Tiger gehören zu den majestätischsten Tieren unserer Erde – und zu den am stärksten bedrohten Arten überhaupt. Gleichzeitig sind Tiger aber das beste Beispiel dafür, welche enorme Wirkung Schutzmaßnahmen haben können.

Innerhalb eines Jahrhunderts waren ihre Bestände um fast 97 Prozent eingebrochen, von etwa 100.000 Tigern auf nur noch 3.200 Tiere weltweit im Jahr 2009. Dieser alarmierende Tiefstand gab den Startschuss für eine der umfassendsten und erfolgreichsten Erhaltungsanstrengungen in der Geschichte des Umweltschutzes. Bis heute sind die Tigerzahlen nicht nur stabil, sondern konnten sich in einigen Ländern deutlich erholen!

November 2024: 40 Prozent mehr Tiger

Tiger Portrait © Ola Jennersten / WWF-Sweden
Tiger Portrait © Ola Jennersten / WWF-Sweden

Zu verdanken ist der Erfolg beim Tigerschutz auch einem Programm, durch das seit zehn Jahren wichtige Lebensräume geschützt, Wälder wieder aufgeforstet, Schutzgebiete eingerichtet und gemanagt, die Wilderei bekämpft und die Lebensgrundlagen der Menschen vor Ort verbessert werden. Der WWF ist Teil dieses Programms. Es erstreckt sich über die sechs Tigerländer Bangladesch, Bhutan, Indien, Indonesien, Myanmar und Nepal und wird von der Internationalen Naturschutz Union IUCN geleitet.

Die Ergebnisse nach zehn Jahren unerschütterlichem Engagement und strategischer Planung können sich sehen lassen:

  • Heute gibt es wieder etwa 40 Prozent mehr Tiger als noch 2015.
  • Mehr als 10.500 Hektar Lebensraum wurde wiederhergestellt und über 500.000 Bäume gepflanzt.
  • Über 10.000 Menschen wurden geschult, um Tiger und ihre Lebensräume zu schützen.
  • Insgesamt 44 Schutzgebiete mit einer Fläche von mehr als 69.000 Quadratkilometern wurden unterstützt.
  • Mehr als 95.000 Menschen profitierten von der Entwicklung nachhaltiger Lebensgrundlagen. Über die Hälfte davon sind Frauen.

ITHCP – Tigerschutz auf allen Ebenenen

Integrated Tiger Habitat Conservation Programme (ITHCP), so der Name des Programms. Also integriertes Schutzprogramm für Tigerlebensräume. Das ITHCP hat es geschafft, dass grenzübergreifend Umweltschutzorganisationen, Regierungen und die Menschen der Tigerländer an einem Strang ziehen, um die anmutigen Raubkatzen in der Wildnis unserer Erde zu erhalten. Indigene Völker und lokale Gemeinschaften werden aktiv einbezogen, ihre Rechte in den Mittelpunkt der Schutzprojekte gestellt, Mensch-Wildtier-Konflikte reduziert und nachhaltige Agrar- und Forstpraktiken gefördert. Dies mindert den Druck auf kritische Lebensräume und stärkt das Gefühl der gemeinsamen Verantwortung für den Tigerschutz, auch über die jeweilige Projektdauer hinaus. Bis 2027 soll das ITHCP noch andauern und wird von der KfW im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gefördert. Doch während einige Tigerländer wachsende Populationen verzeichnen, ist die Lage andernorts immer noch besorgniserregend und erfordert weitere, auf die jeweilige Region angepasste Schutzmaßnahmen.

Juli 2024: Erfolgsmeldung aus Thailand

Thailand ist das erste Land in Südostasien, in dem die Bestände wildlebender Tiger wieder wachsen! Pünktlich zum Welt-Tiger-Tag am 29. Juli 2024 konnte Thailand diesen Erfolg vermelden. Die Zunahme bedeutet eine Trendwende für Tiger in Südostasien, denn die meisten Tigerpopulationen der Region sind rückläufig. In Kambodscha, Laos und Vietnam sind die Tiger in den vergangenen 25 Jahren bereits ausgestorben.

