Die Maßnahmen dieses Projekts werden den Lauf der Mulde verändern. Wie ein natürlicher Fluss verändert auch die Mulde wieder ihren Lauf. Nur an kleinen ausgewählten Bereichen, aber doch so, das Forscher Rückschlüsse für andere Vorhaben ziehen können. Doch wie verändert sich ein Fluss eigentlich? Ein natürlicher Fluss wird auf Grund der Kraft des Wassers ständig seinen Lauf verändern. An der Außenseite einer Flusskrümmung, dem sogenannten Prallhang, prallt der Fluss auf ein Ufer und höhlt es aus. Im Bereich der Unteren Mulde mit den relativ weichen Auenböden geht so etwas vergleichsweise schnell. Die Ufer rutschen ab und der Fluss trägt den Boden davon. Auf der Innenseite einer Krümmung, dem Gleithang, fließt der Fluss langsamer. Dort wird der an einem Prallhang abgetragene Auenboden als Sediment abgelagert. Etwas Ähnliches passiert, wenn ein Baum vom Ufer durch Windbruch oder Unterhöhlung ins Gewässer gelangt ist. Die Strömung verändert sich im Bereich des Baumes. Abhängig von seiner Lage im Fluss, werden Sedimente, z.B. als Kiesbank, abgelagert oder auch die Sohle des Flussbetts eingetieft.
Die mit den Maßnahmen verbundenen Veränderungen der Unteren Mulde sollen durch die Forscherteams hinsichtlich Hydraulik und Hydromorphologie quantifiziert werden. Damit wird in Folge die Evaluierung der Maßnahmen ermöglicht, ebenso wie eine Analyse der Veränderungen des Stoffhaushaltes und der Biodiversität. Eine Kombination von Feldmessungen, Laborversuchen und Berechnungen soll ein vollständiges Bild der hydraulischen und morphologischen Auswirkungen der umgesetzten Maßnahmen liefern, um insbesondere ingenieurtechnische Empfehlungen zum Einsatz von Raubäumen als innovative Maßnahme der Gewässerrevitalisierung zu entwickeln.
Was passiert mit dem Stoffhaushalt der Mulde?
Das Wasser eines Flusses ist immer auch ein Spiegel seiner Umgebung. So auch in der Mulde. So können Stoffe nachgewiesen werden, die durch Düngung auf landwirtschaftlichen Flächen in die Umwelt gelangen. Eine Besonderheit ist, dass man noch immer Spuren chemischer Substanzen aus den Zeiten findet, in denen DDR-Chemiebetriebe ihre Abwässer in die Mulde entsorgten. Sowohl die Nährstoffe aus der Landwirtschaft, als auch diese chemischen Substanzen beeinträchtigen das Ökosystem Mulde. Intakte Ökosysteme sind aber in der Lage solche Stoffe zurückzuhalten, umzuwandeln oder gar abzubauen.
Es wird angenommen, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Hydromorphologie zu nachweisbaren Veränderungen der Ökosystemfunktionen und damit Ökosystemleistungen führen werden. Diese Hypothese ist bisher kaum untersucht worden und stellt eine bedeutende Herausforderung für die angewandte Gewässer- und Auenforschung dar. Ziel des Arbeitspaketes Stoffhaushalt ist es, die Effekte der Revitalisierungsmaßnahmen an der Unteren Mulde auf die Ökosystemleistungen "Stoff- und Sedimenthaushalt" und "Reinigungsleistung" zu untersuchen. Dabei wird unter anderem die Nährstoffretention in Aue und Fließgewässer und der Nährstoffabbau und -umsatz, erfasst. Es erfolgt außerdem eine Messung der Stoffproduktion von Bodenlebewesen im Gewässer, sowie die Quantifizierung von Stoffflüssen im Nahrungsnetz der Organismen. Die dazu notwendigen Freilanduntersuchungen beginnen ein Jahr vor der Maßnahme, um den Status Quo zu ermitteln und erstrecken sich bis zwei Jahre nach der Maßnahme, um die Auswirkungen zu evaluieren.
Haben die Maßnahmen Auswirkungen auf die Biodiversität?
Das Untersuchungsgebiet ist zu großen Teilen ein Naturschutzgebiet und weist einen großen Artenreichentum auf, an Land und im Wasser. Die Forscher wollen untersuchen, ob und wie sich die die Tier- und Pflanzenwelt durch die Maßnahmen verändert. Dabei richten sie sich auf Laufkäfer und Libellen, die krautige Vegetation im Uferbereich der Mulde sowie die aquatische Lebewelt (Makrozoobenthos, Fische und Makrophyten). Vor und nach der Umsetzung der Maßnahmen wird die Artendichte von Laufkäfern und Libellen als auch die Diversität und Zusammensetzung der Artengemeinschaften je Standort untersucht. Zusätzlichen wird ein Vergleich zwischen verschiedenen Habitaten vor und nach der Revitalisierung gezogen. Über Modelle wird die Bindung an Habitateigenschaften erfasst, die durch die Revitalisierungsmaßnahmen beeinflusst werden.