In Spanien geht der WWF neue Wege bei der Wiederbewaldung. Die verbesserten Waldlandschaften sollen der Erderhitzung, der fortschreitenden Versteppung und den häufiger werdenden Waldbränden besser die Stirn bieten können.

Waldschutz allein reicht nicht mehr

Es war im Juli 2012, als die ostspanische Region Valencia die größte Feuerkatastrophe seit Jahrzehnten erlebte. Mehr als 3.000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen, während 1.500 Feuerwehrleute auf dem Boden und aus der Luft versuchten, die Feuer einzudämmen. Ein Hubschrauberpilot verunglückte tödlich.

Das Feuer, das fast 50.000 Hektar Felder, Wald und Buschland zerstörte, wütete auch in drei Natura-2000-Gebieten, in denen gefährdete Arten wie Wanderfalke und Steinadler leben. Wie fast immer, wenn eine Landschaft in Flammen steht, war auch diesmal wieder menschliches Handeln die Brandursache: mutmaßliche Schlamperei bei Arbeiten an der Energie-Infrastruktur.

Cortes de Pallas in Spanien vor der Aufforstung © WWF
Cortes de Pallas in Spanien vor der Aufforstung © WWF

Waldbrände sind im Mittelmeerraum kein neues Phänomen. Doch die globale Erhitzung hat die Situation deutlich verschärft. Von Katalonien im Norden bis Andalusien im Süden ächzt der Osten Spaniens – und nicht nur dieser – unter einer mehrjährigen Dürre.

Nachdem im vergangenen Winter die Niederschläge weitgehend ausblieben, verhängte Anfang April 2024 auch die Region Valencia den Wassernotstand. In den ausgetrockneten Landschaften finden Feuer mehr Nahrung. Folge: Es brennt häufiger und intensiver, sodass sich die Vegetation immer weniger erholen kann.

Buschland ist auf dem Vormarsch

Terrassen in der Region Cortes de Pallas, Spanien © WWF
Terrassen in der Region Cortes de Pallas, Spanien © WWF

Wie lassen sich verheerende Megafeuer angesichts der neuen, ungünstigen klimatischen Bedingungen künftig reduzieren?

Erstens mit konsequentem Klimaschutz. Zweitens mit besserer Prävention, also mit mehr Aufklärung darüber, welche menschlichen Aktivitäten hochentzündliche Landstriche in Brand setzen können und welche Regeln deshalb eingehalten werden müssen. Drittens aber mit einem Waldumbau, der die Wälder widerstandsfähiger gegen Feuer macht. Die Resilienz erhöhen, sagen die Fachleute dazu.

Wie das großflächig funktionieren könnte, testet der WWF seit 2020 kleinflächig in der Gemeinde Cortes de Pallás (Region Valencia). Vor dem Großbrand von 2012 standen dort viele Aleppo-Kiefern (Pinus halepensis). Inzwischen dominiert Buschland. Die niedrige Vegetation schützt zwar den Boden vor Erosion, hat aber nur eine geringe Artenvielfalt und ist leicht entzündlich. Wo die Nadelholzbestände den Brand überlebt haben, stehen oft zu viele junge Aleppo-Kiefern auf engstem Raum – leichte Beute für die Flammen. Ein weiterer Großbrand könnte zu ihrem lokalen Aussterben führen, fürchten die WWF-Expert:innen in Spanien. Die Folge wäre eine weitere Versteppung.

