Die größte Bedrohung für die Orang-Utans ist die Zerstörung und Zerstückelung ihrer Lebensräume und daraus folgende, zunehmende Mensch-Wildtier-Konflikte. Wissenschaftler:innen geben an, dass auf Borneo zwischen 2000 und 2017 durch Palmöl-Plantagen, Holzgewinnung, Infrastruktur und Waldbrände rund 60.000 Quadratkilometer Wald verloren gingen. Eine Fläche zweimal so groß wie Brandenburg. Zwischen 2017 und 2022 ging die Entwaldung zwar endlich stark zurück. Doch mittlerweile deuten die Anzeichen wieder auf eine Zunahme der Entwaldung in Indonesien. Weitere Bedrohungen der Orang-Utans sind die Jagd auf Buschfleisch und der Handel als Haustiere.
Orang-Utans sind heute die größten Baumsäugetiere der Welt und die einzigen verbliebenen Großen Menschenaffen Asiens. Die friedlichen Primaten sind vom Aussterben bedroht. In freier Wildbahn leben sie nur noch auf den südostasiatischen Inseln Borneo und Sumatra. Auf Borneo arbeitet der WWF intensiv am Erhalt und der Wiederherstellung ihrer Lebensräume.
Borneo – Heimat für Orang-Utans
Borneo ist die drittgrößte Insel der Erde. Neben dem Kleinstaat Brunei teilen sich Indonesien und Malaysia den Hauptteil der Fläche Borneos: Im Norden liegen die beiden malaysischen Staaten Sabah und Sarawak, im Süden der wesentlich größere, indonesische Teil Kalimantan. Der Name Orang-Utan bedeutet in beiden, sehr ähnlichen Sprachen „Waldmensch“. Der WWF setzt sich in verschiedenen Projekten für den Erhalt der ikonischen Art ein. Im Mittelpunkt stehen dabei der Schutz und die Wiederherstellung der Wälder gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung.
Größter Feind: der Mensch
Wenn Wandern lebenswichtig wird
Als Baumbewohner brauchen die Orang-Utans Bäume zur Fortbewegung, Futterbeschaffung und als sichere Schlafplätze. Modelle deuten aber darauf hin, dass ein großer Teil des verbliebenen Lebensraums der Menschenaffen aufgrund von Klimaveränderungen in Zukunft nicht mehr von ihnen bewohnt werden kann. Wir müssen die verbleibenden Wälder schützen, geschädigte Wälder regenerieren und isolierte Waldblöcke wieder miteinander vernetzen. So können wir einerseits die Widerstandsfähigkeit der Wälder stärken und Orang-Utan-Populationen die Möglichkeit geben, sich zu verbinden. Andererseits können die Menschenaffen in neue Gebiete abwandern, sollte ihr bisheriger Lebensraum nicht mehr geeignet sein.
Neue Wälder für Orang-Utans in Kalimantan, Indonesien
Die Ökoregion Danau Sentarum in West-Kalimantan besticht durch ihre atemberaubende Landschaft aus Seen, Sumpf- und Trockenwäldern. Das international bedeutende Feuchtgebiet bildet mit der nahen Gebirgsregion Betung Kerihun einen gemeinsamen Nationalpark. Einst waren beide Nationalparkteile durch einen bewaldeten Korridor miteinander verbunden. Doch Brände zerstörten die Wälder weiträumig und die illegale Holzmafia tat ihren Rest. Seither sind etwa 680 Orang-Utans in und um Danau Sentarum von ihren knapp 1.800 Artgenossen in den Bergen isoliert. Der WWF unterstützt indigene Gemeinden in dem Gebiet dabei, Wälder mit Setzlingen wieder zu bepflanzen.
Die indigenen Gemeinden sind in hohem Maße abhängig von Wald und Natur. Sie betreiben außerdem traditionelle Landwirtschaft, deren Produktivität gering und deren Anfälligkeit für die Auswirkungen des Klimawandels hoch ist. Deswegen entwickeln wir zusammen mit den Gemeinden nachhaltigen Einkommensmöglichkeiten, zum Beispiel durch Agroforstwirtschaft. Mehr als tausend Hektar Wald wurden bereits an unterschiedlichen Standorten wiederhergestellt, um die Mosaikteile verbliebener Wälder miteinander zu verbinden.
Anlass zur Hoffnung: Durch anhaltende Schutzmaßnahmen in Sabah und Sarawak gibt es in Malaysia inzwischen eine stabile Population von wilden Orang-Utans mit etwa 13.000 Tieren.
