Durch die Corona-Krise haben viele Menschen Arbeit und Einkommen verloren. Immer tiefer dringen sie im Kampf ums Überleben in die Wälder ein. In der Folge verloren bereits acht Menschen ihr Leben bei Tigerangriffen. Eine Gefahr auch für die Tiger, die daraufhin oft getötet werden. Nepal – einst Vorreiter gelungenen Naturschutzes – steckt aktuell tief in der Krise.
Sechs Jahre lang sind im Chitwan Nationalpark in Nepal keine Nashörner mehr gewildert worden. Nun fielen in nur acht Wochen zwei ausgewachsene Tiere und ein Kalb der Wilderei zum Opfer. Die Not ist groß in der Terai Arc Region am Fuße des Himalajas.
Atemberaubende Landschaft – viele bedrohte Arten
Über den gesamten Süden Nepals bis nach Indien erstrecken sich die fruchtbaren Ausläufer des Himalajas. Hier leben noch wilde Asiatische Elefanten und die gefährdeten Panzernashörner.
Die abwechslungsreiche Landschaft beherbergt eine der weltweit höchsten Dichten der seltenen Bengal-Tiger. Außerdem Schwarzstörche, Saruskraniche, Schuppentiere, Flussdelfine und viele weitere bedrohte Arten.
Corona entzieht Lebensgrundlage
Insgesamt 14 Schutzgebiete sollen die unglaublichen Werte der Natur Terai Arcs bewahren. Gleichzeitig gehört die Bevölkerung zu den ärmsten Menschen der Welt. Ökotourismus-Projekte haben den Bewohner:innen der ländlichen Gemeinden ein zuverlässiges Einkommen verschafft und dem Schutz der fragilen Region neue Bedeutung gegeben. Doch mit Beginn der Corona-Pandemie stand der Tourismus von einem Tag auf den anderen still, die Einnahmen blieben aus.
Ende einer Erfolgsgeschichte?
Als einem der wenigen Länder überhaupt ist es Nepal bereits fast gelungen, wozu sich alle Tigerstaaten verpflichtet haben: Die Verdopplung der Tigerzahlen bis 2022.
Der Chitwan-Nationalpark im Herzen Terai Arcs war außerdem der einzige Nationalpark weltweit, der über viele Jahre das Null-Wilderei-Ziel auf Nashörner erreichte und mehrfach dafür ausgezeichnet wurde. Naturschutzerfolge, die nicht selbstverständlich sind, große Hoffnung auf mehr machten und nun innerhalb kürzester Zeit zu zerbrechen drohen.
Plünderung der Wälder
Die verzweifelte Lage der lokalen Gemeinden hat dramatische Auswirkungen. Ihre Armut treibt die Menschen in den Wald, um Feuerholz zu sammeln oder Nahrung zu suchen. Dabei werden nicht nur die Wälder geplündert. Mensch und Wildtier kommen sich auch gefährlich nahe. Die Tiger, die innerhalb weniger Wochen sechs Menschen in Terai Arc anfielen, waren beim Fressen ihrer Beute überrascht worden. Der WWF hilft in solchen Fällen mit Entschädigungszahlungen – um seine Unterstützung auszudrücken, aber auch um zu verhindern, dass die Tiger aus Wut, Trauer oder Rache gejagt und getötet werden.
Schüsse im Schutzgebiet
Die Schüsse aus dem Chitwan-Nationalpark waren kilometerweit zu hören und hatten die Wildhüter aufhorchen lassen. Doch es dauerte einige Wochen, bis sie in der undurchdringlichen Wildnis des Schutzgebietes den alarmierenden Grund dafür fanden: Die Kadaver einer Nashornmutter und ihres neu geborenen Kalbes. Es fehlte das Horn. Im gleichen Gebiet entdeckten die Wildhüter ein weiteres gewildertes Nashorn. Rhinozeros-Hörner erzielen auf dem Schwarzmarkt sehr hohe Preise. Ein verlockender Ausweg aus der Armut, selbst wenn der Wilderer nur einen Bruchteil davon erhält.
Aber es sind nicht nur die aufsehenerregenden Wilderei-Fälle, die die Artenvielfalt in Terai Arc bedrohen. Um sich mit lebenswichtigen Proteinen zu versorgen, jagen die Menschen Antilopen, Hirsche und anderes Wild und nehmen so Tigern ihre Beute.
Wege aus der Not
Die Menschen in Terai Arc brauchen Hilfe. Nur wenn sie Unterstützung erhalten, kann der WWF gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung an die Naturschutzerfolge der letzten Jahre anknüpfen und Schlimmeres verhindern. Die Menschen benötigen alternative Einkommensquellen zum Raubbau an der Natur und Tourismus, wie etwa nachhaltige Landwirtschaftsprojekte und neue Zugänge zu lokalen Märkten oder Beschäftigung im Naturschutz als Community Scout, um ihre Lebensgrundlage zu sichern. Sie benötigen Biogasanlagen, um den Bedarf an Feuerholz zu senken.
Natur und Arten müssen verstärkt geschützt werden – gerade in Zeiten von Corona – und das gelingt nur, wenn wir der Bevölkerung vor Ort in Notzeiten wie jetzt helfen.
Update: Vielen Dank für die großartige Unterstützung
Viele Menschen sind durch die Ausbreitung des Covid-19-Virus in existenzielle Not geraten. Und sehr viele WWF-Unterstützer:innen haben geholfen. Herzlichen Dank an alle! Mit Ihrer Spende haben Sie zahlreiche Communities in den WWF-Projektgebieten weltweit unterstützt und dafür gesorgt, dass jahrzehntelange Naturschutzarbeit zusammen mit den Menschen dort nicht durch Corona zunichte gemacht wurde. Der WWF setzt sich dafür ein, dass zukünftige Pandemien verhindert werden. Arten- und Naturschutzarbeit schützt vor Zoonosen.
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