Um Lebensmittel umweltfreundlicher herzustellen, ist immer auch der Anbau eine entscheidende Etappe. Je nachdem wie hoch beispielsweise der Pestizid- und Düngemitteleinsatz ist, ob Wasser umsichtig genutzt wird, ob Artenschutz eine Rolle spielt, entscheidet sich, wie nachhaltig der Anbau ist. Daher haben EDEKA und WWF beschlossen, gemeinsam aktiv zu werden. Und zwar gerade dort, wo bestehende Siegel und Zertifizierungen nicht ausreichend sind. Derzeit laufen drei Anbauprojekte – eins zu Landwirtschaft und Artenvielfalt in Deutschland, eins zur Verbesserung des konventionellen Bananenanbaus in Ecuador und Kolumbien und eins mit der gleichen Zielsetzung im Zitrusfrüchteanbau in Spanien.

Obst mit Charakter: EDEKA und WWF bringen mehr Umweltschutz in den konventionellen Zitrusfrüchteanbau

Logo Edeka © Edeka
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Iberesparragal im spanischen Andalusien ist eine Finca, die  EDEKA und Tochtergesellschaft Netto Marken-Discount mit Zitrusfrüchten aus konventionellem Anbau beliefert. Seit 2015 wird der Produzent von EDEKA und WWF dabei unterstützt, die Umweltverträglichkeit des konventionellen Anbaus von Orangen und Mandarinen schrittweise zu verbessern. Denn große, landwirtschaftlich genutzte Flächen, Monokulturen und Pflanzenschutzmittel und Düngemittel belasten die Ökosysteme und die lokalen Wasserbestände. Die Region mit dem Flussgebiet Guadalquivir ist ein Zentrum des spanischen Zitrusfrüchteanbaus. Zugleich besitzt sie artenreiche Ökosysteme wie den Nationalpark Doñana, ist wichtiges Durchzugsgebiet für Zugvögel und eines der letzten Rückzugsgebiete von bedrohten europäischen Tierarten wie dem Iberischen Luchs oder dem Spanischen Kaiseradler. Das Projekt zielt  insbesondere auf die Verbesserung der Wassernutzung, den Erhalt und die Förderung der biologischen Vielfalt sowie die Verringerung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln ab. Aufgrund des großen Erfolgs haben sich inzwischen acht  weitere Fincas zur Teilnahme entschlossen.  Sie alle beliefern den EDEKA-Verbund mit Orangen und – in geringerer Menge - mit Mandarinen.

Die Maßnahmen im Überblick:

Verantwortungsvollerer Umgang mit Wasser: Alle Fincas halten tagesgenau ihren Wasserverbrauch fest. Um eine legale Wassernutzung zu gewährleisten, werden die Wassernutzungsrechte und ihre Einhaltung überprüft. Mittels moderner Technologie, wie Tröpfchenbewässerung und Bodenfeuchtigkeitssonden wird effizient bewässert. Unser Ziel ist es, das eingesparte Wasser den Ökosystemen zur Verfügung zu stellen statt es zu nutzen, um die Anbauflächen zu vergrößern.

Iberesparragal hat sich als erster Landwirt in Europa mit dem Wassernachhaltigkeitsstandard AWS (Alliance for Water Stewardship) zertifizieren lassen. Dem Water-Stewardship-Konzept folgend ist eine nachhaltigere Wassernutzung im Flussgebiet nur durch die Zusammenarbeit mit anderen Wassernutzern und Interessengruppen zu erreichen. Iberesparragal engagiert sich also über seine Betriebsgrenzen hinaus, steht mit anderen Nutzern, Behörden und Akteuren im Austausch, um weitere Landwirte zur Umsetzung der Water-Stewardship-Prinzipien zu bewegen.

 

Mehr biologische Vielfalt: Zunächst wurde in einer Bestandsaufnahme die Flora und Fauna auf den Fincas und ihrer unmittelbaren Umgebung betrachtet. Projektmaßnahmen zielen darauf ab, die biologische Vielfalt mindestens zu erhalten und möglichst zu erhöhen. Beispielsweise bleibt der natürliche Bewuchs zwischen den Zitrusbäumen, der früher teils durch den Einsatz von Herbiziden entfernt wurde, jetzt stehen. Es werden begrünte Rand- und Blühstreifen neu angelegt oder miteinander verbunden und mit ausgewählten Pflanzenarten angereichert. So fühlen sich Nützlinge wohl und auch andere Tiere können sich ungehindert bewegen. Außerdem werden Hecken gepflanzt, Nistplätze angelegt und Sitzstangen für Greifvögel aufgestellt. 

