Viele Verbraucher:innen kennen das Problem, wenn sie im Supermarktregal die Qual der Wahl zwischen verschiedenen Siegeln und Labeln für Lebensmittel haben. Auch für Produzent:innen und Hersteller:innen wird die Wahl der Zertifizierung immer unübersichtlicher. Nachhaltigkeitszertifizierungen für Lebensmittel sind eine Möglichkeit bestimmte Nachhaltigkeitsaspekte eines Produkts hervorzuheben – die Vielzahl an unterschiedlichen Siegeln und Labeln erschwert am Ende allerdings die Entscheidung. Sowohl Verbraucher:innen als auch Produzent:innen sind verunsichert über die Ansprüche, die in Zukunft an sie gestellt werden.

Das Dialogprojekt

Frau im Supermarkt © Richard Stonehouse
Frau im Supermarkt © Richard Stonehouse

Die Erarbeitung von Mindestkriterien für Nachhaltigkeitszertifizierung pflanzlicher Agrarrohstoffe mit Schwerpunkt Lebensmittel soll die Grundlage legen, um Standards und Label vergleichbar zu machen. Das Dialogprojekt möchte:

  1. aufzeigen, wo bereits heute die Gemeinsamkeiten von existierenden Standards und Labels liegen, um damit 
  2. das Bewusstsein für die gemeinsame Basis – Best Management Practise (BMP) – von nachhaltigerer Agrarproduktion zu schärfen, und somit
  3. Transparenz zu schaffen, was heute „State of the Art“ ist.

Warum erarbeitet der WWF Mindestanforderungen für Nachhaltigkeit?

Der WWF geht davon aus, dass viele Standards beispielsweise ein Kriterium zum Schutz vor Bodenerosion oder gegen Diskriminierung von Arbeiter:innen beinhalten. Als Grundlage für die Diskussion zu Mindestkriterien hat ein Beratungsunternehmen 29 Standards, die für den deutschen Markt relevant sind, auf ihre Gemeinsamkeiten untersucht. Wir wollen bis zum Sommer 2020 diesen gemeinsamen Kanon an Mindestkriterien in den Bereichen Ökologie, Soziales und Ökonomie sichtbar machen und damit die Aufmerksamkeit auf das gemeinsame Fundament der Nachhaltigkeitsstandards richten, welche sich im Rahmen der Nachhaltigkeitsdiskussion in Politik und Gesellschaft unter Einbindung der Erzeugerländer entwickelt haben. Somit entsteht Transparenz darüber, was der Status Quo in den verschiedenen Anbaupraktiken und BMPs im Rahmen von Nachhaltigkeitsstandards ist. Damit soll eine Bewertung der Standards vereinfacht werden, aber auch eine Spezialisierung von Standards und Labeln sichtbar gemacht werden.

Dies zieht, aus Sicht des WWF, eine rote Linie ein, über welche Kriterien/Anforderungen für Nachhaltigkeit in Zukunft nicht mehr diskutiert werden muss, weil der Mindestkriterienkatalog diese bereits beinhaltet. Dies wird eine Momentaufnahme der aktuellen gesamtgesellschaftlichen Diskussion darstellen. Nach dieser Grundlagenarbeit wird sich der WWF wieder für darüber hinaus gehende Ambitionsniveaus und „Gold-Standards“ im Bereich Lebensmittel einsetzen.

Ziel des Projektes

Ziel des Projekts war es, einen Mindestkriterienkatalog für Nachhaltigkeitszertifizierung in einem Multi-Stakeholder-Dialog zu erarbeiten. Beteiligt waren Akteure aus Politik, Wirtschaft, Label-Geber, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Ein Expert:innengremium, der Begleitkreis, hatte zur Aufgabe, das Projektteam in der Gestaltung des Prozesses zu beraten und schließlich über die Mindestkriterien auf Grundlage des Feedbacks der Akteure abzustimmen.

Dieser Kriterienkatalog kann später als Grundlage für eine Bewertung von Standards in Online-Vergleichsportalen wie Siegelklarheit.de„Kompass Nachhaltigkeit“ und sustainabilitymap.org genutzt werden, um Transparenz im „Siegeldschungel“ zu schaffen sowie den Marktanteil von Produkten mit glaubwürdigen und anspruchsvollen Umwelt- und Sozialsiegeln zu steigern.

Der Mindestkriterienkatalog

Dem Dialogprojekt ist es gelungen, in einem aufwendigen Verfahren 73 Mindestkriterien zu identifizieren. Sie haben von den Akteuren des Begleitkreises eine 2/3-Mehrheit erhalten und dürfen deshalb „Mindestkriterien“ genannt werden.

