Denn KAZAs Biodiversität ist in Gefahr: Kriminelle Wilderei dezimiert die Wildtierbestände. Besonders der Savannenelefant ist bedroht. Schwache Ernten und Armut zwingen Kleinbauern immer wieder dazu, wertvollen Lebensraum der geschützten Tiere zu roden, um Ackerflächen anzulegen. Bisher waren die Gemeinden nur unzureichend in den Naturschutz eingebunden – es fehlte der Anreiz. Nun helfen nachhaltiger Ackerbau in Simbabwe und Sambia sowie ein grenzübergreifendes Anti-Wilderei-Projekt in Simbabwe, Sambia und Namibia dabei, die natürlichen Ressourcen dieses einzigartigen Gebietes zu schützen.
Es herrscht Aufbruchsstimmung in Lusulu am Rande des Chizarira Nationalparkes in Simbabwe. Die Ernte könnte für die Farmer dort in Zukunft deutlich üppiger ausfallen. Das Dorf profitiert von einem Pilotprojekt. Nachhaltige Landwirtschaft mit besonders ertragreichem Saatgut und neue bodenschonende Erntegeräte sollen die Lebensgrundlage der Farmer dort langfristig sichern. Und so die einzigartige Natur im größten terrestrischen grenzübergreifenden Schutzgebietsnetzwerk der Erde – dem Kavango-Zambesi (KAZA) Schutzgebietskomplex – vor weiterem Raubbau und Rodungen bewahren. Dazu trägt das von der EU und dem WWF finanzierte Projekt bei.
Sichere Ernten für die Kleinbauern
Es ist ein Wendepunkt im Leben von Familie Sonyoya in Lusulu, einem Dorf, gelegen in der Pufferzone des Chizarira Nationalparks in Simbabwe. Die Familie gehört zu den 200 Farmern, die im Rahmen eines Pilotprojektes die neuen, nachhaltigen Erntemethoden anwenden. Mit speziellen Pflugscharen kann Herr Sonoyoya seine beiden sechs und vier Hektar großen Felder jetzt besonders schonend bearbeiten. Das Erosionsrisiko ist durch die neuen Pflüge deutlich verringert, die gesunde Bodenstruktur bleibt erhalten. Gleichzeitig schützt die Pflugschar Kleinstlebewesen, die für die Fruchtbarkeit des Bodens sorgen. Zudem bestellt Herr Sonoyoya seine Felder jetzt erstmals mit zertifiziertem und sehr ertragreichem Saatgut.
Etwa 90 Prozent des Chizarira-Nationalparks, mit seiner beeindruckenden, majestätischen Landschaft und seinem großen Artenreichtum, grenzen an Gemeinden, in denen die Menschen traditionell Subsistenzlandwirtschaft betreiben. Studien haben ergeben: Die durchschnittlichen Erträge für Mais und Hirse sind deutlich geringer als dies eigentlich in der Region möglich wäre. Das liegt vor allem an den bisher suboptimalen landwirtschaftlichen Praktiken der Bauern.
Genau hier setzt das Pilotprojekt an: Die Erntemengen in der Region könnten durch die mechanisierte, nachhaltige Landwirtschaft verdreifacht werden! Ein sensationelles Ergebnis, das – in Zeiten des Klimawandels – nicht nur die Ernährung der lokalen Bevölkerung sichert, sondern auch dem KAZA-Schutzgebietsnetzwerk dient und die Biodiversität in diesem wunderschönen Teil der Erde bewahrt. Bisher waren die Farmer wegen der kläglichen Ernten auf ihren ausgelaugten Äckern dazu gezwungen, immer neue Felder zu erschließen. Der sogenannte Wanderfeldbau bedeutete fortlaufende Rodungen und Auswirkungen in den Nationalparks.
KAZA ist ein 520.000 Quadratkilometer großes Naturschutzgebietsnetzwerk und beinhaltet 21 Nationalparks und Reservate, die über Korridore verbunden werden sollen. Hier lebt mehr als die Hälfte aller verbliebenen Elefanten Afrikas. Ein Viertel der gefährdeten Wildhund-Bestände und ein Fünftel der afrikanischen Löwen streift durch die Region. Gnu- und Zebraherden grasen in der Savanne, Flusspferde tauchen im Liambezi-See ab. Sattgrüne Sumpfgebiete und Urwälder bieten Heimat für Leoparden, Hyänen und Geparden.
