Neue Wälder braucht das Land – und neue Bäume. Denn die Wälder hierzulande sind alles andere als gut auf schnelle klimatische Änderungen eingestellt. Wenn die Wälder in Deutschland dem Klimawandel trotzen sollen, müssen sie klimawandelresistenter umgestaltet werden. Doch wie? Welche Baumarten haben eine Zukunft?

Abgestorbene Nadelbaeume, kranker Wald im Siegener Leimbachtal. © IMAGO / Rene Traut
Dem deutschen Wald geht es so schlecht wie nie. Vier von fünf Bäumen haben lichte Kronen. © IMAGO / Rene Traut

Dem deutschen Wald geht es schlecht. So schlecht wie noch nie. Vier von fünf Bäumen haben lichte Kronen, wie der Waldbericht 2021 der Bundesregierung vermeldete. Sehr viele Bäume vertrocknen bzw. sterben an anderen Ursachen. Experten schätzen, dass nur jeder fünfte Baum noch gesund ist. Am kritischsten ist die Situation für die Fichte, der häufigsten Baumart in Deutschland. Stürme, Trockenheit, Hitze und der Befall von Borkenkäfern machen ihr den Garaus. „Die Fichte wurde früher oft in Gebieten angepflanzt, wo sie nicht hingehört“, sagt Albert Wotke, Waldspezialist beim WWF Deutschland. Aber dieser Baum liebt kühle und feuchte Standorte. Vor den Eingriffen des Menschen wuchs sie hierzulande nur in höheren Gebirgen und am Rand von Mooren. „Man muss es so klar sagen: Die Fichte unterhalb von 600 m Höhe hat keine Zukunft“, erklärt Wotke.

Unter Dürresommern und Wassermangel leiden aber auch Laubbäume wie zum Beispiel die Buche. Sie braucht zwar nicht so viel Wasser wie die Fichte. Aber der sinkende Grundwasserspiegel, vor allem an durchlässigen Kalkböden und flachgründigen Hängen nagt an ihr. Extrem wenig Regen fiel in den Frühjahren 2018, 2019 und 2020. Viele Bäume, besonders die jungen, reagierten darauf schon früh im Sommer mit den typischen Anzeichen von Trockenstress: mit vergilbten und hängenden Blättern, lichteren Kronen und teilweise sogar mit dem Abwurf von Zweigen und Blättern. „Dieses Jahr gab es im März in Brandenburg gebietsweise weniger Niederschläge als in der Namibwüste im gleichen Zeitraum. Wir werden Wälder verlieren und Teile Deutschlands könnten in Zukunft versteppen“, befürchtet Albert Wotke. Vor allem die Mitte Deutschlands bekommt in den letzten Jahren zu wenig Niederschläge, während in manchen Gebieten im Süden und Südwesten der Regen tendenziell sogar zunimmt. 

Was können wir also tun, um den Wald zu retten? Die meisten Waldschützer und Forstwissenschaftler sind sich einig, dass in erster Linie drei Maßnahmen nötig sind: mehr Schutzgebiete ausweisen, Anpflanzung bzw. Aufforstung von Bäumen und eine nachhaltige und ökologische Forstwirtschaft

1. Den Wald in Ruhe lassen

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Der beste Schutz für die Wälder: sie einfach in Ruhe lassen und abgestorbene Pflanzen und Totholz liegen lassen. © Claudia Nir / WWF

Alte Laubwälder sind eine Macht im Kampf gegen den Klimawandel. Unter dem schützenden Dach großer Buchen und Eichen bleibt der Boden feucht. Bei starken Regenfällen fließt das Wasser nicht ab, sondern sickert in den Boden. Überhaupt ist der Waldboden ein wunderbarer CO2-Speicher. Aus abgestorbenen Pflanzen und Totholz bildet sich neuer Humus, der viel CO2 enthält. Das Totholz dient den umliegenden Bäumen als Nährstoff und sorgt für Artenvielfalt. „Es ist eine Krabbelstube und Imbissbude für eine Vielzahl von Insekten, kühlt das Waldklima und hat einen positiven Effekt auf den Wasserhaushalt“, sagt Susanne Winter, Programmleiterin Wald beim WWF Deutschland. Natürliche Wälder schaffen mit der Zeit ihr eigenes Lokalklima, im Gegensatz zu Baumplantagen, die heißem und trockenem Wetter wenig entgegenzusetzen haben. „Unter geschlossenen Kronendächern bleibt die Verdunstung im Sommer gering, während bei starker Abholzung viel Feuchtigkeit verloren geht“, sagt Albert Wotke. Wir brauchen also möglichst viele (Ur)Wälder, die zumindest zum Teil ungestört alt werden dürfen. Manche Experten wie der bekannte Förster Peter Wohlleben fordern sogar, 20 Prozent unserer Wälder unter Schutz zu stellen.

