Der Amboseli-Nationalpark, nahe der Grenze zu Tansania, gehört zu den bekanntesten Landschaften Kenias und ganz Afrikas. Die Bilder von Elefanten und Giraffen vor der majestätischen Kulisse des Kilimanjaro sind legendär. Mit rund 2.500 Tieren lebt hier noch ein großer Bestand der Massai-Giraffe, die heute nur noch im Südosten Afrikas vorkommt. Für den Erhalt der Art müssen diese Tiere dringend geschützt werden.

Im Jahr 2016 landeten Afrikas Giraffen auf der Roten Liste der bedrohten Arten. Ursache ist vor allem der Verlust ihres Lebensraums, den eine immer stärker um sich greifende Landwirtschaft mit sich bringt. Grasland wird in Äcker umgewandelt oder von Rinderherden überweidet, Nahrung spendende Bäume werden gefällt. Auch Wilderei gefährdet die Tiere: Sie werden wegen ihres Fleisches und ihrer Häute gejagt, seit einiger Zeit sind auch ihr Knochenmark und ihr Gehirn gefragt, weil diese Substanzen angeblich AIDS heilen sollen

Heute sind Giraffen fast überall selten. Nur in den Staaten Ostafrikas gibt es noch größere Bestände, zum Beispiel im Amboseli-Nationalpark in der „Unganisha-Region“. Wir müssen sie unbedingt bewahren. Wenn die Giraffen ausgerottet werden, kann kein anderes Tier ihren Platz einnehmen – weder in den Köpfen der Menschen, noch im Ökosystem der Savanne; eine Landschaft, die die Giraffen vor der Verbuschung bewahren.

Landreform gegen die Natur

Streifengnu-Bullen im Amboseli-Nationalpark © Martin Harvey WWF
Streifengnu-Bullen im Amboseli-Nationalpark © Martin Harvey WWF

Leider ist die einmalige Naturlandschaft des Amboseli massiv bedroht – durch immer mehr Landwirtschaft, wachsende Städte, Straßen, leergepumpte Wasserläufe. Der Lebensraum der Giraffen und anderer bedrohter Arten schrumpft zusammen. Denn nur ein Bruchteil dieser Landschaft ist als Nationalpark staatlich geschützt. Die meisten Tiere müssen diesen bei ihren jahreszeitlichen Wanderungen oder auf der Nahrungssuche verlassen – oder leben ohnehin außerhalb des Parks auf dem traditionellen Weideland der Massai.

Das Weideland der Massai war jahrhundertelang Allmende-Land, also Gemeindeland, das von allen genutzt werden durfte und allen frei zugänglich war – auch den Wildtieren. Giraffen, Gazellen, Zebras: Sie alle konnten über das Massai-Land ziehen. Doch das alte Allmende-Recht funktioniert nicht mehr. Allzu viele Menschen leben inzwischen hier. Das führt zu Degradierung, Zerstörung und Überweidung.

Nun hat Kenias Regierung beschlossen, das Land zu privatisieren. Indem sie es an Einzelne vergibt, verspricht sie sich eine effizientere Bewirtschaftung. Doch wenn das bisherige Gemeindeland ohne Regeln und Auflagen aufgeteilt wird, beginnt erfahrungsgemäß sein sofortiger Ausverkauf an Firmen, Spekulanten oder an Privatpersonen ohne jede Erfahrung in nachhaltiger Bodennutzung. Dann werden überall Häuser errichtet, Grasland wird in Äcker umgewandelt, Zäune gezogen, die den Tieren den Weg versperren, und die Bäume gefällt, von denen die Giraffen leben.

Lösung für Mensch und Natur

Ein Masai Mann unterwegs mit seinen Eseln, um Wasser zu holen © Kairi Aun / iStock /Getty Images
Ein Masai Mann unterwegs mit seinen Eseln, um Wasser zu holen © Kairi Aun / iStock /Getty Images

Wird die Landreform in diesem Sinne umgesetzt, dann bringt dies auch das Ende der traditionellen Nutzung durch die Massai und ein großer Teil ihrer Kultur geht verloren. Nicht zuletzt deshalb hat der WWF die Massai-Gemeinden für eine neue, naturverträgliche Lösung gewinnen können, die 2020 Realität werden soll:

  • Landnutzung nach Plan
    Die Lösung des WWF sieht vor, dass das Land wie geplant verteilt wird – doch nur an Menschen, die schon seit Längerem davon leben, vor allem Massai-Familien. Alle Landbesitzer sollen einer Kooperative beitreten, die die Tradition der Gemeinschaftsnutzung fortführt. Damit der Ausverkauf des Landes verhindert wird, kann ein Besitzer nur an die Kooperative oder deren Mitglieder verkaufen. So bleibt die Eigentümerzahl begrenzt, der Übernutzung des Landes wird vorgebeugt. Der WWF hilft den Besitzern, genau festzulegen, wo Gemeinschaftsweiden ohne Zäune bestehen bleiben sollen – und wo man siedeln und Ackerbau betreiben darf. Hinzu kommen Bereiche, die – bis auf Ökotourismus, der den Menschen Einnahmen bringt – ganz der Natur überlassen bleiben: die Gemeindeschutzgebiete.
  • Naturschutz in Gemeindehand
    Die Gemeindeschutzgebiete sind ein zentraler Punkt des WWF-Programms in Kenia. So sieht ein mit den fünf Gemeinden im Amboseli entwickelter, aussichtsreicher Plan vor, einen großen Teil ihres Landes der Natur zu überlassen. Sie können dennoch davon profitieren: In den Schutzgebieten werden Unterkünfte für Touristen eingerichtet, damit diese natur- und sozialverträglich die Wildtiere und die Kultur der Massai erleben können. Die Einnahmen kommen den Gemeinden zugute: Arbeitsplätze entstehen, die Betreiber der Lodges zahlen Pacht. Für den Schutz der Wildtiere wird der WWF Gemeindemitglieder zu Wildhütern ausbilden und – bis auch diese aus dem Tourismus finanziert werden können – für ihren Lohn aufkommen. Zudem unterstützt der WWF die Viehhalter in naturverträglicher Weidewirtschaft und besserer Vermarktung.
     
  • Wiederhergestelltes Giraffen-Land
    Um die Schäden an der Natur wiedergutzumachen, wird der WWF helfen, das Weidemanagement zu verbessern, illegale Abholzungen stoppen, Erosionsschutz umsetzen sowie auf einer Fläche von mehr als 5.000 Hektar neue Bäume pflanzen, vor allem in den für die Giraffen so wichtigen Trocken- und Akazienwäldern. Auch sollen viele Kilometer Zäune verschwinden und für die Wildtiere Wanderkorridore zwischen den Gemeindeschutzgebieten geschaffen werden.
  • Flusspferd im Selous in Tansania © Michael Poliza / WWF Kenia und Tansania

    Die Nationalparks der ostafrikanischen Länder beheimaten eine immense Artenvielfalt und die größte Elefantenpopulation Afrikas. Weiterlesen ...