Ein Ende des Raubbaus
Ziel der WWF-Arbeit in Kooperation mit Partnerorganisationen ist es, 4.100 Haushalte in Sambia und Simbabwe zu erreichen und die Gemeinden langfristig zu stärken. So können sie ihre Felder auch unter schwierigen klimatischen Bedingungen nachhaltig bestellen und dennoch sichere Ernten einfahren. Gleichzeitig bleiben die natürlichen Ressourcen in diesem einzigartig wertvollen Gebiet erhalten.
Herr Sonyoya jedenfalls blickt optimistisch in die Zukunft. "Wir sind sehr froh über das Pilotprojekt. Und darüber, dass wir jetzt zum ersten Mal in unserem Leben eine Pflugschar benutzen können“, sagt der Vater von acht Kindern. Der Unterschied zum bisher benutzten Scheibenpflug ist enorm: „Die Arbeit geht deutlich schneller und ist weniger anstrengend.“ Für die erwarteten höheren Ernte-Erträge hat die Familie schon einen Plan: „Wir könnten die Überschüsse an den lokalen Getreidevorstand verkaufen. Oder an private Unternehmen.“ Erste Kontakte zu lokalen Brauereien sind geknüpft. Sie können den Farmern weitere Absatzmöglichkeiten bieten und ihnen kleine Gewinne ermöglichen. Das trägt im Gemeindeschutzgebiet entscheidend dazu bei, den Lebensunterhalt von Familien wie den Sonoyoyas zu sichern.
Neue Jobs für Wildhüter
In Zuge der grenzübergreifenden Zusammenarbeit haben auch zehn Gemeindewildhüter in Lusu und Zilitene, im neu einzurichtenden Gemeindeschutzgebiet in Namibia, ihre Arbeit begonnen. Vier davon sind Frauen. Sie sollen den Naturschutz in den Gemeinden voranbringen und die Wilderei eindämmen. Das ist besonders wichtig, weil Lusu und Zilitene im Grenzgebiet von Namibia und Botswana liegen, umgeben von bereits bestehenden Gemeindeschutzgebieten. Somit wurde nun eine entscheidende Lücke geschlossen. Mit den neuen Gemeindewildhütern kann das Gebiet rund um den Liambezi-See in Namibia nun konsequent überwacht werden. Zwischen Juni und November 2018 hat es bereits 123 Patrouillen gegeben - in einem Gebiet, das bislang ungeschützt war.
Die Wildhüter haben z.B. illegalen Holzeinschlag von wertvollen und vielseitig nutzbaren Mopane-Bäumen aufgedeckt, der schon über längere Zeit tief im Wald stattgefunden hatte. Ausgewählt, ausgebildet und ausgerüstet wurden sie von der nationalen, namibischen NGO Integrated Rural Development and Nature Conservation (IRDNC).
Auch in Sambia und Simbabwe wird gegen die Wilderei vorgegangen. In Sambia in der Pufferzone des Sioma Ngwezi Nationalparks und im simbabwischen Lusulu am Rande des Chizarira Nationalparks, wo in den vergangenen Jahren 75 Prozent der Elefantenbestände der Wilderei zum Opfer fielen.
Mensch-Tier Konflikte reduzieren
Die Dorfvorsteher von Lusu und Zilitene jedenfalls sind sehr zufrieden über den Start des Projekts und die Fortschritte innerhalb des ersten Jahres. Erste Erfolge sind messbar. Die Wilderei rund um Lusu und Zilitene geht bereits massiv zurück. Vor allem sind durch den Einsatz der Wildhüter dringend benötigte Arbeitsplätze in der Region geschaffen worden. Die Gemeinden übernehmen also selbst die Verantwortung für die Arbeit gegen Wilderei und den Schutz der natürlichen Ressourcen.
Die Wildhüter helfen auch bei Mensch-Wildtier-Konflikten. Zum Beispiel wenn Elefanten in Maisfelder eindringen, weil sich diese in ihrem Lebensraum befinden, oder Löwen auf ihrer Suche nach neuen Revieren Ziegen und Rinder reißen. Die Wildhüter haben schon mehrfach Beweise gesammelt, was den betroffenen Familien finanzielle Entschädigungen ermöglichte. Um Mensch-Wildtier-Konflikte schon vor ihrer Entstehung zu vermeiden, informieren die Wildhüter auch darüber, wie Bauern ihr Vieh in sicheren Kraals vor Raubtieren schützen können.
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