Endlich werden in Thailand junge Tiger wieder groß

Erst kürzlich war eine Tigerin mit zwei Würfen von Jungtieren zum Symbol der Hoffnung für die jahrzehntelangen Schutzbemühungen in Thailand geworden: Kamerafallen dokumentierten 2023 drei Jungtiere, die sicher aufwuchsen und schließlich ihr eigenes Revier gründeten. Monate später wurde dieselbe Tigerin mit neuem Nachwuchs gesichtet. Noch vor einigen Jahren wäre das erfolgreiche Aufwachsen von zwei aufeinanderfolgenden, großen Würfen junger Tiger durch die immense Wilderei kaum möglich gewesen.

DNA und Beutetiere

Indochina-Tiger © GettyImages / finchfocus
Indochina-Tiger © GettyImages / finchfocus

Abgesehen von der Wildereibekämpfung durch Patrouillen, welche die thailändische Regierung verstärkt hat, arbeitet der WWF an einer DNA-Datenbank für die vielen Tiger Thailands in Gefangenschaft. Denn es besteht die Gefahr, dass gewilderte Tiere für den illegalen Handel umdeklariert werden.

Wir stellen außerdem Gras- und Waldlandschaften für die wildlebenden Tiger wieder her, schützen ebenfalls die Beutetiere – und verhindern nicht zuletzt zusammen mit den Gemeinden vor Ort Konflikte zwischen Tigern und Menschen. Die neuen Zahlen aus Thailand geben Hoffnung auf die Erholung der Tiger in Südostasien. Auf diesem Erfolg können wir aufbauen, damit weiter steigende Populationen sich wieder in Gebiete ausbreiten, aus denen sie verschwunden waren.

Wie viele Tiger gibt es noch?

Die Zahl der noch in freier Wildbahn lebenden Tiger exakt anzugeben, ist schwierig. Die einzelnen Länder melden zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihre Zahlen, viele Tiger wandern grenzüberschreitend, sodass es vorkommen kann, dass sie in zwei Ländern gezählt werden. Schätzungen des Global Tiger Forum aus dem Juli 2023 zufolge gibt es weltweit etwa 5.600 freilebende Tiger – die Zahlen schwanken nach oben und unten (4.688 – 6.250), da die Tigerländer jeweils Minimum- und Maximum-Werte angeben. Keine dieser Bestanderhebungen vermag eine ganz genaue Zahl zu bestimmen. Eine traurige Vergleichszahl: Allein in den USA leben etwa 5.000 Tiger in Gefangenschaft.

Juli 2023: Jubel aus Bhutan

Fast ein Drittel mehr Tiger als noch vor acht Jahren! Das ist das hocherfreuliche Ergebnis der letzten Tiger-Zählung im Himalaja-Staat Bhutan. Die wachsende Tigerpopulation ist ein großer Erfolg für das kleine Land. Auch aus Regionen, in denen bisher keine Tiger bekannt waren, wurden Sichtungen gemeldet.

Zählung in einem besonderen Tigerland

Bhutan hält den Rekord für die weltweit höchstgelegenen Sichtungen von Tigern auf über 4.400 Metern. Die Auswertung des Bildmaterials aus mehr als tausend Kamerafallen auf fast der gesamten Fläche des gebirgigen Landes zeigt nun: Die Zahl der Tiger in Bhutan hat sich auf 131 erhöht. Das sind 27 Prozent mehr als bei der letzten Zählung 2015 mit 103 Tigern. Außerdem wurden Jungtiere oder trächtige Tigerinnen in fast allen Höhenlagen entdeckt, was darauf hindeutet, dass Bhutan ein wichtiges Ursprungsland für den Tiger-Nachwuchs der Himalaja-Region ist.

„Der Erfolg in Bhutan beweist, dass es auch einem kleinen und wirtschaftlich wenig wohlhabenden Land möglich ist, durch konsequente Naturschutzpolitik große Fortschritte zu machen."

Markus Radday, Tiger-Experte beim WWF Deutschland

Der WWF arbeitet eng mit den lokalen Gemeinden und der Regierung Bhutans zusammen – auch um Mensch-Wildtier-Konflikten vorzubeugen, die durch das dichte Zusammenleben mit den Tigern drohen.

