naturschutzbehörde die Parkverwaltung übernommen.

Der Schutz der Wälder und der in ihnen lebenden Arten ist enorm wichtig. Die lokale Bevölkerung, die oft nicht einmal um die geschützten Arten und ihre Bedrohung weiß, wird in das Schutzkonzept einbezogen und Einkommensalternativen werden geschaffen.

Die letzten Rätsel

Würde man durch den Salonga-Nationalpark wandern, bekäme man die scheuen Bonobos kaum zu Gesicht. Aber anhand von Spuren, Nestern und mit Hilfe von Kamerafallen kann man viel über ihre Verhaltensweisen und Verbreitung herausfinden.

Bonobo-Forschung hilft, die faszinierenden Menschenaffen in Zukunft besser zu schützen. Denn über die Bonobos und ihr Verhalten, ihre Gewohnheiten und Verbreitung weiß man bisher viel weniger als über andere Menschenaffenarten.

Zukunft für die Bonobos

Bonobo © Karine Aigner / WWF-US
Bonobo © Karine Aigner / WWF-US

In einem Waldstück etwas außerhalb des Salonga-Nationalparks werden heute Bonobos an die Anwesenheit von Menschen gewöhnt – allerdings nur für Forschungszwecke.

In Zukunft möchte der Park auch eine Bonobogruppe für Touristen zugänglich machen. Durch einen verantwortungsvollen Ökotourismus können sich für die Bevölkerung neue Einkommensquellen erschließen und so ein Bonobo lebend mehr wert sein als eine Jagdbeute auf dem Buschfleischmarkt.

Langfristig können wir diese einzigartigen Wesen nur erhalten und mehr über ihre Lebensweise erfahren, wenn die lokale Bevölkerung in ihren Schutz einbezogen wird und wir lokale Traditionen stärken.

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