Flüsse sind die Lebensadern unseres Planeten. Sie zählen zu den artenreichsten Lebensräumen der Welt. Seit Urzeiten versorgen sie uns mit Wasser und Nahrung und bilden damit eine existentielle Lebensgrundlage für Mensch und Natur. Doch viele Flüsse fließen längst nicht mehr frei. Wir Menschen haben sie gebändigt, indem wir sie aufgestaut, ausgebaggert und umgeleitet haben. Wir haben die Lebensadern unserer Kontinente in ein Korsett gezwängt und verstopft – mit dramatischen Folgen für ganze Ökosysteme, für den Artenreichtum und letztlich auch für uns.

Was sind Flüsse?

Fluss im Mau-Mara-Wald in Unganisha © Daniel Crous / WWF
Fluss im Mau-Mara-Wald in Unganisha © Daniel Crous / WWF

Flüsse sind komplexe und dynamische Ökosysteme, die sich ständig verändern – sie sind „im Fluss“. Ein Fluss fließt von seiner Quelle bis zu seiner Mündung – entlang seines Laufs schafft er eine Vielfalt an Lebensräumen, sowohl im Wasser als auch an Land. Zum Ökosystem Fluss gehört das fließende Wasser selbst, das Flussbett, der Uferbereich und die ihn flankierenden Flussauen, sowie sein Mündungsbereich ins Meer – das Delta oder Ästuar.

Gesunde, frei fließende Flüsse verbinden Berge mit Ozeanen, sie sind Korridore zwischen Land und Meer. Dabei dienen sie Tieren und Pflanzen als Wanderwege und transportieren Nährstoffe und Sedimente. Flüsse können austrocknen und überfluten – nicht nur ihr Fließen stromabwärts macht Flüsse also aus, sondern auch ihre variable Ausdehnung in die Breite. Und sie stehen in engem Austausch mit dem Grundwasser. Flüsse verbinden Lebensräume also in alle Dimensionen: nach oben, nach unten, nach links und nach rechts, stromauf und stromab.

Welche Tier- und Pflanzenarten leben an Flüssen?

Flüsse bieten entlang ihres Laufs ein Mosaik unterschiedlichster Lebensräume. Diese Vielgestaltigkeit macht sie zur Heimat für eine Vielzahl von Arten. Je nachdem wie schnell das Wasser fließt, wie tief es ist oder wie kalt, siedeln sich unterschiedliche Tiere und Pflanzen an – angepasst an das jeweilige Habitat am oder im Wasser.

Darunter finden sich viele Spezialisten, die zum Beispiel mit starker Strömung zurechtkommen. Oder mit Brackwasser, wenn ein Fluss ins Meer mündet und sich Salz- und Süßwasser vermischen. An Flüssen sind unzählige Pflanzen- und Insektenarten, Fische, Vögel, Amphibien, aber auch Säugetiere wie Biber und Fischotter zu Hause. Sie alle brauchen die Vielfalt des Flusses und seiner angrenzenden Landschaften.

Wie wichtig sind Flüsse für den Menschen?

Trinkwasser aus einem Brunnen © Green Renaissance / WWF-US
Trinkwasser aus einem Brunnen © Green Renaissance / WWF-US

Flüsse sind für die Menschen von immenser Bedeutung. Nicht nur, weil sie komplexe und vielfältige Ökosysteme schaffen, von und mit denen Menschen leben. Flüsse sind Quell der Erholung, dienen der Freizeitgestaltung und haben mit ihrer Kraft und Bewegung Entwicklung und gesellschaftlichen Wohlstand befördert. Auf ihnen konnten Menschen schwere Frachten über weite Strecken transportieren, auf ihnen konnten Menschen von der See aus weit ins Landesinnere vordringen.

Doch das wohl wichtigste Gut, das Flüsse uns Menschen liefern, ist Wasser: Etwa zwei Milliarden Menschen weltweit beziehen ihr Trinkwasser direkt aus Flüssen, etwa 62 Prozent der bewässerten landwirtschaftlichen Nutzflächen der Welt werden mit Wasser aus Flüssen versorgt. Damit unterstützen Flüsse direkt ein Viertel der gesamten weltweiten Nahrungsmittelproduktion

Aber gesunde, frei fließende Flüsse sind so viel mehr als „nur“ Wasserleitungen. Ihr dynamischer Fluss von Wasser, Sedimenten und Nährstoffen hält die Binnenfischerei aufrecht, die für die Ernährungssicherheit von mehr als 200 Millionen Menschen entscheidend ist.