Wissenschaftlich begleiteter Waldumbau – und die Vögel helfen mit

Ein Wiederaufforstungs-Team pflanzt neue Waldlandschaften © WWF
Ein Wiederaufforstungs-Team pflanzt neue Waldlandschaften © WWF

In Abstimmung mit der Regionalregierung und den örtlichen Forstbehörden und unter wissenschaftlicher Begleitung der Universitäten von Alicante und Barcelona – dank einer auf zunächst fünf Jahre ausgelegten Finanzierung durch die Hans-Schwörer-Stiftung – und unter reger Beteiligung der Anwohner:innen und Grundstücksbesitzer:innen hat der WWF begonnen, eine neue, mosaikartige Waldlandschaft zu schaffen:

Entlang einer Nord-Süd-Achse wechseln sich junge Kiefernwälder, einzelne alte Aleppo-Kiefern, die den Brand überlebt haben und Buschland mit alten auf Terrassen angelegten Olivenhainen und mit Flächen ab, die noch mit Mischwald zu bepflanzen sind. Einige zu dichte Kiefernbestände wurden ausgedünnt, um den Laubbäumen mehr Platz zu verschaffen. Auf den Terrassen, deren landwirtschaftliche Nutzung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts endete, wurden kleine, gut brennbare Büsche entfernt, sodass dort nur noch die alten Olivenbäume und ein paar andere Nutzbäume wie Walnüsse übrig sind. Stattdessen setzte man auf diesen Terrassen nun Pflanzen, deren Früchte bei Vögeln äußerst beliebt sind. Wohlkalkulierte Folge: Die Vögel fungieren als Samenverteiler in der weiteren Umgebung, eine tolle Unterstützung für das Projekt.

Bei den neu gepflanzten Bäumen konzentrierten sich der WWF und seine Partner auf in Spanien heimische Arten, die aus Baumschulen in der Umgebung kommen: Erdbeerbaum, Portugiesische Eiche, Phönizischer Wacholder, Schwarzdorn, Mittelmeer-Sanddorn, Mastix, Terpentinbaum, Wilde Olive, Johannisbrotbaum, Feige und Walnuss. Weil der erste Sommer nach der Pflanzung die härteste Zeit für die Setzlinge ist, war die Spannung groß, welche Arten sich gut halten und welche weniger gut. Im Herbst 2023 zeigte sich, dass acht der elf Arten Überlebensraten von mehr als 80 Prozent hatten. Bei Johannisbrotbaum und Mittelmeer-Sanddorn gab es bislang gar keine Ausfälle.

Mit Bäumen Landflucht stoppen

Ziegen auf der Fläche in Cortes de Pallas © WWF
Ziegen auf der Fläche in Cortes de Pallas © WWF

Jährlich 25 Hektar forstet der WWF mit finanzieller Unterstützung der Hans-Schwörer-Stiftung in Cortes de Pallás auf. Im Vergleich zu den verwüsteten Flächen ist das nicht viel.

Allerdings hat das Projekt das Potenzial, weit über seine Grenzen und die Region hinaus zu wirken, gewissermaßen als Versuchslabor des mediterranen Waldumbaus. Was es einzigartig macht, ist nicht zuletzt die Tatsache, dass die Wiederaufforstung nicht auf öffentlichem, sondern auf privatem Land stattfindet – als erste Initiative dieser Art. Da über 70 Prozent der Waldfläche Spaniens in privater Hand ist, kommt dem Projekt eine Leuchtturmfunktion zu. Seit diesem Jahr ist das Experiment auch im Handbuch des Waldumbaus der spanischen Zentralregierung zu finden.

Von Anfang an waren die Landnutzer:innen und -besitzer:innen in den Planungsprozess miteinbezogen. Ihnen liegt besonders am Herzen, Waldbrände zu vermeiden und die Landschaft lebendiger zu gestalten. Das Projekt hat auch positive soziale Folgen in Cortes de Pallás, indem es der Landflucht entgegenwirkt. Einige Hausbesitzer:innen bewohnen ihre vormals kaum genutzten Anwesen wieder häufiger; einer erklärte sich nun bereit, seine Ziegenherde für die Landschaftspflege im Projektgebiet einzusetzen. Die Tiere machen sich auf doppelte Art und Weise nützlich. Zum einen helfen sie, die brennbare Biomasse auf den Flächen gering zu halten und somit das Brandrisiko zu senken. Zum anderen fressen sie mit Büschen und Sträuchern solche Vegetation, die mit den jungen Bäumen konkurriert.

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