Sie analysieren Produkte aus dem EDEKA Eigenmarken-Sortiment auf mögliche Wasserrisiken. Was heißt das?
Landwirtschaftliche Produkte werden weltweit angebaut. Je nachdem wo, können die Wasserressourcen knapp, überbeansprucht, verschmutzt oder staatlich ungenügend reguliert sein. Häufig bestehen mehrere Risiken zugleich. Wir prüfen, ob und welche Risiken pro Produkt und Region vorhanden sind. Dazu nutzen wir den WWF Wasserrisiko Filter (http://waterriskfilter.panda.org), ein Instrument, das wir gemeinsam mit der DEG (Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft) entwickelt haben. Zukünftig wird EDEKA diese Analysen fest in ihren Einkaufsprozessen verankern. Hierzu dient das EDEKA Wasserrisiko-Tool, welches wir zurzeit gemeinsam im Bereich Obst und Gemüse einführen.
Was zeigen solche Analysen?
Wasserrisiken betreffen in einem Flussgebiet wie auch entlang der Lieferkette meist mehrere Akteure gleichzeitig. Als Risiko bezeichnen wir Faktoren wie Wasserknappheit, Verschmutzung, Wasserkonflikte und so weiter. Um diese Risiken zu reduzieren, müssen wir auf die Situation vor Ort angepasste Lösungswege finden. Nur auf Farmebene einzugreifen, löst die Probleme nicht. Der Verbrauch kann sogar ansteigen, wenn das eingesparte Wasser durch eine Ausweitung der Anbaufläche oder durch Wechsel auf wasserintensivere Produkte verwendet wird. Die Landwirte stehen vor der Situation, dass in der Region vorhandenes Wasser unfair verteilt wird, die Verteilung nicht oder zu wenig geregelt ist, Regelungen ignoriert werden oder illegale Brunnen angelegt werden. Damit steigt für sie die Unsicherheit, ob sie ihre Produkte anbauen können und damit auch für den Handel, der ihre Waren bezieht.
Was heißt das in der Praxis für ein Produkt, bei dem Wasserrisiken bestehen?
Wir schauen bei Produkten mit hohem Wasserverbrauch aus trockenen Regionen genauer hin und arbeiten gemeinsam mit EDEKA und den Produzenten an Lösungen. Dazu haben wir Pilotprojekte ins Leben gerufen, wie zum Zitrusfrüchteanbau in Spanien oder beim Bananenanbau in Kolumbien und Ecuador. Diese Projekte helfen uns dabei, systematische Ansätze zu entwickeln. Die Erkenntnisse geben wir an andere weiter, um so möglichst vielen Landwirten zu helfen.
Es geht also auch stark um das Management im gesamten Wassereinzugsgebiet?
Genau. In Kolumbien haben wir beispielsweise, im Rahmen des Modellprojektes Banane von WWF und EDEKA, mit Landwirten aus dem Bananen-, Palmöl-, und Kaffeeanbau, den lokalen Wasserbehörden und weiteren Anrainern eine Flussgebietsplattform geschaffen. Trockenheit und Hochwasser bedrohen Einwohner, Betriebe und Ökosysteme. Hauptursache dafür ist der Klimawandel: Man rechnet mit 25% weniger Niederschlägen bis 2050. Aufgrund des Bürgerkrieges gab es in den letzten 20 Jahren keine Flussgebietsplanung von öffentlicher Seite. Es bestehen Nutzungskonflikte zwischen beispielsweise den Landwirten, Gemeinden und Fischereien. Erstmals ist es den einzelnen Parteien nun möglich sich bei den Planungsprozessen im Flussgebiet einzubringen und damit mitzugestalten. Am Ende müssen alle an einem Strang ziehen, denn die unterschiedlichen Formen der Wassernutzung im Flussgebiet haben alle ihre Berechtigung. Auch für die Natur muss genügend übrig bleiben, denn es befinden sich zwei Nationalparks in der Region, einer davon ist Kolumbiens größtes geschütztes Feuchtgebiet. Diese Orte sind Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten.
Was ist das Ziel sich im Rahmen der Partnerschaft um Süßwasser zu kümmern?
Wir wollen Süßwasser schützen und anderen dabei helfen. Dabei können Standards helfen, wie es sie ja bei Holz und Fisch beispielsweise auch gibt.
Wir arbeiten mit der Alliance for Water Stewardship (AWS) zusammen und sind aktive Mitglieder dieses internationalen Netzwerks. Der AWS Standard geht deutlich über bereits bestehende Landwirtschaftsstandards hinaus, die nur die Wassernutzung auf Farmebene betrachten. AWS hingegen beinhaltet ein Verständnis des Flussgebiets und seiner Akteure sowie einer Wassernutzungsstrategie, die Bedürfnisse anderer Akteure berücksichtigt. Die Zusammenarbeit mit anderen Wassernutzern, Behörden und Interessengruppen im Flussgebiet ist in Gebieten mit hohen Wasserrisiken wichtig.
Ein konkreter Erfolg ist, dass sich ein Landwirt mit Unterstützung von WWF und EDEKA bereits in einem Pilotprojekt im Orangenanbau einer AWS Zertifizierung unterzogen hat. Wir wollen damit erreichen, dass Wassermangel und der Umgang mit Wasser als ein Kriterium für Produktqualität anerkannt wird. Bislang berücksichtigt beispielsweise das sehr bekannte Biosiegel (EG Öko-Verordnung) die Wassersituation im Anbaugebiet und den Umgang damit nicht.
Nicht zuletzt hat der Handel auch ein Interesse daran, weil Wasserprobleme zu Lieferausfällen, Qualitätseinbußen, Preissteigerungen und Nutzungskonflikte im Anbaugebiet führen können.