Zwölf der vierzehn Großwalarten kommen hier vor und nutzen den Ostpazifik als Drehscheibe für ihre Wanderungen. Der WWF Bericht „Blue Corridors of the Eastern Pacific Ocean“ zeigt diese Walwanderungen mit verständlichen Grafiken auf, wo sie verlaufen und welche Walarten diese unternehmen. Die Visualisierungen ermöglichen es die nötigen und möglichen Maßnahmen und Aktivitäten zum Schutz wandernder Wale im östlichen Pazifik zu benennen.
Wale sind auf verschiedene Lebensräume im Meer angewiesen: Gebiete, in denen sie sich paaren, in denen sie fressen und in denen die Weibchen ihre Kälber gebären und aufziehen. Diese Lebensräume sind verbunden durch „Korridore“, in denen die Meeressäuger über tausende Kilometer wandern. Eine regelrechte „Wal-Autobahn“ befindet sich im Ostpazifik. Sie verläuft von der Beringstraße im Norden über den tropischen Pazifik bis hin zur Antarktischen Halbinsel.
Unsere Ozeane sind dynamisch und auf vielfältige Weise miteinander vernetzt – von der Oberfläche bis zum Meeresboden und von den Küsten bis zur Hohen See. Diese Vernetzung spielt eine entscheidende Rolle für die Gesundheit der Meere – und für die der Tiere, die darin leben. So auch die Wale: Die Populationen der Nordhalbkugel wandern über tausende von Kilometern von der Beringstraße nach Süden, entlang der Westküste Nord- und Mittelamerikas in den tropischen Teil des Ostpazifiks, die Populationen der Südhalbkugel wandern von der Antarktischen Halbinsel im Südpolarmeer nach Norden. Und das ist nur eine der wichtigen Wanderrouten der Wale weltweit.
Wichtig und doch bedroht
Es gibt immer mehr Belege dafür, dass Wale eine entscheidende Rolle für die Gesundheit der Meere spielen und auch für das globale Klima wichtig sind – auch das geht aus dem WWF-Bericht hervor. Gleichzeitig leisten sie einen Beitrag zur Wirtschaft, in dem sie für viele Küstengemeinden Einnahmen im Tourismus sichern – wer will nicht einmal einen Wal aus nächster Nähe beobachten?
Doch im 20. Jahrhundert wurden noch immer fast drei Millionen Wale durch kommerziellen Walfang getötet. Eine Entwicklung, die viele Arten an den Rand des Aussterbens gebracht hat. Heute gibt es kaum noch kommerziellen Walfang, sodass sich einige Populationen wieder erholen konnten. Aber es tauchen immer neue Bedrohungen für die Wale auf, die ihre Wanderrouten gefährlich machen: Die Wale verfangen sich in verloren gegangenen Netzen oder landen als Beifang in den Fischernetzen, sie verletzen sich bei Kollisionen mit Schiffen und die Verschmutzung der Meere durch Chemikalien, Lärm und Plastikmüll setzt ihnen zu. Hinzu kommen die sich aufgrund der Klimakrise verändernden klimatischen Bedingungen, die sowohl den Walen als auch ihrer Nahrung Probleme bereiten.
Die Welt muss zusammenarbeiten
„Wale sind auf bestimmte Meeresgebiete im Ostpazifik angewiesen, um sich zu ernähren, zu paaren, zu gebären, ihre Jungen zu säugen und zu wandern“, erklärt Heike Zidowitz vom WWF Deutschland. „Diese Gebiete werden durch zahlreiche menschliche Aktivitäten enorm beeinträchtigt und damit stehen die Wale unter zunehmendem Stress.“ Die gute Nachricht: Wir haben das nötige Wissen und die erforderlichen Strategien, um diese Gebiete zu erhalten und besser zu schützen. „Doch weil sich die Bedrohungen für die Wale verändern, muss sich auch das Schutzkonzept weiterentwickeln“, so Heike Zidowitz. „Der WWF-Bericht nennt konkrete Maßnahmen für die Regierungen, Industrie und internationale Gremien, mit denen bis 2030 die Wal-Autobahnen im gesamten Ostpazifik geschützt werden müssen.“
Wal-sicheres Fischereigerät
Ein Beispiel wie Walschutzmaßnahmen ganz konkret aussehen können, ist die Nutzung von Wal-sicheren Fanggeräten in der Fischerei. In Kalifornien verhedderten sich von 2014 bis 2017 mindestens 142 Wale – vor allem Buckelwale – in den Seilen von Krabbenkuttern. Mit Hilfe von Bojen markieren die Fischer derzeit ihre Fanggeräte am Meeresboden. Verbunden sind Bojen und Fanggerät mit langen Leinen. Doch es gibt Alternativen, die ohne in der Wassersäule schwebende Bojenleinen auskommt. Diese werden derzeit in Kanada und in den USA erprobt, darunter Fangkörbe mit aufblasbarem Auftriebskörper, mit denen die Körbe wieder nach oben geholt werden können. Die Körbe sind mit Sendern ausgestattet, damit die Fischer sie am Meeresboden wieder finden.
„Zum Schutz der Wale braucht es außerdem vernetzte Meeresschutzgebiete“, so Heike Zidowitz. Und weil menschengemachte Landesgrenzen dabei nicht relevant sind, ist internationale Zusammenarbeit entscheidend, um zusammenhängende Netzwerke auch außerhalb der Landesgrenzen in internationalen Gewässern auszuweisen. Hierzu benötigen wir ein starkes Ergebnis der Verhandlungen zum Schutz der Hohen See.“
Deshalb fordert der WWF die Regierungen auf, der gemeinsamen Erklärung vom Amerika-Gipfel zum Schutz der Wanderrouten der Wale nun Taten folgen zu lassen, Netzwerke von Meeresschutzgebieten im östlichen Pazifik auszuweisen und Maßnahmen gegen die vielfältigen Bedrohungen im Ostpazifik umzusetzen.
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