Flüsse düngen mit den Nährstoffen, die sie transportieren, Delta und Auen, die zu den produktivsten Lebensräumen der Erde gehören. Intakte Flussauen tragen dazu bei, Städte vor Überschwemmungen zu schützen. Und frei fließende Flüsse halten dicht besiedelte Deltas über dem steigenden Meeresspiegel, indem sie regelmäßig Sedimente mitbringen, die sich im Delta ablagern.

Unsere Flüsse sind bedroht

Staudamm in Tasmanien © Shutterstock / Crbellette / WWF
Staudamm in Tasmanien © Shutterstock / Crbellette / WWF

Schätzungsweise 773.000 Quadratkilometer der Erde sind mit Flüssen und Bächen bedeckt – das entspricht der zweifachen Fläche Deutschlands. Es steht schlecht um sie. Nur noch ein Drittel der großen Flüsse der Welt – das sind Flüsse mit einer Länge von mehr als 1.000 Kilometern – fließen heute noch frei. Sie befinden sich überwiegend in entlegenen Regionen der Arktis sowie im Amazonas- und Kongo-Becken, wo sie von einem hohen Nutzungsdruck bislang verschont geblieben sind. In dicht besiedelten Regionen lassen sich frei fließende Flüsse nur noch selten finden, zwei davon sind der Ayeyarwady und der Salween in Myanmar.

Gesunde Flüsse sind heute eher die Ausnahme als die Regel. Das deutlichste Zeichen für den Schaden, den wir angerichtet haben – und immer noch anrichten – ist der schockierende Rückgang der Artenvielfalt im Süßwasser: In den vergangenen 50 Jahren haben wir im Durchschnitt 83 Prozent der Populationen der Süßwasserarten verloren.

All die offensichtlichen Leistungen frei fließender Flüsse wurden von Entscheidungsträger:innen in Politik und Wirtschaft stets unterschätzt und übersehen – bis sie verloren gingen. Wir haben die Flüsse unserer Erde mit Talsperren, Wehren und Wasserkraftwerken verstopft, wir haben sie begradigt und ausgebaggert, wir haben sie verschmutzt und verbrauchen zu schnell zu viel ihres Wassers. Wir haben den Flüssen das genommen, was für sie so essentiell ist: ihre Dynamik.

Mit fatalen Folgen: Begradigte Flüsse sind ihrer natürlichen Überflutungsflächen beraubt und so verschärft sich bei Hochwasser die Gefahr für den Menschen. Werden Flüsse gestaut, behindert das ihren Sedimenttransport. Dies führt dazu, dass viele der größten Deltas weltweit absinken oder schrumpfen, weil ihnen der Nachschub an Sediment fehlt – verschärft durch den klimabedingten Meeresspiegelanstieg.

WWF-Vision: weltweit frei fließende Flüsse

Obere Isar © Sigrun Lange / WWF
Obere Isar © Sigrun Lange / WWF

Die Süßwasser-Arbeit des WWF lebt von der Vision einer Welt mit lebendigen Flüssen, Seen und Feuchtgebieten als Lebensgrundlage für Mensch und Natur. Um das zu erreichen, setzt sich der WWF für den weltweiten Schutz und die Renaturierung von Flüssen, Seen und Feuchtgebieten und die nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen ein.

In Deutschland engagiert sich der WWF für den Erhalt der letzten noch bestehenden naturnahen Flüsse bzw. Flussabschnitte ein sowie für den Rückbau von Querbauwerken („Dam Removal“) und die Revitalisierung degradierter Flussabschnitte und ihrer Auen. Im Fokus stehen dabei die Elbe, Isar, Ems und Oder sowie einige Alpenflüsse

International stehen zahlreiche Flussgebiete im Fokus der Gewässerschutzarbeit des WWF, darunter der Mekong, Amur sowie Ayeyarwady und Salween (Myanmar) im asiatischen Raum; in Afrika der Mara (Kenia/Tansania) und der Great Ruaha (Tansania); sowie Tapajos, Putumayo und Orinoco im Einzugsgebiet des Amazonas in Südamerika.

Projektregionen zu Flüssen weltweit

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Fragen & Antworten zu Flüssen

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