Schutz für Menschen, Tiger und Nutzvieh

Singye Wangmo, Senior Forestry Officer in Bhutan © Simon Rawles / WWF-UK
Singye Wangmo, Senior Forestry Officer in Bhutan © Simon Rawles / WWF-UK

„Wachsende Tiger-Populationen erhöhen natürlich auch das Risiko von Begegnungen und Konflikten“, so Radday. „Wir müssen die Nöte und Sorgen der Menschen vor Ort ernst nehmen und sie unterstützen!“ Dazu gehören zum Beispiel Entschädigungen für gerissene Nutztiere, Schutzmaßnahmen für Vieh und Mensch und das Schaffen alternativer Einkommensquellen.

Derartigen kommunalen Programmen, einem stärkeren Schutz der Tigerlebensräume und einer verbesserten Strafverfolgung ist der erfreuliche Anstieg der Tigerzahlen in Bhutan zu verdanken.

April 2023: Indien zählt 3.167 Tiger

Mehr als die Hälfte aller noch verbliebenen Tiger unserer Erde leben in Indien. Das gibt dem asiatischen Land eine Schlüsselrolle für den Erhalt der stark gefährdeten Großkatzen. Ein großer Erfolg für den Artenschutz sind deshalb die Tigerzahlen, die Indien am Ostersonntag 2023 bekannt gegeben hat: Seit der letzten Zählung 2018 konnte das Land seine Tigerpopulation um 200 Tiere steigern.

Wenig Platz für wilde Tiere

Bengal-Tigerjunge © GettyImages / Brezina
Bengal-Tigerjunge © GettyImages / Brezina

Den Zählungen zufolge leben nun wieder 3.167 Tiger in Indien. Vor fünf Jahren waren es noch 2.967. Durch umfassende Schutzmaßnahmen befinden sich die indischen Tigerzahlen seit mehr als zehn Jahren in einem erfreulichen Aufwärtstrend.

Doch gerade wachsende Tigerpopulationen machen einen weiteren Ausbau der Schutzbemühungen notwendig, um Mensch-Tier Konflikte zu minimieren. In dem bevölkerungsreichen Land ist der Platz für Tiger begrenzt, zudem schwinden ihre Lebensräume weiter. „In den Schutzgebieten ist die Zahl der Tiere ausgereizt. Nahrung und Reviergröße stoßen an ihre Grenzen“, so Markus Radday, Tigerexperte beim WWF Deutschland.

Friedliches Zusammenleben lernen

Zu den wichtigsten Maßnahmen, die das Überleben der Tiger nicht nur in Indien sichern, gehört deshalb das Verhindern von Mensch-Tier-Konflikten auf vielfältige Weise. Denn kommt es zu Zusammenstößen zwischen Tigern und den Menschen vor Ort, kann dies für beide Seiten tödlich enden.

Für eine friedliche Koexistenz und Akzeptanz muss die Bevölkerung eng in die Entscheidungen des Tigerschutzes einbezogen werden und davon profitieren und je nach Situation müssen individuelle Lösungen Abhilfe schaffen. So sorgen zum Beispiel in zwei Dörfern nahe eines Tigerreservates solarbetriebene Straßenlaternen dafür, dass die Großkatzen sich nicht nähern. Die Stallhaltung von Nutztieren liefert Dung für haushaltseigene Biogas-Anlagen und schützt das Vieh besser vor möglichen Tiger-Angriffen. Die aktuellen Zahlen geben den verschiedenen Schutzmaßnahmen recht.

Hintergrund: Warum werden Tiger gezählt?

2009 war die Zahl der Tiger auf einen historischen Tiefpunkt gesunken. Nur noch 3.200 freilebende Tiger gab es, als die letzten Verbreitungsländer der asiatischen Großkatzen sich verpflichteten, ihre Tigerzahlen innerhalb der nächsten zwölf Jahre - bis zum nächsten Tigerjahr 2022 - zu verdoppeln. Seither ziehen die Tigerstaaten Bilanz und die Veröffentlichung ihrer Tigerzählungen zeigt nach und nach, ob die Schutzbemühungen Erfolg hatten.

