Was zunächst für Holz als Brennstoff zu sprechen scheint: Wenn Bäume wachsen, nehmen sie CO2 aus der Atmosphäre auf und binden den Kohlenstoff im Holz. Verbrennt man es, wird das zwischenzeitlich gebundene CO2 wieder freigesetzt. Wo Bäume gefällt wurden, können neue gepflanzt werden oder über Naturverjüngung entstehen, die dann wieder Kohlenstoff aufnehmen. Was gut klingt, ist aber etwas komplizierter: Die neuen Bäume müssen erst einmal nachwachsen, das dauert deutlich länger, als den Rohstoff zu verheizen. Aber das ist nicht der entscheidende Pferdefuß: Das Wachstum der Bäume und der Kohlenstoffspeicher Wald stehen eigentlich gar nicht für die Gegenrechnung zur Verfügung, da sie als Kohlenstoffsenke für die nicht vermeidbaren Emissionen dringend benötigt werden, z. B. aus der Landnutzung.
Der nachwachsende Rohstoff Holz soll in großem Stil eingesetzt werden, um die Energiewende voranzubringen. Doch Holz zu verheizen, ist nicht nachhaltig. Es könnte die Erderwärmung sogar noch verschärfen.
Die Energiewende soll uns weg von den fossilen und hin zu den erneuerbaren Quellen führen. Für die Stromproduktion stehen Sonne und Wind im Fokus, für die Wärme geht es mit Sonne und Erdwärme. Aber in der politischen Diskussion geht es auch viel um Biomasse. Vor allem der nachwachsende Rohstoff Holz soll hierbei eine große Rolle spielen. Rund zwei Drittel der Wärme aus erneuerbaren Energien in Deutschland werden derzeit aus Holz erzeugt. Etwa 1,1 Millionen Haushalte nutzen Scheitholz, Holzpellets oder Hackschnitzel als primäre Energiequelle zum Heizen ihres Wohnraums. Dies soll erst der Anfang sein, so die politischen Ziele der Europäische Union (EU) und der Bundesregierung. Die EU will den Anteil der Erneuerbaren bis 2030 auf 40 Prozent erhöhen. Aktuell liegt er im europäischen Durchschnitt bei 17 Prozent. Das Verbrennen von Holz stuft die EU bisher als erneuerbare Energie ein, sodass die Mitgliedstaaten dies als Klimaschutzmaßnahme subventionieren können. Umweltverbände kritisieren dies stark. Denn energetische Holznutzung hat gravierende Auswirkungen auf die Wälder – und ist auch darüber hinaus weder nachhaltig noch klimaschonend, geschweige denn klimaneutral.
Nicht mal effizient
Im Vergleich zu fossilen Brennstoffen ist Holz nicht einmal das, prinzipiell, effizientere Brennmaterial. Der Heizwert von Holz ist geringer ist als der von Kohle, Öl oder Gas. Um aus Holz die gleiche Menge an Energie zu erhalten, muss eine größere Menge verbrannt werden. Berechnungen des Weltklimarates zufolge setzt Heizen mit Holz fast doppelt so viel CO2 frei wie der Einsatz von Gas. Das heißt, wenn ein fossiler Brennstoff durch Holz ersetzt wird, steigt die Menge an Kohlenstoff, die bei der Produktion von Energie oder Wärme abgegeben wird: Pro Megawattstunde (MWh) sind es bei Gas 202 Kilogramm CO2, bei Steinkohle 340 – und bei Holz 403.
Wie problematisch die energetische Holznutzung in großem Stil sein kann, zeigt sich zum Beispiel im niederländischen Geertruidenberg, wo RWE ein Kraftwerk mit der Kapazität von 600 Megawatt betreibt. Die Hälfte der Kohle wird bereits durch Holzpellets ersetzt. Bis 2025 sollen es 100 Prozent sein. Damit würden jährlich rund 2,5 Millionen Tonnen Holzpellets für dieses Kraftwerk benötigt. Das entspricht in etwa dem Bedarf von 208.000 Einfamilienhäusern. Solche Einsätze von Holzbiomasse werden erst durch massive Subventionen rentabel. Für die Umstellung in Geertruidenberg kassiert RWE über 1,7 Milliarden Euro.
