"Wenn wir den Geparden erhalten wollen, müssen wir ihn auf dem Farmland erhalten." Jörg Melzheimer arbeitet als Feldbiologe in Namibia, dem Land mit der weltweit größten Gepardenpopulation. 90 Prozent dieser Geparde leben auf landwirtschaftlichen Nutzflächen. Von vielen Farmern werden sie als Bedrohung für ihre Viehzucht wahrgenommen und regelmäßig getötet. Ein vom WWF unterstütztes Projekt des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin soll das verhindern – in Zusammenarbeit mit den Nutztierhaltern und unter Einsatz neuester Technologie zur Erforschung der Geparde und ihres Lebens im Verborgenen.
Geparde gehören zu den am stärksten bedrohten Raubkatzen der Welt. Nur noch etwa 7.000 von ihnen leben in einem Bruchteil ihres ehemaligen Verbreitungsgebietes in Afrika, die wenigsten davon in Schutzgebieten. Bevorzugtes Revier der schnellen Jäger sind die weiten Flächen kommerziellen Farmlandes, das die Savannen im südlichen Afrika prägt. Damit werden die Farmer zu einer Gefahr für die ganze Art. Die Lösung des Konfliktes könnte in einer biologischen Besonderheit der Geparde liegen.
Das einzigartige Verhalten der Geparde
"Besonders schätze ich die gute Zusammenarbeit mit den Farmern, die zum Teil erhebliche Verluste durch die Geparde hinnehmen mussten und schnell bereit waren unseren Ansatz zu probieren. Seitdem sind sowohl die Verluste für die Farmer als auch die geschossenen Geparden deutlich zurückgegangen, Ökonomie und Ökologie in Harmonie."
"Facebook" für Raubkatzen
Wo vermehrt Geparde umherstreifen, ist das Konfliktpotential mit den Farmern besonders groß. "Wir konnten verstärkte Aktivitäten von Floatern und auch paarungsbereiten Weibchen in den Zentren von Territorien feststellen." Jörg Melzheimer gehört zu einem Team internationaler Experten, die ein wichtiges Kommunikationsverhalten der Geparde entschlüsselt haben: Die leichten und vergleichsweise schwachen Raubkatzen leben sehr versteckt. Um sich dennoch auszutauschen, suchen sie landschaftliche Pinnwände. Das sind zumeist Bäume, aber auch Felsen oder andere Erhebungen in der Savanne. Die territorialen Männchen hinterlassen hier regelmäßig Markierungen. Floater und Weibchen streifen vorbei, um die Informationen zu erschnüffeln, also die Nachrichten zu lesen. Das Facebook der Geparde sozusagen.
Im Gegensatz zu anderen Katzen markieren Geparde nicht die Grenzen ihres Revieres, sondern suchen sich Markierungsbäume und -stellen in der Mitte ihres Territoriums. "Das Kommunikationszentrum ist sozusagen im Wohnzimmer", sagt Jörg Melzheimer. "Und diese Markierungsbäume sind Anziehungspunkt für sämtliche Floater der Umgebung." Ziehen Rinderzüchter ihre Kälber hier auf, erhöht sich die Gefahr, dass diese von Geparden gerissen werden. Denn Jungtiere bis zum Alter von fünf Monaten fallen ins Beuteschema der nicht allzu kräftigen Raubkatzen. Die Lösung mancher Farmer, Geparde zu töten, ist nicht wirklich wirksam: Töten sie die territorialen Männchen, rücken sofort Floater nach. Weit mehr verspricht der Ansatz, die Kälber aus den Zentren von Gepardenrevieren zu entfernen.
Die Rettung der Geparde in Namibia bedeutet, guten Kontakt zu den Viehzüchtern zu halten, sie zu informieren und Überzeugungsarbeit zu leisten. Namibias Farmer zeigen sich dabei erfreulich kooperativ und offen für die Forschungsergebnisse und ein danach ausgerichtetes Rindermanagement. Doch längst kennt man nicht alle Territorien, weiß nicht genug über die Geparde und ihre Bestände. Gepardenrettung in Namibia bedeutet deshalb auch Feldforschung - vom harten Anpacken in der heißen Savanne über das Bedienen hochmoderner Elektronik bis zum Auswerten komplexer Daten. Um mit Namibias wichtiger Gepardenpopulation die ganze Art vor dem Aussterben zu bewahren, müssen mehr Informationen über die teilweise noch unerforschten Katzen gesammelt und muss die Aufklärung der Farmer stetig fortgeführt und ausgeweitet werden.
Besonders hart trifft es die Armen
Nicht nur auf den großen, gewinnorientierten Farmen ist die Angst vor dem Verlust von Vieh durch Geparde groß. Genauso hart trifft dieser die Kleinbauern auf den kommunalen Landnutzungsflächen in den Randgebieten Namibias. Ihre Erträge reichen gerade zum Überleben und der Riss einer Ziege kann Existenz bedrohend sein. Auch in diesen abgelegenen Gebieten soll in Zukunft zur Raumnutzung der Geparde geforscht und den Kleinbauern geholfen werden, um letztlich die seltenen Raubkatzen zu schützen. Langfristiges Ziel ist nicht nur, die Geparde in Namibia zu erhalten, sondern ihre Bestände zu erhöhen – auf Farmland und im Einklang mit den von diesem Land lebenden Bauern.
Nur sehr große Schutzgebiete helfen
Hauptgrund für die hohe Dichte an Geparden auf Namibias Farmland ist die Ausrottung von Löwen und Tüpfelhyänen durch die Landwirte im letzten Jahrhundert. In Nationalparks häufen sich diese natürlichen Feinde der schwächeren Geparde, die ihnen nicht nur die Beute streitig machen, sondern auch eine Gefahr für ihr Leben sein können. Nur in sehr großen Schutzgebieten haben Geparde eine Chance, zu bestehen. Ein solches ist der Kavango-Zambesi-Schutzgebietsverbund KAZA: Wildtierkorridore verknüpfen ehemals zerstückelte Lebensräume im Süden Afrikas grenzübergreifend zum größten Schutzgebietsnetzwerk der Erde.
- IZW Cheetah Research Project
- Geparde
- Kavango-Zambesi (KAZA)