2022: Riesiger Erfolg in Nepal - Tiger fast verdreifacht

Freiwillige Naturschützerinnen © Gary Van Wyk / The Ginkgo Agency / Whiskas / WWF-UK
Freiwillige Naturschützerinnen © Gary Van Wyk / The Ginkgo Agency / Whiskas / WWF-UK

Als erstes Tigerland veröffentlichte Nepal bereits im Juli 2022 die Ergebnisse seiner Tiger-Zählungen und konnte mit fast dreifach so vielen Tigern einen enormen Erfolg vermelden. Im Jahr 2009 gab es in dem südasiatischen Land nur noch etwa 121 wild lebende Tiger. Die Populationen waren rückläufig.

Heute leben wieder 355 der bedrohten Großkatzen in Nepal, so die Auswertung aufwendiger Zählungen. Der Anstieg von 190 Prozent ist den Schutzbemühungen der nepalesischen Regierung, der Naturschutzorganisationen und der lokalen Gemeinden zu verdanken, die seit zwölf Jahren erfolgreich an einem Strang ziehen.

Nepals Weg zum Erfolg

Abgesehen von einer wirksamen Bekämpfung der Wilderei spielt die Zusammenarbeit mit den Gemeinden in Tigerverbreitungsgebieten eine Schlüsselrolle für Nepals Schutzerfolg. Professionelle Wildhüter:innen werden von gemeindebasierten Einheiten unterstützt. Um Konflikten vorzubeugen, die durch das Zusammenleben von Menschen und Tigern entstehen, wurden Entschädigungsregelungen für getötetes Vieh eingeführt und die Abhängigkeit von Brennholz aus den Nationalparks verringert. Einnahmen aus Ökotourismusprojekten fördern die Entwicklung von Gemeinden im ganzen Land und geben den Tigern als touristischem Anziehungspunkt und Einkommensquelle eine wichtige Bedeutung.

Wie zählt man eigentlich Tiger?

Kamerafallenaufnahme eines Bengal-Tigers im Khata-Gebiet / Nepal © DoFSC / WWF Nepal
Kamerafallenaufnahme eines Bengal-Tigers im Khata-Gebiet / Nepal © DoFSC / WWF Nepal

Gleich mehrere der Tigersichtungen in Nepal wurden aus den Höhen des Himalaja-Gebirges gemeldet, zuletzt auf erstaunlichen 3165 Metern Höhe und ganze 250 Kilometer östlich des bisher bekannten Verbreitungsgebietes. Derartige Entdeckungen sind sensationell, weil sie Hinweis auf die mögliche künftige Ausdehnung der Tigerlebensräume geben. Gleichzeitig wird deutlich, wie mühsam und teilweise gefährlich es ist, Tiger zu zählen.

Kamerafallen müssen an den entlegensten, schwer zugänglichen Orten angebracht und ihre Ergebnisse über einen längeren Zeitraum ausgewertet und mit Nachbarländern verglichen werden, um Doppelzählungen zu vermeiden. Jeder Tiger lässt sich anhand seines Streifenmusters eindeutig identifizieren. Zusätzlich werden Tigerverbreitungsgebiete systematisch und in abgesteckten Abschnitten nach Tigerspuren, Kot und DNA abgesucht.

Je mehr Tiger, desto größer ihre Bedrohung

Die bisher vermeldeten neuen Tigerzahlen geben großen Anlass zur Hoffnung, dass wir auf dem richtigen Weg sind, die größte Katze der Erde vor dem Aussterben zu bewahren. Doch wachsende Tigerpopulationen bringen neue Herausforderungen mit sich.

Tiger stoßen an die Grenzen ihrer bisherigen Verbreitungsgebiete. Gleichzeitig dringt der Mensch immer weiter in die Wälder und Lebensräume der Tiger vor, Siedlungen und landwirtschaftliche Flächen dehnen sich aus. So können für beide Seiten lebensgefährliche Konflikte entstehen. Hier setzt die Arbeit des WWF an. Wildtierkorridore müssen geschaffen und geschützt werden, Mensch-Tiger-Konflikten muss vielseitig vorgebeugt, die Wilderei weiterhin bekämpft und der Bewegungsradius der Raubkatze in Infrastrukturplanungen einbezogen werden.

Die Koexistenz und das Wohlergehen der Menschen, die mit Tigern leben, müssen Ziel aller Schutzbemühungen in den verschiedenen Tigerländern sein und von den Regierungen als oberste Priorität für die Zukunft verankert werden.

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