2. Schluss mit der intensiven Holzwirtschaft

Es geht nicht darum, auf Abholzung völlig zu verzichten. Das Problem ist die zu intensive Bewirtschaftung der Wälder, bei der große Flächen stark abgeholzt oder kahlgeschlagen wurden und noch werden. Nach den Kahlschlägen pflanzen die Waldbesitzer zwar wieder Bäume an. In früheren Zeiten beschränkten sie sich meist auf Monokulturen aus Fichten oder Kiefern. Solche Forste sind sehr anfällig gegen Schädlinge sowie bei Extremwetter, vor allem erzeugen sie wenig Grundwasser. Diese naturfernen Bestände gibt es überall in Europa. Die schweren Maschinen der Forstwirtschaft räumen auf großen Flächen Bäume und Totholz ab und entfernen dabei manchmal sogar die Wurzeln der Bäume. Dadurch verdichtet sich der Boden, sodass er für trockene Zeiten weniger Wasser halten kann. Eine nachhaltige Holzwirtschaft verzichtet auf Kahlschlag und lichtet die Wälder auch nicht so stark auf, wie dies bisher praktiziert wird. Sie schlägt keine breiten Schneisen in die Wälder und baut keine Entwässerungsgräben.

3. Neue Bäume braucht das Land

Ein Wolf streift zwischen Kiefern durch den Wald. © Ola Jennersten / WWF-Sweden
Intakte, gesunde Wälder ziehen auch (neue) Waldbewohner an. Auch Wölfe fühlen sich in den Wäldern Deutschlands wieder wohler. © Ola Jennersten / WWF-Sweden

Bäume zu pflanzen, um den Klimawandel zu verlangsamen, klingt in der Theorie gut. In der Praxis ist es nicht so einfach. Damit die neuen Wälder überleben können, sollte man einige Punkte beachten. Am besten gewappnet sind Mischwälder aus Laubbäumen. Sie speichern mehr CO2 als Nadelwälder. Stürmen und Schädlingen fallen sie nicht so leicht zum Opfer wie Monokulturen. In erster Linie erfordert die zunehmende Trockenheit aber andere Baumarten. Allerdings kostet es viel Geld, Hunderte und Tausende von jungen Bäumen zu setzen.

Ökologischer ist die sogenannte Naturverjüngung, bei der aus den Samen der alten die jungen Bäume wachsen. Das klappt mit Pionierbaumarten wie Birken und Pappeln sehr gut. Andere Laubbaumarten können sich nur verjüngen, wenn die gewünschten Baumarten auch im Altbestand vorhanden sind. Junge Bäume in Wäldern müssen zudem vor Wild geschützt werden. Besonders kleinere Wälder sind nämlich oft von Getreidefeldern mit Mais oder Raps umgeben. Hier finden Rehe und Hirsche im Sommer gute Futterquellen und können sich stark vermehren. Im Winter ziehen sie in den Wald, um die jungen Pflänzchen zu fressen. Nötig ist daher ein sogenanntes Wildmanagement, sprich: Rehe und Hirsche sollten gejagt werden.

Natürlich brauchen alle Bäume Wasser, aber einige vertragen Trockenheit besser als andere. „Zum Beispiel können Eichen in trockenen Gegenden wachsen, auch die Linde hat wahrscheinlich gute Chancen, dem Klimawandel zu widerstehen“, sagt Albert Wotke. Auch die Kiefer kommt mit Trockenheit zurecht. Sie sollte aber möglichst nur in Mischwäldern stehen, da Kiefernforste weniger Grundwasser bilden als naturnahe Laubwälder. Sorgen machen sich Naturschützerinnen und Naturschützer um die Buche. Im Prinzip kann der Baum regenarme Zeiten aushalten. Doch in den vergangenen Jahren sind viele Buchen den Hitzetod gestorben. Das liegt hauptsächlich an zwei Ursachen: zum einen an Böden mit geringem Wasserspeichervermögen. Mehrjährige Trockenzeiten kann die Buche dann nicht mehr überstehen. Zum anderen leiden Buchen unter der Hitze, wenn sie zum Beispiel nach Durchforstungen alleine stehen. Sie bekommen durch die dann ungewohnt starke Sonneneinstrahlung Rindenbrand mit abblätternder Rinde. Daran können die Buchen sterben. In einem dichten Wald schützt sie dagegen das kühlere Waldklima.

Manche Waldbesitzer setzen ihre Hoffnungen wieder auf die Tanne, eine nicht gebietsheimische Nadelbaumart. Sie kommt allerdings mit Spätfrösten, Frosttrocknis und geringen Niederschlägen nicht gut zurecht. Es werden auch Baumarten aus Südosteuropa und den Mittelmeerländern vorgeschlagen. Doch auch deren Anpflanzung ist mit Risiken verbunden. Denn es wird auch weiterhin Winter mit starkem Frost bei uns geben, dem diese Bäume vermutlich nicht standhalten werden. Keine gute Lösung sind nach Meinung von Albert Wotke nordamerikanische Douglasien, die derzeit gerne angepflanzt werden, weil sie schnell wachsen und gutes Holz geben. „Sie sind hier nicht zu Hause und nicht an unser Ökosystem angepasst“. Die Douglasie kann zum Beispiel Milben und Insekten mitbringen, die sich ungestört vermehren, weil sie hier keine natürlichen Fressfeinde haben. Eines ist klar: Trotz aller Forschung weiß niemand genau, wie der Wald der Zukunft aussehen wird. Aber zum Glück haben viele unserer heimischen Bäume genug Potenzial, um dem Klimawandel zu trotzen.