In einem regelmäßigen Monitoring von Schädlingen und Nützlingen wird deren Entwicklung verfolgt. Erst wenn die Schädlinge durch Nützlinge nicht mehr in Schach gehalten werden können und die Produktion gefährden, werden Pestizide eingesetzt.

 

Verringerung von Pflanzenschutzmitteln: Alle Zitrusbauern befolgen einen im Rahmen des Projektes erstellten Einsatzplan für Pestizide. Experten aus verschiedenen Fachbereichen haben ihn entwickelt und ein Jahr lang in der Praxis getestet. Dabei werden zum Beispiel besonders gefährliche Pflanzenschutzmittel durch weniger kritische Stoffe ersetzt. Als erste Orientierung diente eine Liste des Pesticide Action Network (PAN). Zusätzlich werden Nützlinge wie Marienkäfer gefördert, um den Bedarf an Pflanzenschutzmitteln zu senken.

Die Fincas arbeiten aber auch Reste des Baumschnitts in den Boden ein und machen Tests mit Bio-Düngern. Bereiche zwischen den Zitrusbäumen werden begrünt, sodass Unkraut vermieden wird.

Erste Erfolge

  • Die Zahl der Marienkäferarten hat sich auf der Pilotfarm Iberesparragal von fünf auf 16 erhöht. Auf den neu hinzugekommenen Farmen wurde 2017 erst einmal eine Bestandsaufnahme der vorhandenen Arten gemacht.
  • Begrünte Randstreifen und neu angelegte Nistplätze bieten auch anderen Tierarten Nahrung und Lebensraum. Auf den Fincas sind mindestens 29 besondere und teilweise bedrohte Arten zu finden. Darunter sind Reptilien wie die Maurische Bachschildkröte, Vögel wie Wiedehopf und Rötelfalke und Säugetiere wie der Rotfuchs.
  • Auf der Pilot-Finca Iberesparragal wurde die Chemiebelastung durch Pflanzenschutzmittel pro Hektar seit 2015 um 89 Prozent verringert. Der Insektizideinsatz konnte  um rund 93 Prozent reduziert werden. Auf den übrigen 8 Farmen wurde die Chemiebelastung durch Pflanzenschutzmittel pro Hektar um 2/3 reduziert. In einem Jahr wurden u.a. 1.000 Liter aktive Wirkstoffe von Herbiziden eingespart. Kaolin, also weiße Tonerde, hat sich als „physikalische“ Barriere auf den Blättern gegen Zikaden bewährt.
  • Die Pilot-Finca Iberesparragal hat in einer Saison über 200 Mio. Liter Wasser (211.486 Kubikmeter Wasser) eingespart im Vergleich zur gesetzlich erlaubten Menge. Das entspricht 85 Olympia-Schwimmbecken.
  • Als erster Landwirtschaftsbetrieb in Europa wurde sie erfolgreich mit dem AWS-Siegel in Gold zertifiziert, das weltweit erst zum dritten Mal vergeben wurde. Mit der Zertifizierung haben unabhängige Prüfer bestätigt, dass die Finca Wasser sparsam einsetzt, Verschmutzungen vermeidet und somit das Ökosystem und die Region schützt.
Reife Orangen, die an einem Baum hängen © janaph / iStock / GettyImages
Reife Orangen, die an einem Baum hängen © janaph / iStock / GettyImages

EDEKA verantwortet das Projekt. WWF-Kollegen aus Spanien und Deutschland begleiten den Lebensmittelhändler dabei und überprüfen die Umsetzung der Maßnahmen. Die Orangen und Mandarinen aus dem gemeinsamen Projekt gibt es von Oktober bis in den Frühsommer hinein in EDEKA-Märkten und Fililalen von Netto Marken-Discount. Der WWF-Panda zeigt an: EDEKA und WWF arbeiten gemeinsam mit den Fincas an ökologischen Verbesserungen im konventionellen Anbau von Mandarinen und Orangen.

Mehr dazu, wo EDEKA bei der Erreichung der Ziele steht, verrät der aktuelle Fortschrittsbericht.