Zuerst müssen Naturwälder dran glauben
In den Niederlanden, wo über 17 Millionen Menschen leben, wächst nicht einmal halb so viel Holz, wie für den Verbrauch eines solchen Kraftwerks benötigt wird. Deshalb muss der größte Teil der Pellets aus dem Baltikum und aus den USA importiert werden. Nicht nur solch weite Transportwege sind eine ökologische Belastung. Umweltverbände aus den USA und dem Baltikum schlagen schon jetzt Alarm, weil die dortigen Wälder geschädigt und übernutzt werden. Der Südosten der USA hat sich in den vergangenen Jahren zum größten Pelletproduzenten weltweit entwickelt. 22 Pelletwerke gibt es dort bislang, darin werden etwa zehn Millionen Tonnen Pellets pro Jahr hergestellt. Zwölf weitere Werke sind in Planung. Darin werden zwar auch Sägespäne verarbeitet, aber hauptsächlich ganze Baumstämme. Um diesen Bedarf zu decken, müssen auch Naturwälder im Kahlschlagverfahren dran glauben.
Auf diesen Flächen entstehen danach Kiefernplantagen. Diese liefern nach zehn bis 15 Jahren neues Material, sind aber überhaupt kein ökologischer Ersatz für artenreiche Naturwälder. Die Monokultur einer Plantage bindet selbst nach Jahrzehnten nicht so viel Kohlenstoff wie ein ursprünglicher Naturwald. Je nach Baumart und Ökosystem dauert es Jahrzehnte bis Jahrhunderte, um solche Verluste zu kompensieren. Je natürlicher ein Wald beschaffen ist, desto stabilisierender wirkt er auf das Klima. Urwälder aus Laubbäumen, in denen Natur wirkt, können weit mehr als nur Kohlenstoff speichern. Sie bilden in großem Umfang Grundwasser, regulieren das Mikroklima und sind zugleich Lebensraum für eine Vielzahl heimischer Tier-, Pflanzen- und Pilzarten. Erhalten wir solche Naturwälder, bleibt nicht nur der Kohlenstoff darin gebunden, der bereits im Holz gespeichert ist. Diese Ökosysteme nehmen sogar noch weiteres CO2 auf, weil die Bäume darin weiterwachsen. Es sind genau solche Kohlenstoffsenken, die wir dringend brauchen, um den globalen Temperaturanstieg um mehr als 1,5 °C zu verhindern.
Holz als Energieträger
Wird Holz verbrannt, setzt es so viel CO2 frei, wie zuvor im Baum gebunden war. Die aus Holz gewonnene Energie hat zudem einen geringeren Leistungsgrad als etwa Kohle und Erdgas. Um die gleiche Wärmemenge wie bei Kohle oder Erdgas zu erhalten, wird bei der Holzverbrennung bis zu doppelt so viel CO2 freigesetzt. Selbst wenn Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt, ist das Verbrennen klimabelastend. Denn würde der Baum im Wald bleiben oder das Holz stofflich verwendet werden, bliebe das CO2 weiterhin gebunden. Das beim Heizen freigesetzte CO2 wird erst über Jahrzehnte in anderen Bäumen wieder gebunden. Klimaneutral sind Holzheizungen daher nie.
Das Verbrennen von Holz setzt gesundheitsschädliche Stoffe frei – allem voran Feinstaub, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Stickoxide (NOx). Laut Bundesumweltamt sind Kaminöfen und andere Holzfeuerungsanlagen für rund ein Fünftel der gesamten Feinstaub-Emissionen in Deutschland verantwortlich. Über die Atemluft gerät Feinstaub in die Lunge. Besonders kleine Partikel können über die Lungenbläschen in die Blutbahn gelangen. Sie verteilen sich dann im Körper und schädigen langfristig die Organe.
Erst am Ende einer langen Kaskade verschiedener Nutzungen sollte man Holz verbrennen oder sich zu Humus zersetzen lassen. Wenn ein Baum gefällt wird, bedarf es einer langjährigen stofflichen Nutzung, etwa als Baumaterial oder für Möbel. Ist das Material danach für einen weiteren stofflichen Gebrauch nicht mehr geeignet, kann im nächsten Schritt daraus zum Beispiel Pappe hergestellt werden und sich längere Zeit im Recyclingkreislauf befinden. Wird es erst nach dieser Nutzung verheizt, war der Kohlenstoff besonders lange gebunden – im besten Fall länger, als weitere Bäume zum Nachwachsen benötigen.
Zertifikate nützen nichts
Weltweit sind Wälder in Gefahr, weil die Betreiber der Holzkraftwerke grenzenlos auf Einkaufstour gehen. Auch Länder aus dem globalen Süden stehen hier im Fokus: Vattenfall scheiterte nur knapp mit seinen Plänen, Holz aus Liberia in seinen Berliner Kraftwerken zu verfeuern und in Hamburg kamen Pläne ans Licht, Buschholz aus Namibia zur Energieproduktion einzusetzen. Dabei sind tropische Regenwälder von besonderer ökologischer Bedeutung. Sie speichern sehr viel Biomasse und damit 50 Prozent mehr Kohlenstoff als Wälder außerhalb der Tropen. Diese Wälder zu roden, würde bedeuten, den Großteil des in ihnen gebundenen Kohlenstoffes als CO2 freizusetzen. Selbst Nachhaltigkeitszertifikate sind in diesem Zusammenhang nicht geeignet, um negative Auswirkungen der Holzbiomasse-Verfeuerung zu verhindern. Denn auch wenn Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft verbrannt wird, trägt es zum Anstieg des CO2-Gehaltes in der Atmosphäre und damit zur Klimakrise bei. Die weitere Expansion dieser schädlichen Energieproduktion könnten Zertifikate ohnehin nicht verhindern.
