Die Umsetzung der Naturschutzmaßnahmen an der Mulde wird durch ein Konsortium aus unterschiedlichen Forschungseinrichtungen begleitet.

Dazu gehören das Helmholtz Zentrum für Umweltwissenschaften GmbH, Department Naturschutzforschung, Department Fließgewässerökologie, der Technischen Universität Carolo Wilhelmina zu Braunschweig, der Universität Leipzig, der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden und der Leibniz Universität Hannover.

Es werden fünf Arbeitspakete unterschieden:

  • Hydraulik und Hydromorphologie,
  • Stoffhaushalt
  • Biodiversität
  • Evaluierung und Synthese
  • Planung und Ökosystemleistungsansatz sowie Forschungskoordination


Die Forschungseinrichtungen bearbeiten unterschiedliche Schwerpunkte, jedoch in enger Abstimmung untereinander und mit dem WWF als Umsetzungspartner. 

Ziel der Forschung ist es, zu verstehen wie sich die verschiedenen Maßnahmen auf die belebte und unbelebte Umwelt auswirken. Dafür soll der Erfolg der durchgeführten Maßnahmen anhand von hydraulischen, hydromorphologischen, biologischen und funktionellen Parametern hinsichtlich des Gesamtziels des Projektes ermittelt werden. Es soll auch geprüft werden, ob die durchgeführten Maßnahmen Modellcharakter haben für die Sicherung von Biodiversität und Ökosystemleistungen in weiteren Fluss-Auen-Ökosystemen der Mulde und anderswo. Zudem sollen die Wirkungen der Maßnahmen eingeschätzt und Bedingungen für die Maximierung von Synergien sowie die Minimierung von Zielkonflikten von Ökosystemleistungen identifiziert werden. Eine Reihe von Fragen wurde in der Vorbereitung aufgeworfen, welche im Projektverlauf intensiv untersucht werden sollen:

  • Wie verändert sich der Flusslauf der Mulde?
  • Was passiert mit dem Stoffhaushalt der Mulde?
  • Wie verändert sich die Tier- und Pflanzenwelt?
  • Wie nützt dieses Projekt dem Einzelnen und der Gesellschaft?
  • Was lernen wir aus diesem Projekt?

Wie verändert sich der Flusslauf der Mulde?

Mulde und Graben bei Dessau © Bernd Eichhorn / WWF
Mulde und Graben bei Dessau © Bernd Eichhorn / WWF

Die Maßnahmen dieses Projekts werden den Lauf der Mulde verändern. Wie ein natürlicher Fluss verändert auch die Mulde wieder ihren Lauf. Nur an kleinen ausgewählten Bereichen, aber doch so, das Forscher Rückschlüsse für andere Vorhaben ziehen können. Doch wie verändert sich ein Fluss eigentlich? Ein natürlicher Fluss wird auf Grund der Kraft des Wassers ständig seinen Lauf verändern. An der Außenseite einer Flusskrümmung, dem sogenannten Prallhang, prallt der Fluss auf ein Ufer und höhlt es aus. Im Bereich der Unteren Mulde mit den relativ weichen Auenböden geht so etwas vergleichsweise schnell. Die Ufer rutschen ab und der Fluss trägt den Boden davon. Auf der Innenseite einer Krümmung, dem Gleithang, fließt der Fluss langsamer. Dort wird der an einem Prallhang abgetragene Auenboden als Sediment abgelagert. Etwas Ähnliches passiert, wenn ein Baum vom Ufer durch Windbruch oder Unterhöhlung ins Gewässer gelangt ist. Die Strömung verändert sich im Bereich des Baumes. Abhängig von seiner Lage im Fluss, werden Sedimente, z.B. als Kiesbank, abgelagert oder auch die Sohle des Flussbetts eingetieft.