Diese Mindestkriterien wurden im Ergebnis eines breit angelegten gesellschaftlichen Dialogs verabschiedet. Somit ist es gelungen, eine Verständnisbasis über solche Kriterien herzustellen, die heute „State of the Art“ sind, als auch über solche, über die in der gesellschaftlichen Diskussion ein gewisser Konsens besteht. Darüber hinaus können Zertifizierungssysteme den Katalog nutzen und Themen und Anforderungen identifizieren, die sie in ihren Standard aufnehmen.

Der Projektbericht zum Download

Liste der Begleitkreis-Organisationen
  • Bodensee-Stiftung/Global Nature Fund, Biodiversitätskriterien in Standards und Labels der Lebensmittelbranche
  • Brot für die Welt, Ernährungssicherheit
  • Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft BÖLW, Landwirtschaft
  • Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Referat 522 Zulassung, Meldungen Ökologischer Landbau
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Referat VI b 3 CSR
  • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Referat 521 –  Nachhaltigkeit und Klimaschutz, Klimafolgen
  • Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Referat G I 4 – Nachhaltige Verbraucherschutzpolitik, Produktbezogener Umweltschutz / vertreten durch: Umweltbundesamt, FG III 1.3, Ökodesign, Umweltkennzeichnung, Umweltfreundliche Beschaffung
  • Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Referat 121 - Internationale Agrarpolitik, Landwirtschaft, Innovation
  • Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels e.V. (BVLH)
  • Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, SV Nachhaltigkeitsstandards und öffentlich-private Verantwortung
  • Deutsche Welthungerhilfe e. V., Food Security Standard (FSS)
  • Deutscher Bauernverband e. V., Ackerbau, Energie / Nachwachsende Rohstoffe
  • Deutscher Raiffeisenverband e. V., Getreide/Ölsaaten, Energie, Nachhaltigkeit
  • DLG e. V., Fachgebiet Nachhaltigkeit und ländliche Räume
  • Georg-August-Universität Göttingen, Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte
  • GLOBALG.A.P. c/o FoodPLUS GmbH, Standard Management Livestock and Feed
  • Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde, Fachgebiet Nachhaltige Unternehmensführung in der Agrar- und Ernährungswirtschaft
  • Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Pflanzenbau, Sonderkulturen, Erzeugung und Verarbeitung pflanzlicher Produkte
  • International Sustainability & Carbon Certification ISCC
  • Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, Projektgruppe Nachhaltigkeit in Landwirtschaft und Ernährung – Perspektive 2030
  • NABU – Naturschutzbund Deutschland e. V., Agrarpolitik und ländliche Räume
  • Rainforest Alliance
  • Thünen-Institut für Marktanalyse

Unter Mitarbeit weiterer Organisationen:

  • ALDI SÜD Dienstleistungs-GmbH & Co. oHG
  • Bundesverband Agrarhandel  e. V.
  • Deutsche Umwelthilfe e.V.
  • Deutscher Verband Tiernahrung e. V. (DVT)
  • Fair and Green e.V.
  • Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland e.V. OVID
  • Verein Donau Soja
  • und andere

Darüber hinaus möchten wir uns für die gute Zusammenarbeit bedanken bei:

  • Christof Walter Associates für die „Analyse der Standards“
  • Heike Leitschuh (Autorin, Moderatorin & Beraterin für Nachhaltige Entwicklung) für die Begleitung und Moderation des Dialogprojekts
BMEL Logo © Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
BMEL Logo © Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft

Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) finanziell gefördert und inhaltlich unterstützt. Das Projekt wird von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Bundesprogramms ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) abgewickelt.

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Weitere Informationen

  • Arbeit auf der Sojaplantage © Peter Caton / WWF UK Soja

    Tofu, Sojamilch und Sojasoße – das sind Produkte der beliebten Sojabohne. Nicht auf der Liste der Produkte, die Verbrauchern beim Stichwort Sojaproduktion einfallen, steht Fleisch. Dabei landen 80 Prozent der Bohne als Futtermittel in den Tiertrögen. Zu Soja

  • Palmfrüchte © Jürgen Freund / WWF Palmöl: einer der wichtigsten Rohstoffe der Welt

    Palmöl befindet sich in etwa der Hälfte aller in Deutschland erhältlichen Waren. Leider werden für neue Plantagen zahlreiche Hektar Regenwald gerodet. Zu Palmöl

  • Arbeiter in FSC zertifizierter Akazien Plantage © James Morgan / WWF Zertifizierung in der Landwirtschaft

    Zertifizierungssysteme und Runde Tische bringen auf freiwilliger Basis alle Gruppen zusammen, die in die Produktion involviert oder von ihr betroffen sind. Weiterlesen...