Hierzulande sind wir ebenfalls schon weit entfernt von ehemals natürlichen Beständen. Mit rund elf Millionen Hektar gehört Deutschland zwar zu den waldreichen Ländern Europas, knapp ein Drittel der gesamten Bundesrepublik ist von Wäldern bedeckt. Auf über der Hälfte der Waldflächen dominieren allerdings nicht standortheimische Nadelbäume – weil sie effiziente Rohstofflieferanten sind. Früher dominierten hier Laubbäume. Dank der Umweltverbände und modernen Forstbetriebe geht es mittlerweile in kleinen Schritten wieder back to the roots: Heimische Arten, allen voran die Rot-Buche, sorgen für eine wachsende Zahl naturnaher Mischwälder und erhöhen zusammen mit anderen Laubbaumarten das Laubholzangebot – heute macht es rund ein Viertel des geschlagenen Holzes aus.
In wenigen Minuten verpufft
Doch der potenziell positive Effekt für den Klimaschutz verpufft größtenteils in nur wenigen Minuten: Zwei Drittel des gesamten in Deutschland jährlich eingeschlagenen Laubholzes werden verbrannt. Es gibt zudem immer noch zu wenige wettbewerbsfähige Verwendungsmöglichkeiten. Die traditionelle Holzwirtschaft passt sich dem veränderten Holzangebot nicht schnell genug an. Sägewerke etwa, die auf Nadelholz ausgerichtet sind, zögern immer noch, in Laubholzsägen zu investieren.
Setzt man Laubholz etwa mehrfach für langlebige Bauprodukte ein, können diese durchaus mehrere 100 Jahre verwendet werden. Mehrweg und Recycling sind hierbei wichtige Hebel. Optimal wäre eine Kreislaufwirtschaft mit nachfolgender sogenannter Kaskadennutzung: Man macht aus Bäumen zunächst Baumaterial, etwa für Häuser oder Möbel, nutzt das Holz anschließend nochmal (Recycling) und verheizt es erst sehr viel später, wenn es nicht mehr anders genutzt werden kann. Auf diese Weise bleibt Kohlenstoff besonders lange gebunden. Je mehr Etappen die Holzverwendung durchläuft, je mehr Zeit bei diesen verschiedenen Nutzungen vergeht, desto besser ist die Klimabilanz – und die Volkswirtschaft profitiert ebenso.
Im Kleinen mit langer Kaskade
Was heißt dies nun für Holz als Heizmaterial in kleinerem Maßstab? Die genaue Bilanz hängt vom konkreten Fall ab. Ein Einfamilienhaus zum Beispiel benötigt für Heizung und Warmwasser jedes Jahr durchschnittlich rund 30.000 Kilowattstunden Energie. Eine alte Ölheizung verbraucht hierfür rund 3.000 Liter Heizöl, eine Pelletheizung verbrennt rund sechs Tonnen Holzpellets. Werden diese regional hergestellt, hierfür zum Beispiel Sägespäne und andere Reste aus der Holzverarbeitung verarbeitet, kann das die Umweltbilanz verbessern. Das gilt ebenso für Altholz oder Holz von Bäumen und Sträuchern, die an Straßen und in Parks zurückgeschnitten wurden. Denn wenn Sägespäne oder geschreddertes Holz verrotten, wird ebenfalls teilweise CO2 freigesetzt. Es kommt auch hier darauf an, wie lang die Nutzungskette des Heizmaterials zuvor gewesen ist, die sogenannte Kaskade.
Selbst im besten Fall kann Holz aber nur eine untergeordnete Rolle bei der Energiewende spielen. 2017 lieferte der Rohstoff knapp zehn Prozent des deutschen Wärmebedarfs und 1,5 Prozent der inländischen Stromproduktion. Dafür wurde bereits die Hälfte des heimischen Holzaufkommens eingesetzt. Wollte man 20 Prozent des deutschen Wärmebedarfs mit Holz decken, bliebe kein erntefähiger Zuwachs mehr übrig, um daraus Bauholz, Möbel, Spanplatten oder Papier herzustellen.