Jährlich gelangen 19 bis 23 Millionen Tonnen Plastikmüll in unsere Ozeane – mit schwerwiegenden Auswirkungen auf Ökosysteme, Tiere und Menschen. Vor allem Einwegplastik und fast ein Drittel der weltweiten Verpackungsabfälle landen jedes Jahr in der Umwelt. Plastik ist deshalb heute einer der am weitesten verbreiteten Schadstoffe auf unserem Planeten.
Die Verschmutzung unserer Umwelt durch Plastikmüll hat gigantische Ausmaße angenommen. Ungebremst droht sich die weltweite Kunststoffproduktion in den nächsten Jahrzehnten zu vervierfachen. Die erweiterte Herstellerverantwortung nimmt die Industrie in die Pflicht, sich um ihre Kunststoffe und Verpackungen zu kümmern, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Der WWF breitet das wirksame Konzept auf Entwicklungsländer aus.
Warum wir die erweiterte Herstellerverantwortung brauchen
Kein Plastik mehr in die Natur!
Der WWF hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis 2030 kein Plastik mehr in die Natur gelangt. Dafür müssen Hersteller von Konsumgütern unnötige Kunststoffe schon in der Produktion vermeiden. Viel mehr Plastik als heute muss recycelt und wiederverwendet werden. Und unvermeidbare Kunststoffe – so wie andere Materialien auch – müssen verantwortungsvoll produziert werden. Einer der wichtigsten Hebel, um all dies zu erreichen, ist die sogenannte erweiterte Herstellerverantwortung, abgekürzt EPR (Extended Producer Responsibility).
Was ist die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR)?
Für die Sicherheit und das Funktionieren ihrer Produkte sind Firmen längst vielerorts verantwortlich und geben dafür Garantien. Unter der erweiterten Herstellerverantwortung versteht man die zusätzliche Verantwortung für die Entsorgung von Verpackungen und Materialien am Ende ihrer Lebensdauer. Nach dem Verursacherprinzip sind Unternehmen also auch für ihren Müll zuständig – seien es Produzenten oder sogenannte „Inverkehrbringer“, welche Waren und ihre Verpackungen zur Nutzung bereitstellen, importieren, vertreiben oder verkaufen.
Was bringt die erweiterte Produzentenverantwortung (EPR)?
Über zwei Drittel der weltweiten Plastikproduktion wird für Verpackungen verwendet und jährlich werden es mehr. Nur mit einer Umkehrung dieses Trends und einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft kann die Kunststoffverschmutzung wirksam bekämpft werden. Doch Recycling ist teuer. Die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) macht Industrie und Marken mitverantwortlich für die Rücknahme, den Abtransport, die Sammlung, Sortierung und Entsorgung oder Wiederaufbereitung ihrer Verpackungen und Kunststoffprodukte. Zumindest die Kosten, gegebenenfalls auch die Organisation der Entsorgung werden zwischen Staat und Firmen geteilt. Dies ist auch ein großer Anreiz, schon bei der Entwicklung von Produkten auf Verpackungen, Kunststoffe und andere problematischen Stoffe soweit wie möglich zu verzichten.
Erweiterte Produzentenverantwortung: EPR in Deutschland
In Europa gilt die Extended Producer Responsibility bereits flächendeckend und wird von den Ländern in unterschiedlicher Ausgestaltung umgesetzt. In Deutschland wird die Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen mit Lizenzgebühren über Duale Systeme wie zum Beispiel den Grünen Punkt mitfinanziert: Jene Unternehmen, die Verpackungen in den Verkehr bringen, werden in die Pflicht genommen, über Lizenzentgelte Entsorgung und Recycling zu finanzieren.
Kreislaufwirtschaft darf kein Luxusgut bleiben
EPR wirkt, das zeigt das Beispiel Europa deutlich. Die Einführung der erweiterten Produzentenverantwortung hat zu einem markanten Anstieg der Sammel- und Recyclingquoten geführt. Großen Nachholbedarf haben aber immer noch Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen: Sammelsysteme fehlen, weil die Haushaltslöcher groß sind und die meisten Verpackungsabfälle einen geringen Wert haben. Offene Mülldeponien – unsortiert und ungeschützt vor Wind und Wetter – sind eine der Hauptursachen für den Plastikmüll in unseren Meeren. Insbesondere wenn die Deponien in der Nähe von Küsten, Flüssen oder in periodisch überfluteten Gebieten liegen.
