Gesetze für einzelne Kunststoffartikel zu erlassen, ist auf globaler Ebene kompliziert, führt nicht weit genug und öffnet viele Schlupflöcher. Als Basis für weltweit geltenden Regelungen haben wir deshalb große Produktgruppen erarbeitet und dargestellt, wie und in welchen Bereichen ihr Umweltrisiko jeweils minimiert werden kann und muss.
Wir leben in einer Welt, die sich gefährlich an Plastik gewöhnt hat. Der Plastikmüll in unseren Meeren droht, sich in den nächsten Jahren zu vervierfachen. Nun müssen wirksame Taten folgen. Etliche Plastikprodukte können und sollten sofort flächendeckend abgeschafft und verboten werden. Wir haben konkrete Vorschläge.

Plastik ist nicht gleich Plastik. Ein Einwegbecher, der nach Gebrauch weggeworfen wird, schadet der Umwelt mehr, als eine Plastikpuppe, mit der im besten Fall nicht nur ein Kind spielt. Auch in der Herstellung, Wiederverwendbarkeit und Entsorgung sind verschiedene Kunststoffe unterschiedlich umwelt- und klimaschädlich.
Der WWF fordert schnelle, weltweit einheitliche Verbote und Ausstiegsmaßnahmen für die risikoreichsten und unnötigsten Einwegplastikprodukte.
Gegen verwässerte Maßnahmen: Unsere Studien schaffen Klarheit

In zwei umfassenden Studien haben wir untersucht, welche Plastikprodukte unsere Umwelt am meisten schädigen und welche wir am wenigsten brauchen, also leicht ersetzen können. Wir machen konkrete Vorschläge für sofortige Verbote, eine schrittweise Abschaffung und die Verbesserung von Nutzung, Recycling und Entsorgung. Die WWF-Studien sollen und können die Grundlage bilden für verbindliche, weltweit geltende Maßnahmen.
Das globale Plastikproblem endlich wirksam angehen

Plastikverschmutzung ist eines der drängendsten Umweltprobleme unserer Zeit. Jährlich gelangen Millionen Tonnen Plastik in die Ozeane. Mikroplastik hat sich in der Nahrungskette verbreitet und gefährdet nicht nur Meereslebewesen, sondern auch die menschliche Gesundheit. Ohne drastische Maßnahmen wird Plastik unsere Umwelt noch jahrzehntelang belasten und irreparable Schäden anrichten.
"Wir brauchen Regeln, die in großem Maßstab wirken und für alle Länder und Unternehmen die gleichen Bedingungen schaffen“, so Heike Vesper, Geschäftsleiterin Transformation und Politik des WWF Deutschland. „Weltweite Verbote für bestimmte, besonders schädliche Kunststoffprodukte sind als Teil der Lösung unumgänglich."
„Wir brauchen Regeln, die in großem Maßstab wirken und für alle Länder und Unternehmen die gleichen Bedingungen schaffen. Weltweite Verbote für bestimmte, besonders schädliche Kunststoffprodukte sind als Teil der Lösung unumgänglich.“
Heike Vesper, Geschäftsleiterin Transformation und Politik des WWF Deutschland
Welches Plastik ist am schädlichsten? Die große WWF-Analyse

Welche Plastik-Produkte schaden unserer Umwelt am meisten – und wie misst man das? Unsere Studie bewertet die Plastikerzeugnisse der Welt nach den Eigenschaften ihres Materials, nach ihrem Verwendungszweck und vor allem danach, wie schnell, leicht und in welcher Menge das Plastik in die Umwelt gelangt und welche Schäden es dort anrichtet.
So konnten wir verschiedene Risikogruppen an Produkten ausmachen, die am drängendsten angegangen werden müssen. Dazu gehören zum Beispiel Einwegverpackungen und Mikroplastik. Schon heute schwimmen in unseren Meeren über eine Billion winzige Plastikpartikel – 500-mal mehr, als es Sterne in unserer Galaxie gibt.
Welches Plastik ist am unnötigsten?

