Fishule Matengu kennt den Wert des Mongongo-Baumes im Trockenwald hinter seinem Dorf am Zambezi-Fluss schon aus seiner Jugend. Dies sei einige Jahrzehnte her, sagt der Farmer aus Mutanda. Damals hätten die Leute aus der Region bereits Öl aus Mongongo-Samen gepresst, das sie zum Kochen, zur Hautpflege oder als Lampenöl verwendeten. Besonders effizient sei die Ausbeute jedoch nicht gewesen und verkauft hätten sie das Öl auch nicht. Daher hätten die Bauer:innen den Wald nach und nach für Brennholz und Baumaterial abgeholzt. Oder sie haben Teile des Waldes für Felder und nicht nachhaltige Landwirtschaft gerodet.
Wie lassen sich Ostafrikas wertvolle Waldlandschaften am besten dauerhaft erhalten? Wiederaufforstung und Renaturierung sind bekannte Maßnahmen, um die Biodiversität von Wäldern nachhaltig wiederherzustellen. Das Konzept der Gemeindewaldgruppen wurde vom WWF in Sambia zum ersten Mal umgesetzt. Wie es funktioniert, zeigen die Bewohner:innen von sechs Gemeinden im Süden des Landes.
Erfolgsmodell „Gemeindewald“
Das hat den Trockenwald und dessen Artenreichtum derart gefährdet, dass er vollends zu verschwinden drohte – nicht nur in Mutanda, sondern auch in anderen Waldgegenden im Süden Sambias. Das Öl des Mongongo und das Konzept des Gemeindewaldes sind nun wichtige Bausteine zur Rettung der Trockenwälder .
Mit Hilfe des WWF beantragten Gemeinden im Silowana-Complex die vollständigen Nutzungsrechte für den Wald nahe ihrer Siedlung bei der sambischen Regierung und den ortsansässigen Chiefs. So entstand ein Gemeindewald. Für dessen Management und Nutzung sind die Gemeindemitglieder nun verantwortlich, die nationale Waldbehörde steht ihnen dabei unterstützend zur Seite. Dass sie die Rechte erhielten, ermöglichte der Forest Act. Dieser regelt die Erhaltung und Bewirtschaftung von Wäldern, definiert die Rechte an schützenswerten Waldflächen und legt Regeln für deren Nutzung fest.
Seit dem Jahr 2000 treibt der WWF gemeinsam mit verschiedenen nationalen und internationalen Akteuren den Ansatz der Wiederherstellung von Waldlandschaften voran, vor allem auch auf dem afrikanischen Kontinent. Dort sind die Gemeindewaldgruppen Sambias Teil eines weit größeren Schutzvorhabens, dem Bengo Projekt „Forest Landscape Restoration in Ostafrika“. In den drei ostafrikanischen Nachbarländern Kenia, Tansania und Sambia sollen rund 37.500 Hektar Waldlandschaften wiederhergestellt werden – von den Bergregenwäldern des Aberdare-Gebirges in Kenia über Küsten- und Miombowälder in Tansania bis hin zu den Trockenwäldern in Sambia. Finanziert wird das Projekt über das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
Landwirt:innen profitieren vom Naturschutz
Sechs Dörfer unterstützt der WWF bislang im Süden Sambias beim Gründen ihres Gemeindewaldes. Mehr als 5.000 Hektar Trockenwald wurden bereits zur gemeinschaftlichen Nutzung ausgewiesen. Mit Synergieeffekt. Die Dorfbewohner:innen hegen den Waldbestand und nutzen gleichzeitig ganz legal, was auf diesem Land wächst: Holz für Brenn- oder Baumaterial in ausgewiesenen Mengen. Und sie ernten das wertvolle Öl des Mongongo.
Die bis zu 20 Meter hohen Bäume aus der Familie der Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae) wachsen perfekt im Sand der Kalahari. Die pflaumengroßen Früchte werden geerntet, getrocknet und entsteint. Denn was die Frucht des Mongongo so besonders macht, ist ihr haselnussgroßer Kern. Dieser enthält ein Öl, das reich ist an ungesättigten Fettsäuren, wie Omega-, Linol- und Linolen-Fettsäuren. Ein heiß begehrtes Produkt auf dem internationalen Markt für Naturkosmetik.
Traditionelles Wissen kombiniert mit technischem Knowhow vervielfacht den Erfolg
Damit das Konzept des Gemeindewaldes gewinnbringend ist, vermittelt der WWF den Leuten vor Ort technisches Fachwissen zu effizienten Ernte- und Verarbeitungsmethoden. Er stellt generatorbetriebene Hammermühlen zum Knacken der Kerne oder Ölpressen für die Samen bereit. Zudem hilft der WWF bei der Suche nach lokalen Absatzmärkten und potenziellen Kunden.
Die Bewohner:innen Mutandas leben heute fast ausschließlich vom Mongongo-Öl. Die Einnahmen fließen in kommunale Entwicklungsprojekte, in Bildung und eine Gesundheitsversorgung vor Ort. „Fast jeder Haushalt in Mutanda erntet heute Mongongo-Samen oder verarbeitet das Öl“, sagt Farmer Fishule Matengu. Während er und seine Familie früher von umgerechnet bestenfalls 16 US-Dollar im Monat leben mussten, verdienten sie heute bis zu 60 US-Dollar. Davon könne sich die Familie ernähren, die Schulgebühren für die Kinder zahlen und sich den Arztbesuch leisten.
Die Gemeindewaldgruppen des SilowanaComplex im Süden Sambias sind Teil eines gigantischen Schutzprojektes, das der WWF im Jahr 2012 ins Leben gerufen hat. Sie gehören zu nichts Geringerem als Afrikas größtem zusammenhängenden Schutzgebiet, dem Kavango-Zambezi Trans Frontier Conservation Area (KAZA TFCA). Über die Grenzen von fünf afrikanischen Staaten erschließt es sich. Ein Areal so groß wie Italien, aus Buschsavanne, Flusslandschaften und Feuchtgebieten, Kulturland und Wäldern.
- Kavango-Zambesi KAZA