Interview mit Nikola Preikszas, Referentin für nachhaltige Lieferketten beim WWF

Nikola Preikszas (geb. Gückel) © Daniel Seiffert
Nikola Preikszas (geb. Gückel) © Daniel Seiffert

Es gibt Bioorangen und es gibt konventionelle Orangen. Warum nun auch noch WWF-Projektorangen?
Orangen gehören vor allem in den Wintermonaten zu den beliebtesten Obstsorten. Der Bedarf ist groß. Aber die Früchte aus Bioanbau reichen bei weitem nicht aus, um die Nachfrage zu decken. In Andalusien beträgt die Anbaufläche von Bio-Zitrusfrüchten weniger als 10 Prozent im Vergleich zu der von konventioneller Zitrusfrüchteproduktion. Derzeit kommen wir also ohne konventionelle Orangen nicht aus. Doch hier sind die Anbaubedingungen aus Umweltsicht sehr problematisch. Mit unserem Projekt „für eine bessere Orange“ wollen wir zeigen, wie man beim konventionellen Anbau viele der bekannten Probleme verbessern kann.


Was ist denn am Orangenanbau so problematisch?
Orangen wachsen vor allem in warmen, trockenen Regionen. In Europa sind Spanien und Süditalien die wichtigen Anbauländer. Die Südfrüchte brauchen für ihre Entwicklung Wärme, Sonne, Wasser, ausgeklügelte Anbaumethoden und Pflanzenschutz. Im konventionellen Anbau werden die Zitrusfrüchte auf teilweise großflächigen Plantagen als Monokulturen angebaut. Dadurch sind die Pflanzen anfälliger gegenüber Schädlingen und Krankheiten. Es gibt daher zwei große Umweltprobleme: Wasserknappheit und der hohe Pestizid- und Düngemitteleinsatz. Daraus bedingt sich ein drittes Problem: Rückgang der Artenvielfalt. Viele Tiere und Pflanzen können unter den Bedingungen einer Agrarmassenproduktion nicht überleben.


Und was sind die Unterschiede zwischen WWF-Orangen und Bioorangen?
Zum einen gehen wir das Thema Wasser an: Wasserknappheit und Wasserverschmutzung. Das ist beim Bio-Siegel bisher nicht eingeschlossen. Unsere Orangen stammen von Fincas, die immer effizienter bewässern und dadurch Wassereinsparungen generieren. Alles, was nicht auf den Feldern landet, steht im besten Fall dem Ökosystem an anderer Stelle zur Verfügung. Andererseits kümmern wir uns auch gezielt um den Erhalt  und die Wiederansiedlung von Tier- und Pflanzenarten, die durch die intensive Landwirtschaft vertrieben worden sind.  Im Vergleich zum Bioanbau nutzen wir noch chemische Pestizide, aber haben Menge und Häufigkeit deutlich verringert und setzen weniger schädliche Mittel ein.


Was haben die Landwirte davon, sich an dem Projekt zu beteiligen?
Sie investieren in ihre Zukunft. In wasserarmen Regionen kann nicht immer noch mehr und noch intensiver angebaut werden und das wenige Wasser, was da ist, verschmutzt werden. Wir lernen gemeinsam mit den  Landwirten, effizient mit Wasser umzugehen, weniger Pestizide einzusetzen und uns um den Erhalt der Biodiversität zu kümmern. Das stellt gewohnte Arbeitsabläufe bei den Landwirten auf den Kopf, sie lernen dass sie naturnäher wirtschaften können, ohne dabei ihre Ernte zu gefährden. Und mit EDEKA und Netto Marken-Discount haben sie zugleich einen garantierten Abnehmer für ihre Ware und bekommen für ihren Einsatz auch eine Extravergütung.


Was sind die größten Herausforderungen, an denen ihr derzeit arbeitet?
Die Themen Düngung und Wasser. Neues Ziel ist es, den  Düngemitteleinsatz zu verringern und  erstmalig einen farmspezifischen Düngeplan zu erstellen. Bis dahin verbleibt aber noch jede Menge Arbeit, wie das Erstellen von Bodenkarten, die Analyse des bisherigen Düngemitteleinsatzes oder die Auswertung von Boden- und Blattanalysen.
Aufgrund der enormen Wasserknappheit in Andalusien ist nachhaltige Wassernutzung eine dauerhafte Herausforderung. Nach der erfolgreichen Umsetzung des Water Stewardship-Ansatzes auf unserer Pilotfinca Iberesparragal haben sich nun alle Produzenten zur Umsetzung dieses Ansatzes verpflichtet. Zukünftig werden sich die Produzenten und das Projekt als Ganzes also verstärkt und kollektiv für einen verantwortungsvolleren Umgang mit der Ressource im Flussgebiet engagieren. Gleichzeitig arbeiten wir natürlich weiter an der Bewässerungseffizienz mit den Fincas.

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Sylvia Ratzlaff

Pressereferentin / WWF Deutschland

Miriam Heimberg

Unternehmenskommunikation / EDEKA