Wir haben die Plastikprodukte außerdem danach unterteilt, wie sehr wir sie brauchen und wie kostspielig ein Ersatz wäre. Denn Plastik ist nicht lebenswichtig und in vielen Bereichen können wir sofort darauf verzichten. Zu den Produkten der Klasse 1, die problemlos kurzfristig erheblich reduziert oder ganz beseitigt werden können, gehören beispielsweise Plastikfasern in Zigarettenfiltern, Mikroplastik in Kosmetika oder Plastikbesteck. Es gibt keinen logischen Grund, warum wir Einwegplastik wie dieses noch länger weltweit im Umlauf halten sollten.
Zu den Produkten der Klasse 2, die nicht so leicht oder sofort abgeschafft werden können, gehören Kontaktlinsen, Fischernetze oder Autoreifen. Für Kunststofferzeugnisse wie diese, auf die wir nicht sofort verzichten können, beschreiben wir in unserer Studie entweder einen schrittweisen Ausstieg oder Kontrollmaßnahmen für das Recycling und eine verantwortungsvolle Nutzung und Entsorgung.
Große Risiko-Gruppen statt des Verbots einzelner Artikel
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Verpackungen
Der Verpackungssektor ist für den größten Teil der Plastikproduktion verantwortlich. 460 Millionen Tonnen Kunststoff wurden weltweit im Jahr 2019 hergestellt. Davon wurde schätzungsweise ein Drittel bis fast die Hälfte für Verpackungen verwendet.
Die WWF-Analyse unterscheidet für verschiedene Regularien zwischen Einweg- und Mehrwegverpackungen und danach, wie berührungsempfindlich das verpackte Gut ist. So kann es notwendiger sein, ein bestimmtes Lebensmittel in Plastik zu verpacken, als einen Fernseher.Plastik zum Schutz empfindlicher Lebensmittel © Andrew Kerr / WWF -
Konsumgüter
Vieles, das an unseren Stränden angeschwemmt wird oder im Meer treibt, sind kurzlebige Wegwerfartikel wie Wattestäbchen, Plastikbesteck, Feuchttücher und Windeln. Sie werden oft direkt in die Umwelt oder die Abwassersysteme entsorgt und können derzeit kaum recycelt werden.
Zur Gruppe gehören aber auch länger haltbare Kunststoffprodukte. Bei einigen von ihnen – wie Möbeln und Spielzeug – ist die Wahrscheinlichkeit der Umweltverschmutzung geringer. Andere Produkte wie Autoreifen und synthetische Textilien tragen während ihrer Lebensdauer erheblich zur Umweltverschmutzung bei, da sie Mikrofasern aus Kunststoff freisetzen.
Mikrofleecefasern aus synthetischer Fleecekleidung © Fraunhofer UMSICHT -
Branchen-Produkte
Besonders in der Fischerei und in der Landwirtschaft werden Kunststoffprodukte in und um natürliche Ökosysteme verwendet und teilweise hier sogar entsorgt. Bekannt sind die sogenannten „Geisternetze“ – weggeworfene oder verlorene Fischernetze, in denen zahlreiche Tiere unnötig qualvoll verenden. In der Landwirtschaft können Folien auf Feldern Mikropartikel freisetzen.
Kunststoffe, die in anderen Sektoren wie der Elektronik- und der Automobilindustrie verwendet werden, gelten dagegen unter Umweltgesichtspunkten momentan nicht als unmittelbare Priorität.
Schildkröte gefangen im Geisternetz © naturepl.com / Jordy Chias / WWF -
Primäres Mikroplastik
Mikroplastik und Nanoplastik bilden die am wenigsten sichtbare, aber heimtückischste Form der Kunststoffverschmutzung und gelangen leicht in die Nahrungskette. Ein Großteil der Mikroplastikverschmutzung entsteht durch den Abbau anderer Produkte wie beim Waschen synthetischer Kleidung. Doch Mikroplastik wird auch als eigenständiges Produkt hergestellt. Wir bezeichnen das als primäres Mikroplastik. Dazu gehören Mikroperlen in Zahnpasta, Hautpflege und Peelings oder Antifouling-Anstriche auf Schiffsrümpfen.
Aus einem Gesichtspeeling herausgewaschene Microbeads © Fraunhofer UMSICHT
Plastikmüll bedroht die Umwelt, die Meere und am Ende auch uns Menschen. Wenn wir so weitermachen wie bisher, wird sich die weltweite Plastikproduktion bis 2040 verdoppeln. Wir brauchen dringend wirksame, globale Lösungen!
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