Der Amazonasregenwald ist die Hochburg der letzten Jaguare. Über die Hälfte der verbliebenen Populationen leben in Brasilien. Doch viel mehr noch als die Wilderei bedroht die immense Zerstörung der Wälder die größte Katze Amerikas. Jaguare brauchen hunderte Quadratkilometer große Gebiete mit ausreichend Beute, um zu überleben. Die Zeit wird knapp, ihnen diese zu sichern. Eine aktuelle Studie des WWF zeigt die zehn drängendsten und wichtigsten Gebiete für den Jaguar-Schutz weltweit. Dazu gehört das Territorium der Uru-Eu-Wau-Wau, mit denen der WWF eng zusammenarbeitet.
Das Territorium der indigenen Uru-Eu-Wau-Wau ist eine der letzten Bastionen unberührten Regenwaldes im Nordwesten Brasiliens. Hier leben außergewöhnlich viele Jaguare. Gleichzeitig liegt das Gebiet an der größten Entwaldungsfront im Amazonas. Wollen wir die seltenen Jaguare auf unserer Erde erhalten, müssen wir das Territorium dringend schützen. Die Uru-Eu-Wau-Wau nutzen dafür moderne Technologie.
Jaguare brauchen Platz
Scharfkantige Bedrohung auf indigenem Land
Das Gebiet der Uru-Eu-Wau-Wau im brasilianischen Bundesstaat Rondônia ist eines der größten indigenen Territorien der Welt. Dank seiner Süßwasserquellen und reichen Artenvielfalt gilt es außerdem als eines der wichtigsten indigenen Gebiete im Amazonas. Ein ganzes Mosaik weiterer Schutzgebiete schließt sich im Westen an das Territorium an. Das verschafft den Jaguaren ausreichend Raum für eine gesunde genetische Population.
Trotzdem leben die großen Raubkatzen hier auf einer grünen Insel inmitten abgeholzter Regenwälder. Scharfkantig und unerbittlich stoßen im Nordosten große Flächen Farmlandes direkt an das Gebiet der Uru-Eu-Wau-Wau und drohen illegal immer weiter vorzudringen. Auch Holz und Gold locken auf dem indigenen Territorium und seine Grenzen sind in ständiger Gefahr.
„Früher hatten wir nur unser Wort“
Illegale Zufahrtswege, Reifenabdrücke von Lastwagen, gefällte Bäume, bereits zurecht gesägte Bretter oder auch Hochsitze zur Jagd auf Wildtiere: Immer wieder finden die Uru-Eu-Wau-Wau Spuren illegalen Eindringens in ihr Territorium. „Früher hatten wir nur unser Wort und niemand hat uns geglaubt“, erzählen sie. Heute dokumentieren sie Grad und Ort der Zerstörung per Handy-App. Der WWF hat zusammen mit der Partnerorganisation Kanindé die Entwicklung der APP unterstützt. Sie ist einfach zu bedienen, speichert Fotos, Standortdaten und Sprachnotizen und liefert später eine beweiskräftige Grundlage für Strafanzeigen. Denn vom Staat zu oft im Stich gelassen, überwachen die Indigenen inzwischen ihr Territorium selbst. Unterstützt vom WWF und mit Hilfe moderner Fernerkundungs- und Kommunikationstechnologie.
Technologie als Verbündeter im Kampf gegen die Entwaldung
Satelliten melden zeitnah Entwaldungen auf indigenem Gebiet. Drohnen liefern Bilder, Videos und GPS-Daten, ohne dass die Uru-Eu-Wau-Wau den Eindringlingen gegenübertreten müssen. Gemeinsam mit zwei indigenen Partnerorganisationen schult der WWF die Uru-Eu-Wau-Wau und andere indigene Gemeinschaften im Umgang mit der Technik und als Ranger:innen vor Ort für eine sichere Durchführung ihrer Überwachungsmissionen.
„Die Anspannung während dieser Expeditionen ist deutlich zu spüren“, so Dr. Konstantin Ochs, der das Projekt beim WWF Deutschland leitet. „Es gibt nicht mehr viele Uru-Eu-Wau-Wau und das Fortbestehen ihrer Kultur hängt vom Überleben dieser Wälder ab.“ Von Wäldern, die auch für den globalen Klimaschutz und für bedrohte Arten wie den Jaguar von großer Bedeutung sind.
Jaguare - Leben an Rand und Abgrund
Das Territorium der Uru-Eu-Wau-Wau gehört zu insgesamt acht indigenen Reservaten und zwei Schutzgebieten im brasilianischen Amazonas, die beim Jaguarschutz besondere Priorität verdienen. So das Ergebnis einer aktuellen Studie des WWF gemeinsam mit der Universität von Sao Paolo, der Universität von East Anglia und dem Chico Mendes Institut für die Erhaltung der biologischen Vielfalt unter der Fragestellung: Wo müssen wir die seltenen Jaguare zuerst schützen, um sie auf unserer Erde zu erhalten?
Die Studie zeigt, dass die Gebiete mit den höchsten Jaguar-Dichten und den größten geschätzten Populationen genau zu den Regionen gehören, die am stärksten durch menschliche Einflüsse unter Druck stehen – ganz besonders in ihren Pufferzonen. Durch die enorme Größe ihrer Streifgebiete halten sich Jaguare aber häufig auch an den Rändern von Schutzgebieten auf und sind hier ganz besonders bedroht von Bränden, Abholzung, Straßenbau, landwirtschaftlicher Ausdehnung – und daraus resultierenden Mensch-Tier-Konflikten.
Die Hoffnung liegt auf indigenem Land
„Bei aller Bedrohung sind die indigenen Völker die besten Beschützer der Amazonasregenwälder, die es gibt“, so Dr. Konstantin Ochs vom WWF Deutschland. „In den Territorien, in denen wir in unserem Projekt zur Unterstützung der indigenen Völker arbeiten, konnte die Entwaldung bereits um über 60 Prozent reduziert werden!“ Das zeigt, wie effektiv hier traditionelles Wissen und moderne Technologie miteinander verbunden werden.
Um den Jaguar und mit ihm viele weitere Arten und die Regenwälder des Amazonas zu bewahren, müssen wir die Entwaldung weiter aufhalten, Mensch-Tier-Konflikte verhindern, sichere Wildtierkorridore einrichten und starke, politische und rechtliche Rahmenbedingungen schaffen, die keinen Raum für eine Verkleinerung oder Degradierung von Schutzgebieten und indigenen Territorien lassen.
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