Einkommen schaffen in Sarawak, Malaysia
In Sarawak, einem der zwei malaysischen Bundesstaaten auf Borneo, sind es vor allem Ölpalm-Monokulturen, die den Lebensraum der Orang-Utans zerstückeln und zerstören. Seit 2017 setzt sich der WWF im Schutzgebiet Ulu Sungai Menyang in Sarawak an der Grenze zu Indonesien deshalb intensiv für den Erhalt der Wälder ein. Das Gebiet ist mehr als 22.000 Hektar groß. Die Menschen, die hier leben – die indigenen Iban – sind stark verwurzelt mit dem Wald. Zum einen nutzen sie beispielsweise Rattan und Bemban zur Herstellung von Produkten wie Körben und Matten. Zum anderen sind sie mythologisch mit dem Orang-Utan und seinem Schutz verbunden. Doch kleinbäuerliche Landwirtschaft sichert nur mühsam ihren Lebensunterhalt und die Palmölindustrie lockt mit schnellem Geld. Der WWF unterstützt die Iban deshalb darin, ihr Einkommen zu sichern und breit zu fächern, ohne umliegende Wälder roden zu müssen.
Aufwändige Wiederaufforstung in Sabah, Malaysia
Im Norden Borneos, im malaysischen Bundesstaat Sabah liegen die Bergwälder Bukit Pitons. Lange galt die Region als trauriges Paradebeispiel für die Folgen massiver Entwaldung. Inzwischen ist sie dank jahrelanger Arbeit des WWF Aushängeschild der Waldrenaturierung. 2007 starteten wir mithilfe des Sabah Forestry Departments (SFD) ein umfassendes Bewaldungsprogramm. 2019 waren 2.400 Hektar des Bukit Piton Forest Reserve wieder mit Bäumen bepflanzt. Schnell wachsende Arten sicherten offene, ungeschützte Flächen. Brotfrucht-, Feigen- und Drachenapfelbäume ernähren die Orang-Utans.
„Der größte Erfolg ist, dass die Orang-Utans zurückgekehrt sind und Zuflucht und Futter finden. Sogar Jungtiere wurden gesichtet. Ein schöner Beweis dafür, dass die Tiere sich wohlfühlen.“
Wie geht es weiter für die Orang-Utans auf Borneo?
Im äußersten Nordosten Sabahs schafft der WWF einen vier Kilometer langen und rund hundert Meter breiten Wildtierkorridor mitten durch eine Ölpalm-Plantage. Er soll eine wichtige Wanderoute für Orang-Utans und andere Tierarten werden und zwei Schutzgebiete miteinander verbinden: Das Tabin Wildlife Reserve, in dem etwa 1.200 Orang-Utans leben und das Silabukan Forest Reserve mit etwa 50 Menschenaffen. Eine Verbindung ist auch deshalb bedeutend, um den Genpool beider Populationen zu erweitern. Der ökologische Korridor soll regelmäßige und saisonabhängige Bewegungen ermöglichen, ohne dass Mensch und Tier sich in die Quere kommen. Darüber hinaus arbeiten wir in der Region am Schutz weiterer bedrohter Arten wie Elefanten und Bantengs – einer seltenen Wildrinderart.
Kalimantan: Zukunft für große Orang-Utan-Population
Im Süden Borneos erstreckt sich der Lebensraum einer der größten Orang-Utan-Populationen der Welt. Die sogenannte SEKA-Landschaft, benannt nach den Flüssen Sebangau und Katingan, umfasst Torfgebiete von globaler Bedeutung. Hier verläuft der einzig verbleibende Waldkorridor zwischen dem geschützten Herzen Borneos („Heart of Borneo“) und dem fast 600.000 Hektar großen Sebangau Nationalpark an der Südküste der Insel. Abholzung, Waldfragmentierung und Waldbrände sind die größten Bedrohungen für diese Landschaft.
Der WWF setzt sich dafür ein, dass die SEKA-Landschaft weiterhin Lebensraum für Orang-Utans und zum Beispiel auch Nasenaffen bleiben kann. Dafür müssen sowohl natürliche Ressourcen nachhaltiger genutzt, als auch Klimaschutzmaßnahmen und die Anpassung an den Klimawandel mitgedacht werden. Zu diesem Zweck arbeitet der WWF mit indigenen und lokalen Gemeinden, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Universitäten, dem Privatsektor und lokalen Regierungen zusammen, um eine gemeinsame Vision für den Schutz und die nachhaltige und klimagerechte Nutzung der SEKA-Landschaft zu entwickeln. Wir bieten dafür technische Unterstützung und stärken die Zusammenarbeit mit Gemeinden.
Der Erhalt und die Wiederherstellung der Orang-Utan-Lebensräume ist eine Aufgabe, die auf Dauer angelegt ist und es gibt noch viel zu tun, um die Zukunft der Menschenaffen in den Wäldern Borneos zu sichern.
- Orang-Utans