Würde man je einem Vaquita im Meer begegnen, man würde ihn sofort erkennen. Denn die kleinen Schweinswale tragen eine auffällige Zeichnung. Dunkle Ringfärbungen um ihre Augen lassen diese noch größer wirken und auch das abgerundete Maul ziert ein dunkler Farbton. Doch nur wenige Menschen haben jemals einen Vaquita zu Gesicht bekommen. Die Tiere sind so scheu und so selten, dass es lange Zeit nicht einmal Fotos von ihnen gab. Sie gehören zu den am stärksten gefährdeten Arten unserer Erde und sind die meist bedrohten Meeressäuger überhaupt.
Vaquitas sind die kleinsten Wale der Welt, werden auch „Kälbchen der Meere“ genannt – und es gibt von ihnen höchstens noch 14 Exemplare. Denn sie fallen seit Jahren in großer Zahl der Wildtiermafia zum Opfer. Naturschützer:innen müssen nahezu machtlos zusehen.
Vaquita: Eine Art stirbt vor unseren Augen aus
Vaquitas leben ausschließlich im Norden des Golfs von Kalifornien, einem schmalen Meeresteil zwischen der Halbinsel Baja California und der mexikanischen Westküste. Sie werden deshalb auch Kalifornische Schweinswale oder Hafenschweinswale genannt. Tiere mit einem derart kleinen Verbreitungsgebiet bergen ohnehin ein hohes Risiko des Aussterbens. Doch für die rasanten Einbrüche der Vaquitabestände in den letzten Jahrzehnten sind der Mensch und seine Gier nach Geld verantwortlich. Gab es Ende des 20. Jahrhunderts noch über 500 Vaquitas – und vorher wohl wesentlich mehr – waren es schon 2008 nur 245. Seitdem halbieren sich die Zahlen der Mini-Wale stetig und aktuelle Untersuchungen kommen auf höchstens 14 Exemplare, eher weniger.
Totoaba: Was ein Fisch mit dem Aussterben der Vaquitas zu tun hat
Der Grund für das Aussterben des Vaquitas ist ein zwei Meter langer Fisch, mit dem sich die scheuen Schweinswale den Lebensraum teilen. Denn der Golf von Kalifornien ist ein besonderes Habitat für viele Arten. Der große, barschartige Fisch heißt Totoaba und wird auch als Kokain des Meeres bezeichnet. Seine Schwimmblasen erzielen auf dem Schwarzmarkt Kilopreise von Zehntausenden Euro. Sie sind begehrtes Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin und teure Delikatesse. Totoabas sind ebenfalls gefährdet und geschützt. Doch der Wert ihrer Schwimmblasen befeuert die illegale Jagd. Für die Fischenden an der Küste Mexikos bedeutet der Totoaba einen zwar verbotenen, aber dicken Fang, für die dahinterstehende illegale Wildtiermafia ist er das ganz große Geschäft.
Qualvoller Tod im Fischernetz
Die für die Totoabas und auch andere Fische aufgestellten Kiemennetze lassen jährlich etliche Vaquitas qualvoll ersticken. Ihre feinen Maschen können die Kleinwale per Echoortung nicht erkennen. Verfangen sie sich darin, gelangen sie nicht mehr an die Wasseroberfläche, um zu atmen.
Während einer Expedition im Jahr 2017 bargen Aktivist:innen des WWF und anderer Organisationen binnen kürzester Zeit über zehn Tonnen Netze aus dem Golf von Kalifornien. Viele davon achtlos zurückgelassen und sinnlos tödlich nicht nur für die Vaquitas, sondern auch für Meeresschildkröten, Rochen und viele andere Meerestiere.
Vaquita-freundliche Netze
Um die Beifänge einzudämmen, hat der WWF Vaquita-freundliches Fanggeschirr entwickelt und die Fischenden am Golf von Kalifornien für dessen Einsatz geschult und sensibilisiert. Die Fischfallen werfen im Gegensatz zu den Kiemennetzen die Schallwellen der Echoortung zurück und können von den Vaquitas erkannt werden. Doch der fieberhafte Kampf gegen das Aussterben der Vaquitas einschließlich intensiver Forschung und steten Forderungen nach Verboten und Kontrollen droht am großen Wert der Totoaba-Schwimmblasen zu scheitern.
Sind die Vaquitas noch zu retten?
„Organisierte Verbrecherkartelle bedrohen Umweltschützer:innen, die sich für den Schutz der Vaquitas und die Einhaltung des Fischereiverbots im Vaquita-Kerngebiet einsetzen, mit dem Tod“, erklärt Heike Zidowitz vom WWF Deutschland. „Wir können deshalb im Moment vor Ort nicht mehr arbeiten.“ Mexiko gehört zu einem der artenreichsten Länder der Welt. Doch der illegale Handel mit Wildtieren floriert. Dazu gehört der Totoaba. Schutzzonen werden zu wenig kontrolliert, illegale Fischerei und Schmuggel zu selten geahndet und die Mafia ist so mächtig, dass nur ein Eingreifen des Militärs Einhalt gebieten könnte.
Laute, letzte Hoffnung
Wollen wir den Vaquita vor dem Aussterben bewahren, müssen wir das nicht nur im Golf von Kalifornien tun. Vor allem der Absatzmarkt in China muss ausgetrocknet und die Schmuggelrouten geschlossen werden. Die kleinen Wale können nicht gefangen, gehalten oder nachgezüchtet werden. Entsprechende Versuche in der Vergangenheit scheiterten. Immerhin lassen Unterwasseraufnahmen noch Laute der Kleinwale vor der Küste Mexikos hören. Denn die Population wird regelmäßig durch akustisches Monitoring überwacht. Zuletzt wurden wieder vermehrt Lebenszeichen wahrgenommen und weniger illegale Fischerboote festgestellt. Dennoch bleibt nur die Hoffnung, dass Mexiko endlich härter durchgreift, um die letzten Vaquitas zu retten.
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