Die Regenwälder des Kongo-Beckens sind Hotspots der Artenvielfalt: Zwei Gorilla-Arten leben hier, außerdem Schimpansen, Bonobos und Waldelefanten. Die Wälder sind aber auch ein Hotspot der Entwaldung. Wie groß das Ausmaß ist, zeigt eine aktuelle Studie.

Landsat-Aufnahme von Afrika © NASA
Landsat-Aufnahme von Afrika © NASA

Die Ergebnisse sind alarmierend: Der zweitgrößte tropische Regenwald der Erde hat zwischen 1990 und 2020 mehr als 352.000 Quadratkilometer Waldfläche verloren. Das entspricht etwa 8,5 Prozent seiner Gesamtfläche und damit etwa der Fläche Deutschlands.

Besserung ist nicht in Sicht: Die Wissenschaftler:innen schätzen, dass bis 2050 weitere 174.000 bis 204.000 Quadratkilometer (3,7 bis 5 Prozent) verloren gehen könnten – wenn sich der Trend nicht umkehrt.

Die Wissenschaftler:innen um Dr. Yisa Ginath Yuh, Postdoktorandin beim WWF und an der Concordia University in Kanada, haben analysiert, wie sich die Waldbedeckung im Kongo-Becken über einen Zeitraum von 60 Jahren verändert hat. Dazu kombinierten sie unter anderem Machine Learning mit Mitteln der Fernerkundung, zum Beispiel mit Hilfe der Google Earth Engine und anderen hochauflösenden Daten zur Waldbedeckung. Mit Hilfe all dieser Daten konnte das Team präzise Modelle der Landnutzung und Entwaldung in ganz Zentralafrika erstellen.

Eine alarmierende Entwicklung

Ursprünglich war die 2,3 Millionen Quadratkilometer große Fläche, die die Wissenschaftler:innen um Dr. Yisa Ginath Yuh untersuchten, mit Wald bedeckt. Doch der Druck von Agrarindustrie, kleinbäuerlicher Landwirtschaft und Stadtentwicklung hat zu einer massiven Entwaldung geführt. Zwischen 1990 und 2020 lagen die Verlustraten im Zehnjahresdurchschnitt bei 5,2, 1,2 und 2,1 Prozent.

Dr. Yisa Ginath warnt: „Wenn es mit der nicht nachhaltigen Landnutzung in diesem Ausmaß weiter geht, laufen wir Gefahr, bis 2050 mehr als die Hälfte der heutigen Waldfläche zu verlieren. Dieser Verlust bedroht nicht nur die Artenvielfalt, sondern trägt auch erheblich zu den globalen Kohlenstoffemissionen und den Herausforderungen des Klimawandels bei.“

Bei ihrer Einschätzung gehen die Wissenschaftler:innen von einem exponentiellen Wachstum des Waldverlustes aus, verursacht durch das Bevölkerungswachstum und den damit verbundenen verstärkten Siedlungs- und Infrastrukturbau sowie den erhöhten Bedarf an landwirtschaftlicher Nutzfläche. Aber auch steigende Nahrungsmittelpreise könnten die Menschen dazu zwingen, vermehrt und nicht mehr auf nachhaltige Weise auf die Ressource Wald zurückzugreifen. Hinzu kommen Veränderungen in der Vegetation, verursacht durch die Klimakrise, die zum Waldverlust beitragen werden.

Es braucht besseren Waldschutz

Grupppenfoto © OrgiNations
Gruppenfoto einer BaAka Jugendgruppe, die mit Hilfe des WWF gegründet wurde © OrgiNations

Das Kongo-Becken ist eine lebenswichtige globale Ressource mit einer einzigartigen Artenvielfalt. Seine Wälder sind wichtige Kohlenstoffsenken und bilden die Lebensgrundlage für Millionen von Menschen. Dennoch schreitet der Waldverlust in der Region mit alarmierender Geschwindigkeit voran.