 

Die mit den Maßnahmen verbundenen Veränderungen der Unteren Mulde sollen durch die Forscherteams hinsichtlich Hydraulik und Hydromorphologie quantifiziert werden. Damit wird in Folge die Evaluierung der Maßnahmen ermöglicht, ebenso wie eine Analyse der Veränderungen des Stoffhaushaltes und der Biodiversität. Eine Kombination von Feldmessungen, Laborversuchen und Berechnungen soll ein vollständiges Bild der hydraulischen und morphologischen Auswirkungen der umgesetzten Maßnahmen liefern, um insbesondere ingenieurtechnische Empfehlungen zum Einsatz von Raubäumen als innovative Maßnahme der Gewässerrevitalisierung zu entwickeln.

 

Was passiert mit dem Stoffhaushalt der Mulde?

Das Wasser eines Flusses ist immer auch ein Spiegel seiner Umgebung. So auch in der Mulde. So können Stoffe nachgewiesen werden, die durch Düngung auf landwirtschaftlichen Flächen in die Umwelt gelangen. Eine Besonderheit ist, dass man noch immer Spuren chemischer Substanzen aus den Zeiten findet, in denen DDR-Chemiebetriebe ihre Abwässer in die Mulde entsorgten. Sowohl die Nährstoffe aus der Landwirtschaft, als auch diese chemischen Substanzen beeinträchtigen das Ökosystem Mulde. Intakte Ökosysteme sind aber in der Lage solche Stoffe zurückzuhalten, umzuwandeln oder gar abzubauen.

 

Es wird angenommen, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Hydromorphologie zu nachweisbaren Veränderungen der Ökosystemfunktionen und damit Ökosystemleistungen führen werden. Diese Hypothese ist bisher kaum untersucht worden und stellt eine bedeutende Herausforderung für die angewandte Gewässer- und Auenforschung dar. Ziel des Arbeitspaketes Stoffhaushalt ist es, die Effekte der Revitalisierungsmaßnahmen an der Unteren Mulde auf die Ökosystemleistungen "Stoff- und Sedimenthaushalt" und "Reinigungsleistung" zu untersuchen. Dabei wird unter anderem die Nährstoffretention in Aue und Fließgewässer und der Nährstoffabbau und -umsatz, erfasst. Es erfolgt außerdem eine Messung der Stoffproduktion von Bodenlebewesen im Gewässer, sowie die Quantifizierung von Stoffflüssen im Nahrungsnetz der Organismen. Die dazu notwendigen Freilanduntersuchungen beginnen ein Jahr vor der Maßnahme, um den Status Quo zu ermitteln und erstrecken sich bis zwei Jahre nach der Maßnahme, um die Auswirkungen zu evaluieren.

 

Haben die Maßnahmen Auswirkungen auf die Biodiversität?

Das Untersuchungsgebiet ist zu großen Teilen ein Naturschutzgebiet und weist einen großen Artenreichentum auf, an Land und im Wasser. Die Forscher wollen untersuchen, ob und wie sich die die Tier- und Pflanzenwelt durch die Maßnahmen verändert. Dabei richten sie sich auf Laufkäfer und Libellen, die krautige Vegetation im Uferbereich der Mulde sowie die aquatische Lebewelt (Makrozoobenthos, Fische und Makrophyten). Vor und nach der Umsetzung der Maßnahmen wird die Artendichte von Laufkäfern und Libellen als auch die Diversität und Zusammensetzung der Artengemeinschaften je Standort untersucht. Zusätzlichen wird ein Vergleich zwischen verschiedenen Habitaten vor und nach der Revitalisierung gezogen. Über Modelle wird die Bindung an Habitateigenschaften erfasst, die durch die Revitalisierungsmaßnahmen beeinflusst werden.

Naturlandschaften an der Untere Mulde © Nele Klimmer / WWF
Naturlandschaften an der Untere Mulde © Nele Klimmer / WWF

Weiterhin wird der Einflusses der Uferrevitalisierung auf die Zusammensetzung der Laufkäfer-Artengemeinschaften und auf die Abundanz der Fließgewässerlibellen untersucht. Mit Hilfe der einschlägigen FFH-Bewertungsschlüssel wird der Einfluss der Maßnahmen auf den FFH-Erhaltungszustand der Fließgewässerlibellen beurteilt. Im Uferbereich und den Auen werden zusätzlich die Diversität und die Struktur der krautigen Vegetation bestimmt.

