Brasilien will seine nationalen, geschützten Kupfergebiete ausbeuten. Das vier Millionen Hektar große Gebiet im Amazonas steht zu 70 Prozent unter Naturschutz und soll dennoch in naher Zukunft für den Bergbau geopfert werden.

Arbeitsplätze, Einkommen, Wachstum, Investitionen – die Begriffe, die der brasilianische Präsident Michel Temer gebetsmühlenartig wiederholt, sprechen eine deutliche Sprache: die der Wirtschaft. Als Präsident des fünftgrößten Staates der Erde ist die Sicherung des Wohlstands seiner Landsleute sicherlich von enormer Bedeutung. Doch mit welchen Mitteln dieser Wohlstand erreicht werden soll, darüber scheiden sich die Geister. Denn Präsident Temer scheint den wohl größten Schatz seines Landes opfern zu wollen: die Regenwälder des Amazonas.

Am 29. August 2017 hatte Präsident Michel Temer praktisch über Nacht das RENCA-Gebiet für die Vergabe von Bergbaukonzessionen freigegeben. Sein Erlass 9.142/2017 hebt das Bergbauverbot auf einer Fläche von vier Millionen Hektar auf und gibt sie zur Ausbeutung durch die Bergbauindustrie frei. Bei dem betroffenen Gebiet handelt es sich um das sogenannte „RENCA“ (Reservas Nacionales de Cobe e Asociadas, dt. "Nationales Kupferreservat Brasiliens“). Bereits unmittelbar nach der Bekanntgabe seines Dekrets traf Temer ein Sturm der Entrüstung.

Temer zieht Dekret zurück

Die heftigen Proteste scheinen Wirkung zu zeigen: Brasiliens Regierung zieht das umstrittene Dekret zur Auflösung eines großen Schutzgebiets im Amazonas-Gebiet zurück. Damit bleibt die Ausbeutung der Bodenschätze in dem Gebiet verboten.

Die Freigabe des rund 46.000 Quadratkilometer großen RENCA-Gebiets zur wirtschaftlichen Nutzung war im Land und international auf heftige Kritik gestoßen. Temer hatte den Schutzstatus des rohstoffreichen Gebiets unmittelbar nördlich des Amazonasflusses Ende August aufgelöst.

Das Energieministerium machte jedoch deutlich, dass die Debatte über RENCA "zu einem späteren Zeitpunkt" wieder aufgenommen werde. Umweltschützer:innen kritisieren, dass eine Änderung des Schutzstatus den Lebensunterhalt von Ureinwohnern und das ökologische Gleichgewicht beeinträchtigen würde.

Kupferreserve im Amazonas: Politik für die reichen Freunde

Erdrutsch durch Waldrodung am Rio Tapajòs © Adriano Gambarini / WWF-Brazil
Erdrutsch durch Waldrodung am Rio Tapajòs © Adriano Gambarini / WWF-Brazil

„Das Verhalten erinnert etwas an das eines Süchtigen“, sagt Roberto Maldonado, Südamerika-Referent beim WWF Deutschland. „Es soll das Wertvollste geopfert werden, das das Land besitzt, nur damit sich kurzfristig ein positiver Effekt einstellt, der aber schon bald wieder verflogen sein wird.“ Für Roberto Maldonado ist das Dekret ein weiterer Beweis dafür, dass die aktuelle Politik Brasiliens ausschließlich von Wirtschaftsinteressen gesteuert wird. „Dieser Klientelismus, in dem eine Hand die andere wäscht, ist eine Politik, von der wir dachten, sie hinter uns zu haben".

Mit seiner Kritik ist der Südamerika-Referent nicht allein. Journalisten und Kritiker des Dekrets sprachen von einer „Versteigerung des Tafelsilbers“, das aus Brasilien stammende Supermodel Gisele Bündchen schimpfte, Temers Politik sei eine Schande und käme dem Ausverkauf des Amazonas gleich.

Heftige Kritik an Temers Bergbauplänen

Auch auf politischer Ebene regt sich inzwischen heftiger Gegenwind für Temers Pläne. Bei seinem Besuch in Norwegen, immerhin einer der größten Investoren im Waldschutz in Brasilien, wurde er heftig kritisiert. Aber auch in Brasilien selbst wächst der Widerstand. Der Oberste Gerichtshof kassierte am 3. September 2017, also nur wenige Tage nach Erlass, das Dekret wieder mit der Begründung, dass Temer seine Kompetenzen überschritten habe.

RENCA-Bergbaupläne sollen im Parlament verhandelt werden

Nun soll die Zukunft des Nationalen Kupferreservates RENCA im Parlament ausgehandelt werden. Eine Aussicht, die Roberto Maldonado nicht sehr zuversichtlich stimmt. „Temers Regierung verfügt über eine satte Mehrheit. Sie wollen Renca offensichtlich auflösen und das können sie auch schaffen."

Hintergrund

Das Nationale Kupferreservat RENCA umfasst eine Fläche von vier Millionen Hektar. Sie erstreckt sich zwischen den Bundesstaaten Pará und Amapá. Im Jahr 1984 erließ die damalige Militärregierung einen Schutzstatus, um die Kupferreserven vor internationalen Bergbauunternehmern zu schützen. In den folgenden Jahren wurden etwa 70 Prozent von RENCA unter Naturschutz gestellt, darunter auch das größte Regenwaldschutzgebiet der Erde, der Nationalpark Tumucumaque. Vor Ort befinden sich heute weitere sechs Schutzgebiete und zwei indigene Territorien.

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