Am 5. Dezember ist Welt-Boden-Tag – ein guter Anlass, um auf die Bedeutung der Böden für den Schutz des Klimas und der Biodiversität aufmerksam zu machen. Und auf deren Gefährdung durch intensive Landnutzung, Entwaldung und Flächenversiegelung.

Die Böden unserer Erde sind die Grundlage allen Lebens auf unserem Planeten. Böden regulieren den Wasserhaushalt, sie versorgen Pflanzen und Tiere mit Nährstoffen, sie speichern Kohlenstoff, filtern Wasser und die Böden stecken selbst voller Leben: In der sprichwörtlichen Handvoll Boden tummeln sich mehr Lebewesen, als es Menschen auf der Erde gibt.

Regenwürmer sind wichtig für einen gesunden Boden © BrankoBG / iStock / Getty Images
Regenwürmer sind wichtig für einen gesunden Boden © BrankoBG / iStock / Getty Images

Auf einem Quadratmeter Waldboden lassen sich zwischen 1.000 und 2.000 unterschiedliche Arten finden, in einem Gramm Ackerboden 4.000 bis 16.000 Bakterienarten. Expert:innen gehen sogar davon aus, dass die tatsächlichen Zahlen weit darüber liegen und bislang nur ein Bruchteil der Bodenlebewesen entdeckt und klassifiziert wurde. Grob wird geschätzt, dass die Böden etwa ein Viertel der globalen Biodiversität beheimaten. 

Und nicht nur die Bodenbewohner benötigen die Böden zum Überleben: 40 Prozent aller Erdbewohner:innen (Menschen und Tiere) sind direkt von Böden abhängig, entweder weil sie diese als Lebensraum nutzen oder als Brut- oder Rückzugsstätte.

Regenwürmer auf der Roten Liste

2016 ermittelte etwa das Senckenberg Museum in Frankfurt am Main, dass von 47 heimischen Regenwurmarten 16 auf der Roten Liste der bedrohten Arten stehen, 14 als sehr selten und zwei Regenwurmarten als ausgestorben oder bestandsgefährdet gelten. Und der Regenwurm ist bei weitem nicht die einzige gefährdete Art unter den Bodenbewohnern.

Expert:innen schätzen, dass allein in den vergangenen 30 Jahren fast ein Drittel der Böden der Erde so geschädigt wurde, dass sie ihre ursprünglichen ökologischen und auch ökonomischen Funktionen nicht mehr erfüllen können. Afrika und Asien sind die am stärksten betroffenen Regionen, weltweit werden jährlich etwa zwei Millionen Quadratkilometer degradiert. Das ergibt eine Fläche, die halb so groß wie die Europäische Union ist. In Europa selbst gelten 60 bis 70 Prozent der Böden als in keinem guten Zustand, 52 Prozent der globalen Ackerfläche gelten nach Berechnungen des WWF bereits als degradiert.

Bodenschutz ist Klimaschutz

Traktorspur im Feld © Dylan de Jonge / Unsplash
Traktorspur im Feld © Dylan de Jonge / Unsplash

Indirekt wirkt sich der Zustand der Böden auch auf das Leben aller anderen Lebewesen maßgeblich aus. In ihrer Funktion für die Ökosysteme ähneln Böden den Wäldern. Wie diese erhalten sie die Vielfalt der Arten und wirken als CO2-Senken, indem sie Kohlstoff aufnehmen und speichern. Bodenschutz ist damit auch Klimaschutz.

Ähnlich sind sich Böden und Wälder leider auch, was ihre Gefährdung betrifft. Klimapolitisch werden sie daher im sogenannten LULUCF-Sektor zusammengefasst. LULUCF steht dabei für Land Use, Land-Use Change and Forestry, also für Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft. Und ähnlich wie bei den Wäldern, drohen Böden von einer Senke zu einer Quelle für Treibhausgasemissionen zu werden. 

Intensive Landnutzung, Flächenversiegelungen, Bodenerosionen, Übernutzung und der übermäßige Einsatz von Chemie sind es, die den Böden wie den Wäldern gleichermaßen zusetzen und das Zusammenspiel der Arten aus dem Gleichgewicht bringen.
 

„Landwirtschaftliche Produktionssysteme müssen als Bestandteil von funktionalen Ökosystemen gedacht werden.“

Michael Berger, Referent für nachhaltige Landwirtschaft beim WWF

Entwaldung führt zu Bodenerosion

Neben der intensiven Landnutzung ist die Entwaldung ein gewaltiger Degradationstreiber. Ohne seine schützende Pflanzendecke ist der Boden Wind und Wasser ausgesetzt und kann in Flüsse gespült werden. 

Landwirtschaftliche Pflanzen wie Kaffee, Baumwolle, Ölpalmen, Soja oder Weizen, die auf entwaldeten Flächen wachsen, können die Bodenerosion nicht aufhalten, beschleunigen den Prozess sogar zum Teil noch. 