Im aquatischen Bereich werden die Diversität und Zusammensetzung des Makrozoobenthos, der Fische und der Makrophyten erfasst und vergleichend analysiert. Die Effekte der Maßnahmen auf die aquatischen Lebensgemeinschaften werden zum einen durch konventionelle statistische Analysen und zum anderen durch WRRL-konforme Bewertungsverfahren ermittelt. Von den erfassten semiterrestrischen und terrestrischen Pflanzenarten werden das Vorkommen ausgewählter Arten, ihre funktionellen Merkmale, sowie die Zusammensetzung von Artengemeinschaften und die Variation der Artendiversität und funktionellen Diversität zwischen verschiedenen Habitaten vor Beginn, während und nach Abschluss der Maßnahmendurchführung ermittelt und miteinander verglichen.

Was lernen wir aus diesem Projekt?

Mindestens fünf Forscherteams sind an diesem Projekt beteiligt. Alle betrachten einen bestimmten Ausschnitt der Naturlandschaft Mulde. Aufbauend auf die Forschungsergebnisse der einzelnen Teams soll eine Evaluierung und Synthese stattfinden. Die integrative Datenauswertung erfolgt, mit dem Ziel, die Eignung der umgesetzten Maßnahmen zu bewerten und Empfehlungen für zukünftige Maßnahmen zur Revitalisierung von Flussauen zu geben.

Des Weiteren soll ermittelt werden, inwieweit sich gewählte Evaluierungskriterien im Hinblick auf den Erhalt bzw. die Wiederherstellung von bereitgestellten Ökosystemleistungen in Flussauen eignen.

Wie nützt dieses Projekt dem Einzelnen und der Gesellschaft?

Einige Forscher beschäftigen sich mit der Planung und dem Ökosystemleistungsansatz. Dabei werden Methoden entwickelt und erprobt, wie Auswirkungen von Renaturierungsmaßnahmen im Hinblick auf Ökosystemleistungen erfasst und bewertet werden können.

Viele Menschen nutzen heute Dienstleistungsunternehmen. Was vielen nicht bewusst ist: auch das Ökosystem Mulde erbringt Dienstleistungen für uns. Es filtriert Niederschlagswasser, bietet Hochwassern Ausbreitungsflächestellt uns Naherholungsbereiche zur Verfügung und vieles mehr. Stellt man sich einen geradlinig kanalisierten Fluss und dagegen die sehr viel naturnähere Mulde vor, wird deutlich, dass hier ein Wert besteht den es zu bewahren und zu schützen gilt. Mit den Maßnahmen des Projekts soll dieser Wert sogar noch erhöht werden. Zusätzlich wird untersucht, ob und wie sich eine Darstellung von Ökosystemleistungen auf die Wertschätzung von Biodiversität und Naturhaushalt von Entscheidungsträgern und Betroffenen auswirkt und ob diese Darstellungen als zusätzliches Argument bei der Umsetzung von Umwelt- und Naturschutzzielen greifen. Aufbauend auf den Ergebnissen der anderen Arbeitspakete sollen Methoden zur Erfassung, Bewertung und Bilanzierung von Ökosystemleistungen weiterentwickelt werden.

So können Sie helfen

  • Untere Mulde © Nele Klimmer / WWF Maßnahmen zur Revitalisierung der Wilden Mulde

    Bis voraussichtlich Ende 2018 sollen eine Reihe von Revitalisierungsmaßnahmen umgesetzt werden. Weiterlesen ...

  • Totholz in der Unteren Mulde © Nele Klimmer / WWF Projekt Wilde Mulde

    Im Jahr 2015 startete unter der Leitung des WWF das Verbundprojekt, indem Maßnahmen für den Naturschutz durchgeführt werden. Weiterlesen ...