WWF-Projekt: EPR auch in Entwicklungsländern
Seit 2019 treibt der WWF die Ausbreitung von EPR in Entwicklungsländern voran. Denn auch hier kann und muss die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) in Zukunft eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung einer Kreislaufwirtschaft spielen. Im Fokus stehen dabei zunächst die Vermeidung und Wiederverwertung von Verpackungen.
„In zehn Ländern in Südostasien, aber auch zum Beispiel in Kenia und Südafrika konnten wir die erweiterte Produzentenverantwortung ganz oben auf die politische Agenda bringen“, so Xin Chen, Leiterin des Projektes beim WWF Deutschland. „Nun arbeiten wir mit den Regierungen und Unternehmen in unterschiedlichen Stadien und unter ganz verschiedenen Bedingungen an der Gewährleistung einer wirksamen EPR-Politik und ihrer erfolgreichen Umsetzung.“
Mit Regierungen und Industrie gegen Berge von Verpackungsmüll
Staaten wie beispielsweise Singapur und Malaysia haben inzwischen Gesetze angekündigt, um EPR landesweit verpflichtend einzuführen. Kenia arbeitet bereits detaillierte Verordnungen aus. Der WWF berät und unterstützt die Regierungen dabei, wirksame und angemessene Regularien zu schaffen. Diese müssen jeweils gut an regionale und nationale Gegebenheiten angepasst sein – und im Einzelfall zum Beispiel auch lokale Müllsammler:innen einbeziehen. Der WWF untersucht in verschiedenen Studien Material- und Abfallströme sowie die Machbarkeit von EPR genau. Unternehmen, die Verpackungen im entsprechenden Land produzieren, nutzen oder einführen, bereiten wir auf EPR und eine sinnvolle Kreislaufwirtschaft vor.
EPR-Anforderungen müssen für alle gelten
Obwohl der WWF die Industrie ausdrücklich auffordert, auch selbst die Initiative zu ergreifen, reichen freiwillige Selbstverpflichtungen der Firmen nicht aus. Das Müllproblem wirksam angehen können nur verbindliche Systeme, die auf einem rechtlichen Rahmen basieren. Konkret bedeutet das zum Beispiel gesetzliche Verpflichtungen, Verordnungen, gegebenenfalls sogar Verbote bestimmter Stoffe und die Einführung von Gebühren – abhängig von der Recyclingfähigkeit und dem Anteil recycelter Materialien in den jeweiligen Produkten. Der Gesetzgeber muss die Einhaltung kontrollieren, Verstöße ahnden und ehrgeizige Sammel-, Recycling- und insbesondere Reduktionsziele setzen. Denn bestes Mittel gegen Abfälle ist ihre Vermeidung von vornherein durch ein sinnvolles, nachhaltiges Ökodesign.
Über Verpackungen hinaus: Welche Produkte fallen unter die EPR-Bestimmungen?
Richtig umgesetzt, ist die Extended Producer Responsibility (EPR) ein wirksames Instrument, um Plastik und Verpackungen schon in der Herstellung zu vermeiden und durch eine angemessene Entsorgung zu gewährleisten, dass sie nicht in der Umwelt landen. Aber auch die Kreislaufwirtschaft und Vermeidung problematischer Stoffe insgesamt wird durch die erweiterte Herstellerverantwortung gefördert. In Deutschland fallen unter die EPR-Bestimmungen auch Batterien und Akkus sowie elektrische und elektronische Geräte.
Die globale Plastikkrise bewältigen
Die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) hat das große Potential, die gesamte Wertschöpfungskette positiv zu beeinflussen und die Industrie zur Wiederverwertung und Wiederverwertbarkeit ihrer Produkte anzuhalten. Deshalb setzt sich der WWF weltweit für EPR-Systeme ein. Wir brauchen einen raschen Übergang zu einer globalen, funktionierenden Kreislaufwirtschaft und überall auf der Erde ein bewussteres Verbraucherverhalten, eine ressourceneffiziente Industrie und umweltfreundlich erzeugte Produkte, deren Entsorgung schon bei der Herstellung mitgedacht wird.
Weitere Informationen zu den Themen: Verpackungen und Plastik
- Circular Economy
- Plastik im Alltag vermeiden
- WWF Akademie: Verpackungen im Alltag reduzieren - so geht's!
Downloads