Mit jedem Hektar Wald, der zerstört wird, verlieren die Menschen, die in und um die Wälder im Kongo-Becken leben, die natürlichen Ressourcen des Waldes und damit Nahrung und ein Auskommen. Nicht zuletzt verlieren die Menschen im Kongo-Becken einen Teil ihrer Identität.

„Durch die Quantifizierung langfristiger Veränderungen der Waldbedeckung und ihrer treibenden Faktoren wollen wir praktische Erkenntnisse für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung liefern“, erklärt WWF-Mitarbeiter Dr. N'Goran, der ebenfalls an der Studie beteiligt war. „Unsere Ergebnisse unterstreichen die Wichtigkeit verbesserter Naturschutzmaßnahmen im Rahmen von Initiativen wie dem REDD+-Programm der Vereinten Nationen, die für die Reduzierung von Emissionen aus Entwaldung und Walddegradierung entscheidend sind.“

„Der Verlust von mehr als 352.000 Quadratkilometern Wald in nur drei Jahrzehnten ist eine deutliche Warnung! Es ist jetzt an der Zeit, unsere Strategien zum Schutz der Wälder zu überdenken. Dies ist nicht nur ein regionales Thema, sondern eine globale Aufgabe für den Erhalt der Artenvielfalt und der Klimaresilienz.“

Dr. Kouamé Paul N’Goran, WWF-Mitarbeiter Kamerun

Die Studie eröffnet auch eine Chance

Ein teilweise gefällter Baum nahe Minkébé Forest in Gabun © Michel Gunther / WWF
Ein teilweise gefällter Baum nahe Minkébé Forest in Gabun © Michel Gunther / WWF

Bei allen Herausforderungen, die die Studie aufzeigt, bietet sie auch eine Chance: Die Technologie, die für die Studie eingesetzt wurde, stellt einen enormen technologischen Fortschritt bei der Überwachung von Entwaldung und Walddegradierung in Zentralafrika dar.

Mit Hilfe moderner Computer und hochauflösender Daten erstellte das Team hochpräzise Karten von Landnutzungsänderungen im Maßstab von 30 Metern. Diese Werkzeuge zeigen nicht nur vergangene Trends auf, sondern geben auch einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen. Naturschutzorganisationen erhalten damit wichtige Informationen für ihre langfristige Planung.

Das Kongo-Becken steht bereits im Mittelpunkt umfangreicher Naturschutzbemühungen, auch der WWF ist hier aktiv. Laut Dr. Yisa ergänzt die Studie diese Bemühungen um eine weitere Ebene und liefert wichtige Daten, um sicherzustellen, dass nachhaltige Managementstrategien auf soliden wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.

„Der Verlust von mehr als 352.000 Quadratkilometern Wald in nur drei Jahrzehnten ist eine deutliche Warnung“, sagt Dr. N'Goran. „Es ist jetzt an der Zeit, unsere Strategien zum Schutz der Wälder zu überdenken. Dies ist nicht nur ein regionales Thema, sondern eine globale Aufgabe für den Erhalt der Artenvielfalt und der Klimaresilienz.“

Neben den alarmierenden Fakten zum Waldverlust hat der WWF gemeinsam mit Climate Focus und COMIFAC, der zentralafrikanischen Waldkommission, in einer Studie aufgezeigt, dass das Kongobecken im Vergleich zu den beiden anderen großen Tropenwäldern in Amazonien und Südostasien nur 4 Prozent der Naturschutzmittel erhält. Und das, obwohl das Kongobecken im Vergleich zu den beiden anderen Tropenwäldern inzwischen die letzte CO2-Senke ist. Julia Barske, Programmleiterin Kongo-Becken beim WWF Deutschland, betont daher: „Wir müssen das Kongobecken ins Rampenlicht der Weltöffentlichkeit rücken, um Gelder für eine nachhaltige Entwicklung zu mobilisieren, um nicht in die Fußstapfen der beiden anderen Regionen zu treten.“

Werden Sie aktiv und schützen Sie den Wald

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