Es gibt sie nur hier. Sie können nirgendwohin ausweichen. Wenn sie hier verschwinden, haben wir sie endgültig verloren: Sumatra-Tiger unterscheiden sich genetisch von den anderen Tigern Asiens. Seit Jahrtausenden leben sie isoliert auf der indonesischen Insel, nach der sie benannt sind.

Ihren Jägern und Händlern – einer hochprofessionalisierten Wildereimafia – ist das egal. Jedes Körperteil der majestätischen Großkatzen bringt auf dem Schwarzmarkt viel Geld. So bleiben nicht einmal Spuren, die Tiger werden vollständig zerlegt, lösen sich förmlich auf. Und durch die fortschreitende Abholzung gelingt es immer leichter, zu ihnen vorzudringen.

Grausame Schlingfallen-Wilderei

Getöteter Sumatra-Tiger © WWF-Indonesia / Osmantri
Getöteter Sumatra-Tiger © WWF-Indonesia / Osmantri

Schlingfallen sind günstig, sie bestehen meist aus einfachem Fahrraddraht, sind schnell ausgelegt und verletzen das wertvolle Fell des Tigers kaum. Für die Tiere bedeuten Schlingfallen einen grausamen Tod. Treten sie in die am Boden ausgelegte Drahtschlinge, zieht sich diese blitzschnell zu.

Der Tiger hat keine Chance zu entkommen und verendet langsam, bis er gefahrlos von den Wilderern weggeschafft werden kann. Um zu fliehen, beißen sich manche Tiger die Pfote ab. Fast immer sterben die stattlichen Großkatzen dennoch – an Infektionen oder Hunger, weil sie verletzt und auf drei Beinen nicht mehr richtig jagen können. Schlingfallen sind doppelt verhängnisvoll für die Fauna, denn sie fangen wahllos auch andere Tiere, wie Tapire, Hirsche und Malaienbären.

Nur noch 600 Sumatra-Tiger

So majestätisch sie sind, Sumatra-Tiger sind die kleinsten aller Tiger. Sie haben dichtere und dunklere Streifen und es sind die einzigen Tiger mit Schwimmhäuten zwischen den Zehen. Vermutlich wurden sie nach der letzten Eiszeit auf der Insel Sumatra isoliert und haben sich angepasst an ihren von Wasser umgebenen, begrenzten Lebensraum mit seinen dichten Regenwäldern und kleineren Beutetieren. Sumatra-Tiger gehören zu den vom Aussterben bedrohten Tierarten. Während es in den 1970er Jahren noch etwa 1.000 von ihnen gab, sind es heute nach Angaben der indonesischen Regierung nur noch ungefähr 600. Allerdings fehlen belastbare neuere wissenschaftliche Untersuchungen zur Populationsgröße.

Ausverkauf der Wälder

Immer weiter dringen die Kautschuk- und Palmölplantagen in die Regenwälder Sumatras vor. Immer weniger Wildnis bleibt den Tigern, um zu überleben. Schlimmer noch: Der Straßenbau zu den Plantagen öffnet Wilderern die Tür zu den verbliebenen Urwäldern. Hier ist man früher gar nicht hingekommen oder brauchte mehrere Tagesreisen zu Fuß. Die gerodeten Gebiete werden doppelt und dreifach ausgebeutet.

Die Nachfrage reißt nicht ab

Hinter der Wilderei auf Sumatra steckt ein gut organisiertes, kriminelles Netzwerk, das eine ungebremst hohe Nachfrage nach Tigerprodukten befriedigt. Die Abnehmer kommen vor allem aus China, wo Tigerfelle beliebte Prestigeobjekte sind und vielen Tigerteilen eine heilende oder potenzsteigernde Wirkung nachgesagt wird. So auch dem Tigerwein – hier werden Tigerknochen in Reiswein getaucht.

Infografik zum "Skin and Bones"-Report 2022 / Tigerteile © TRAFFIC
Tiger werden für zahlreiche Körperteile gewildert und geschmuggelt / "Skin and Bones"-Report / Infografik © TRAFFIC

Leben im Tigerwald

Seinen grausamen Anfang nimmt der Tigerhandel in den letzten Rückzugsorten der Großkatzen. Auch in den Landschaften Rimbang-Baling-Betabuh und Batanghari, WWF-Projektgebiete im Herzen Sumatras. Die Menschen, die hier in und von den Wäldern leben, sind verhältnismäßig arm. In den kleinen, abgelegenen Gemeinden gelten Tiger vor allem als Gefahr, sollte man ihnen im Wald begegnen.

Die Bewohner:innen wissen wenig über vom Aussterben bedrohte Arten. Aber sie wissen, dass ein gewilderter Tiger Geld in der Not bringen kann. Eine Umfrage des WWF unter der Bevölkerung der Gemeinden ergab aber auch, dass die Menschen vor Ort wissen, dass Tiger seltene und streng geschützte Tiere sind. Die Mehrheit der Befragten würde auch keine Vergeltung üben, wenn ein Tiger ihr Nutzvieh reißt.

Vom Wilderer zum Tigerschützer

Ranger installiert Kamerafalle © James Morgan / WWF
Ranger installiert Kamerafalle © James Morgan / WWF

Ranger:innen schützen das dicht bewaldete, bergige Gelände, das mit 140.000 Hektar etwa so groß ist wie Berlin und Köln zusammen. Oft sind die Wildhüter:innen mehr als vier Wochen am Stück im Feld unterwegs, um an entlegenen Orten Kamerafallen zu installieren, Schlingfallen zu entschärfen und Fällen von Wilderei auf die Spur zu kommen.

Damit das Gebiet noch besser überwacht und der Schutz vor Wilderei erhöht wird, unterstützt der WWF die Ranger:innen-Teams mit dem „Spatial Monitoring and Reporting Tool“, genannt SMART. Dabei handelt es sich um ein weltweit bewährtes digitales System zur Erfassung, zentralen Speicherung und Auswertung von Patrouillendaten. In den Landschaften Rimbang-Baling-Betabuh und Batanghari kommt es bereits erfolgreich zum Einsatz.

Manchmal gehören zum Team auch ehemalige Wilderinnen und Wilderer selbst: Ihre Rehabilitierung ist Erfolgskonzept zur Rettung von Sumatras Tigern und ihr Insiderwissen hilft, das Wilderei-Netzwerk besser zu verstehen. Doch oft gibt es mehr Wilderinnen und Wilderer als Wildhüter:innen in Rimbang Baling. Der WWF arbeitet aber weiterhin unermüdlich daran, Wilderinnen und Wilderer davon zu überzeugen, von ihrem Tun abzulassen. In den letzten Jahren ist das bei 14 von 24 identifizierten Personen gelungen.

Den Menschen helfen, um die Tiger zu retten

Um Wilderei und auch illegale Abholzung in dem wichtigen Tigergebiet in den Griff zu bekommen, müssen wir außerdem die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort mit alternativen, am besten naturbasierten Geschäftsmodellen verbessern. Deshalb unterstützen wir die Gemeinden dabei, Waren aus nachhaltiger Bewirtschaftung zu produzieren.

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