Die fortschreitende Flächenversiegelung tut ihr Übriges dazu. In Deutschland werden jeden Tag rund 56 Hektar unbebaute Fläche in Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewandelt. Problematisch ist dies in Bezug auf Biodiversität wie Klimaschutz; und es kann weitere dramatische Folgen mit sich ziehen: In versiegeltem Boden kann Wasser nicht versickern. Es sammelt sich an und kann – etwa im Fall von Starkregen – zu Überschwemmungen führen.

Landwirtschaft neu denken, Flächenversiegelung stoppen

Erde zerstreuen © Eddie Kopp / Unsplash
Erde zerstreuen © Eddie Kopp / Unsplash

Der Druck auf die uns noch zur Verfügung stehenden Flächen für die Erzeugung von Lebensmitteln, von Energie und Rohstoffen, aber auch als Rückzugsraum für Tier- und Pflanzenarten steigt rapide an. Es herrscht große Einigkeit zwischen Landwirt:innen und Umweltschützer:innen, dass diese Entwicklung gestoppt werden muss.

„Landwirtschaftliche Produktionssysteme müssen als Bestandteil von funktionalen Ökosystemen gedacht werden“, so fasst es Michael Berger, Referent für nachhaltige Landwirtschaft beim WWF zusammen. Nötig sei eine Abkehr von der reinen Ertragsbetrachtung, hin zu einer stärkeren Betrachtung von Ökosystemleistungen, die durch die Landwirtschaft zu erbringen sei.

Erreicht werden kann das nur, wenn in der Landwirtschaft fortan das „absolute Primat der Netto-Bodenerhaltung“ gilt, wie dies bereits 2020 ein Bündnis aus Umwelt- und Agrarverbänden – darunter auch der WWF – forderte.

Bisher adressierte die Bundesregierung die Betonisierung von Böden zu wenig und verschob ihre eigenen Bodenschutzziele nach Belieben. Das darf nicht noch einmal passieren! Deutschland sollte es eigentlich schaffen, die tägliche Flächenversiegelung bis 2030 auf Netto-Null zu reduzieren. Aktuelles Ziel sind weniger als 30 ha am Tag (Stand März 2022). Dazu müssen Flächen wieder entsiegelt werden. Darüber hinaus sollte nicht nur der reine Verkehrswert einer Fläche, sondern die Folgekosten der Flächenversiegelung im Sinne der Kosten verloren gegangener Bodenfunktionen bei einer neuen Bebauung betrachtet werden. 

Die Verantwortung liegt bei der Politik, aber auch bei den Unternehmen. Der Preisdruck bei der Erzeugung von Lebensmitteln und anderen Produkten trägt zur Zerstörung der Ökosysteme mit bei.

International agierende Unternehmen müssen handeln

11.000 Quadratkilometer Amazonasregenwald wurden in der Zeit zwischen August 2019 und Juli 2020 abgeholzt, um günstiges Ackerland zu erhalten. Importierende Unternehmen sollten hier Position beziehen und keine Produkte mehr verwenden, die zulasten von Wäldern oder anderen Lebensräumen produziert wurden. 

Ein starkes Lieferkettengesetz könnte den verbindlichen Rahmen für den internationalen Handel vorgeben, freiwillige Bekenntnisse allein werden nicht ausreichen.

Ohne eine Agrarwende und politische Maßnahmen gegen die Erderhitzung, so hat es das Joint Research Centre (JRC) der EU berechnet, wird das Erosionsgeschehen bis 2070 im Vergleich zu heute global um 66 Prozent zunehmen. Wir müssen jetzt aktiv werden, damit es nicht so weit kommt.
 

Politisches Handeln notwendig

Düngung auf dem Feld © filmfoto / iStock / GettyImages Plus
Düngung auf dem Feld © filmfoto / iStock / GettyImages Plus

In Politik und Gesellschaft findet die Gefährdung der Böden bislang noch zu wenig Beachtung. Dabei ist schnelles politisches Handeln notwendig wie auch ein verbindlicher Rechtsrahmen zum Schutz der Böden. Der WWF fordert, einen größeren Anteil der Gelder, die für die gemeinsame europäische Agrarpolitik zur Verfügung stehen, gezielter für bodenschützende Maßnahmen zu verwenden. 

Die Europäische Kommission hat Mitte November 2021 ihre EU-Bodenschutzstrategie vorgelegt, ein wichtiger Schritt. Nun müssen die nächsten Weichen gestellt werden und konkrete Zielsetzungen, Maßnahmen und Förderprogramme folgen. Die neue Bundesregierung ist aufgerufen, die Ziele der europäischen Bodengesetzgebung entschieden umzusetzen und den Schutz der Böden ebenso stark zu verfolgen wie den des Klimas und des Wassers.

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