Über den Westen der Mongolei erstreckt sich eine Landschaft, deren Bergregionen zu den letzten unberührten Gebieten unserer Erde zählen. Altai-Sajan heißt die Ökoregion, benannt nach den beiden großen Gebirgsketten, die sie prägen. Die wenigen Menschen, die hier leben, kennen das felsige und schwer zugängliche Gelände genau. Ihr lokales Wissen über die Lebensräume, Wildtiere, deren Verhalten und saisonale Bedürfnisse ist von großem Wert für den Schutz der Ökoregion und ihrer Arten. Eine dieser Arten, die in den ganzjährig schneebedeckten Bergen eine wichtige Heimat findet, sind die seltenen und versteckt lebenden Schneeleoparden.
In der Mongolei spielen freiwillige Ranger:innen eine entscheidende Rolle beim Schutz von seltenen und gefährdeten Arten und ihrer Lebensräume. Sie sind bestens vertraut mit der Natur in der abgelegenen Region und können Wilderei oft im Vorfeld verhindern.
Freiwillige Ranger für die Schneeleoparden in der Mongolei
Insgesamt 44 freiwillige Ranger helfen dem WWF in neun verschiedenen Gebirgen der Altai-Sajan-Ökoregion, die Schneeleoparden besser zu erforschen, das Gebiet zu überwachen und Wilderei zu verhindern. Es sind Hirten, die in den Bergen und dem Lebensraum der Schneeleoparden ihr Zuhause haben. Sie sind vor Ort, können schnell auf Bedrohungen reagieren und mit potentiellen Wilderer:innen auf Augenhöhe kommunizieren.
„Seit ich als freiwilliger Ranger arbeite, habe ich erkannt, wie wichtig diese Tiere für die Natur sind“, erzählt der 53-jährige Osornyam Baavgai. Er spricht von den Schneeleoparden – und davon, wie stolz ihn seine Aufgabe macht. Ehrenamtliche Wildhüter wie Osornyam sind auch deshalb eine große Hilfe, weil die staatlichen Naturschutzbehörden der Mongolei angesichts der riesigen Flächen über viel zu wenig Personal verfügen.
„Seit ich als freiwilliger Ranger arbeite, habe ich erkannt, wie wichtig diese Tiere für die Natur sind.“
Erfolgreicher Schutz – nicht nur der Schneeleoparden
Die freiwilligen Ranger patrouillieren regelmäßig in ihren Berggebieten, installieren Kamerafallen und sammeln wichtige Daten über die Raubkatzen und ihre Beutetiere. In den vergangenen fünf Jahren gab es in ihren Bergen keine Wilderei und Vergeltungstötungen von Schneeleoparden mehr. Die Gefahr von Vergeltungstötungen ist groß in einer Region, in der die Menschen beständig um ihr Vieh fürchten müssen.
Die freiwilligen Ranger informieren, überzeugen und helfen dabei, die Nutztiere zu schützen. Im bis zu 4.000 Meter hohen Kharkhiraa-Turgen-Gebirge konnten sie außerdem den illegalen Holzeinschlag vollständig stoppen, der früher gängige Praxis war – und die örtlichen Gemeinden für den Schutz der Baumbestände sensibilisieren. Zusätzlich zu den freiwilligen Helfern im Gebirge kümmern sich ehrenamtliche Ranger in der Ebene um den Schutz der bedrohten Mongolischen Saiga-Antilope.
Vom Jäger zum Ranger
Osornyam Baavgai stammt aus einer Hirtenfamilie, ist nach der Highschool in die Fußstapfen seiner Eltern und Großeltern getreten und arbeitet seit seinem 18. Lebensjahr als Hirte. Wie einige andere seiner heutigen Rangerkollegen war er außerdem leidenschaftlicher Jäger, bevor die ehrenamtliche Tätigkeit für den WWF seine Wahrnehmung der Wildtiere änderte.
Heute ist er einer der aktivsten Fürsprecher für den Arten- und Umweltschutz in den lokalen Gemeinden.
Auch ein ehemaliger Wilderer ist unter den freiwilligen Rangern in der Altai-Sajan-Ökoregion: Ein junger Hirte aus dem Baatar Hayrhan Gebirge, der für das WWF-Projekt die Seiten wechselte und nun die Tiere schützt, statt sie zu jagen.
Überzeugungsarbeit auf Augenhöhe
Bisher arbeiten nur Männer als freiwillige Ranger in der Mongolei. Sie werden von ihren Gemeinden vorgeschlagen und traditionell sind es Männer, die sich um das Vieh auf den Bergweiden kümmern und sich im Gebirge am besten auskennen. Dass die freiwilligen Ranger aus den lokalen Gemeinden stammen, gibt ihnen viel Gehör und stärkt das Engagement der gesamten Gemeinde für den Umweltschutz.
Selbst zwei potentielle Wilderer konnte Osornyam eindringlich von den negativen Folgen der illegalen Jagd überzeugen, nachdem er die jungen Männer mit Gewehren auf Kamerafallenbildern erkannt hatte. Osornyams brüderlicher Ton in diesem Gespräch fand Anklang und „seitdem tragen sie keine Waffen mehr“, so der ehrenamtliche Ranger.
Nutztiere von Revieren der Schneeleoparden fernhalten
Um Mensch-Wildtier-Konflikte zu vermeiden und zu verhindern, dass Schneeleoparden aus Angst um das Vieh gejagt werden, überzeugen die freiwilligen Wildhüter in den Gebirgen der Altai-Sajan-Region die Hirtenfamilien zum Beispiel von den Vorteilen eines geringeren, aber dafür hochwertigen Viehbestands. Denn weniger Tiere brauchen weniger Weidefläche und müssen nicht immer weiter in die Reviere der Schneeleoparden getrieben werden.
Das Kamerafallenmonitoring der Ranger hilft, diese Reviere besser zu kennen und das Vieh, wie Ziegen und Schafe, bewusst fernzuhalten. Der Schutz der Nutztiere ist ein wichtiger Schlüssel zur friedlichen Koexistenz zwischen Menschen und Wildtieren wie den Schneeleoparden. Dazu gehören auch große und starke Hütehunde, welche der WWF und Partnerorganisationen an ausgewählte Hirtenfamilien verteilen.
Schulung und Ausrüstung
Der WWF schult die freiwilligen Ranger regelmäßig und steht ihnen zur Seite. Wir stellen angemessene und sichere Kleidung für die Arbeit im Feld in Sommer und Winter zur Verfügung. Außerdem Karten, Ferngläser, Stirnlampen, Kameras und weitere Technik. Die Wildhüter lernen, GPS-Geräte und Kamerafallen zu bedienen, Daten im Feld zu verarbeiten und auszuwerten, genetisches Material zu sammeln und Arten anhand auch kleiner Spuren zu identifizieren. Für den Fall von Umweltkriminalität, die schnelles Handeln erfordert, setzen wir die Ranger direkt in Kontakt mit der örtlichen Umweltpolizei und schulen sie im Umgang mit den Behörden.
Die Einbindung lokaler Gemeinschaften in die Erforschung und Überwachung seltener Wildtiere ist für die Erhaltung der Arten von größtem Wert. Die freiwilligen Ranger sind Bindeglied und leidenschaftliche Umweltschützer, die immer wieder um Toleranz werben gegenüber den Schneeleoparden und Saiga-Antilopen – als Tribut an die Natur, die sich im Zusammenleben alle gerecht teilen müssen.
- Leoparden und Schneeleoparden