Immer mehr Wälder sterben aufgrund von Bergbauaktivitäten. Dabei ist aber nicht nur der Bergbau selbst an der Zerstörung Schuld, sondern auch Aktivitäten, die den Bergbau unterstützen. Im Rahmen der neuen Studie „Extracted Forests“ vom WWF und der Wirtschaftsuniversität Wien haben Forscher herausgefunden, wie groß das Ausmaß ist und was wir tun können, um diese Entwicklung zu stoppen.

Es ist kein Geheimnis: Die Wälder der Welt sind bedroht. Zwischen 2011 und 2021 ist die Waldfläche um satte 11 Prozent zurückgegangen. Das liegt vor allem an menschlichen Aktivitäten: Nach Landwirtschaft, Infrastruktur und der Ausdehnung von Städten, gehört der Bergbau zu den Hauptursachen der weltweiten Entwaldung.

Was wird überhaupt abgebaut?

Zu metallischen Rohstoffen gehören Metalle und Erze, wie beispielsweise Bauxit (Aluminium), Eisenerz (Stahl), Kupfer, Nickel und Gold. Sie alle werden aus der Erdoberfläche gewonnen – im Tage- oder Untertagebau.

Bei den Abbau-Akteuren unterscheidet man zwischen „Large Scale Mining“ (LSM) und „Artisanal and Small-Scale Mining“ (ASM). Bei LSM handelt es sich um industrielle, große Bergbaubetriebe. Die Bezeichnung ASM umfasst Kleinbergbaubetriebe, die mit sehr einfachen mechanischen und chemischen Methoden arbeiten.

Die Nachfrage an Bodenschätzen steigt

Mine in Brasilien © Marizilda Cruppe / WWF-UK
Mine in Brasilien © Marizilda Cruppe / WWF-UK

In den letzten Jahrzehnten hat sich der Bergbau weltweit in einem noch nie dagewesenen Ausmaß ausgeweitet – zwischen dem Jahr 2000 und heute hat er sich sogar verdoppelt. Der Grund: Die weltweite Nachfrage nach Mineralien für Konsumgüter, Infrastrukturen und Technologien steigt.

Zu den weltweit größten Treibern der Waldzerstörung durch Bergbau gehören drei Industriemächte: China führt die Liste mit einem Anteil von 18 Prozent an, dicht gefolgt von der EU mit 14 Prozent und den USA mit 12 Prozent. Innerhalb der EU ist Deutschland der größte Importeur von bergbaubedingter Waldzerstörung. 17 Prozent davon sind der Automobilindustrie zuzuschreiben. Weltweit nimmt der Bausektor mit 18 Prozent den höchsten Mineralienbedarf ein.

„Unser Hunger nach Rohstoffen zerstört anderswo Wälder, vergiftet das Grundwasser und raubt Menschen und Tieren ihre Lebensgrundlage. Unternehmen, in deren Produktion Rohstoffe relevant sind, müssen viel mehr tun, um Transparenz in ihrer Lieferkette herzustellen und sich für umweltverträglich abgebaute Rohstoffe entscheiden.“

Tobias Kind-Rieper, Globaler Leiter Bergbau und Metalle beim WWF Deutschland

Direkte und indirekte Entwaldung durch den Bergbau

Wo eine neue Abbaustätte entsteht, muss Platz geschaffen werden. Dies passiert beispielsweise durch die Abholzung von Wäldern für Bergbaugruben. Der neue Extracted-Forests-Report zeigt, dass zwischen 2000 und 2021 fast 84 Prozent der weltweiten direkten bergbaubedingten Entwaldung in nur 10 Ländern stattfand – darunter Indonesien, Brasilien und Russland.

Zu den Ländern mit dem höchsten Anteil an bergbaubedingter Entwaldung an der Gesamtentwaldung gehören die Südamerikanischen Staaten Suriname (29 Prozent) und Guyana (21 Prozent) sowie die Inselgruppe Neukaledonien im südlichen Pazifik (sechs Prozent).

Doch auch indirekte Aktivitäten, die direkt dem Bergbauvorhaben zuzuordnen sind, verursachen Entwaldung. So werden etwa neue Straßen, Siedlungen und Energieinfrastruktur gebaut. Diese indirekten Auswirkungen auf die Entwaldung sind zwar nur schwer messbar, jedoch übertreffen sie die Direkten häufig.

Wichtige Ökosysteme in Gefahr

Flussdelfine gehören zu den eher unbekannten, aber stark bedrohten Arten © Shutterstock / COULANGES / WWF-Sweden
Flussdelfine gehören zu den eher unbekannten, aber stark bedrohten Arten © Shutterstock / COULANGES / WWF-Sweden

Bergbauaktivitäten haben enormen Einfluss auf Waldökosysteme auf der ganzen Welt. 77 Prozent aller Bergwerke befinden sich im Umkreis von 50 Kilometern von Gebieten mit hoher Biodiversität. Mithilfe von Sattelitendaten konnten die Forscher:innen der Studie herausfinden, dass es um diese Regionen nach der Erteilung von Bergbaukonzessionen deutlich schlechter bestellt war.

Und die Langzeitfolgen bestätigen dies: Die Zahl der Tiger in der Mekong-Region beispielsweise ist aufgrund der Zerstückelung des Lebensraumes stark zurückgegangen. Im Amazonasbecken kommt es zu immer weiter steigenden Quecksilberwerten bei gefährdeten Arten wie dem Amazonas-Flussdelfin.

Indigene Territorien und Menschenrechtsverletzungen

Anwohner an einer Lagune in der Nähe der Minen von Huepetuhe in Peru © WWF / Dado Galdieri
Anwohner an einer Lagune in der Nähe der Minen von Huepetuhe in Peru © WWF / Dado Galdieri

Neben Flora und Fauna leiden auch Menschen unter der Ausweitung des Bergbaus. Zum einen sind die Arbeitsbedingungen, speziell im Kleinbergbau, katastrophal. Die Arbeiter:innen sind toxischen Substanzen schutzlos ausgeliefert und arbeiten teilweise ohne Helm und Sicherung in engen Schächten. Zum anderen werden Indigene Völker aus ihren angestammten Territorien vertrieben – und das geht oftmals mit gewaltvollen Auseinandersetzungen einher.

Wege aus der Entwaldungs-Spirale

Die Studie zeigt deutlich: Der weltweite Bergbau hat nicht nur direkten, sondern auch indirekten Einfluss auf die weltweite Entwaldung. Sie zeigt auch, dass der Bergbau, wenn er ungebremst weiter expandiert, immer gefährlicher für wichtige Ökosysteme wird.

Der WWF fordert daher Politik und Unternehmen auf, den Primärrohstoffverbrauch zu verringern. Dort, wo Abholzung unumgänglich ist, soll es eine Kompensation für den verlorenen Wald geben.

Das wichtigste Ziel ist der schnelle Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft. Insbesondere China, die EU und die USA müssen konkrete Schritte unternehmen, um die Nachfrage nach mineralischen Produkten zu senken. Nur wenn die betreffenden Akteure schnell handeln, können wir die unwiderrufliche Zerstörung unserer Wälder durch den Bergbau stoppen.

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