Lothar Buckow verbringt jeden Tag viele Stunden auf dem Wasser. Schon mit 15 fischte er auf der Elbe. Heute ist er 55 und seit vielen Jahren Berufsfischer. Zwischen Hamburg und Glückstadt geht er fast jeden Tag im Jahr mit seinem Kutter auf Fang.
Doch angesichts einer weiteren Elbvertiefung bangen er und seine Kollegen um ihre Fangplätze. Durch die steigende Strömungsgeschwindigkeit wird das Fischen außerdem immer riskanter. Schon seit der letzten Elbvertiefung halten die Netze und Reusen dem Druck nicht mehr stand, erzählt Lothar Buckow: „Ich habe jedes Jahr Schäden zwischen 5.000 und 10.000 Euro, weil die Reusen mir regelmäßig auseinanderreißen.“ Ein Kollege fürchtet sogar, dass durch die höhere Geschwindigkeit der Kutter kentert, wenn ein Netz plötzlich am Grund hängen bleibt.
Lothar Buckow ist bereits einmal über Bord gegangen, verursacht durch die Wasser-verdrängung einer großen, schnellen Yacht in der Elbe-Fahrrinne nahe seines Kutters. Neben die überdimensionalen Containerschiffe wagt er sich deshalb erst recht nicht mehr. „So ein hunderttausend-Tonnen-Containerschiff verdrängt ja auch hunderttausend Tonnen Wasser. Im Prinzip ist das ein großes Loch, was da entsteht. Durch dieses Volumen, das die großen Schiffe verdrängen, entsteht ein sehr starker Sog. Es ist gigantisch, wie das Wasser im seichteren Bereich hin- und hergesogen wird, weil dieses Loch, diese hunderttausend Tonnen, wieder geschlossen werden müssen. Früher hat das nochmal Spaß gemacht, die Fischerei neben dem Fahrwasser. Das kann ich mit meinem Schiff gar nicht mehr machen, das ist lebensgefährlich geworden.“
Der Fischer rechnet mit noch schlimmeren Auswirkungen, wenn durch die Elbvertiefung auch bei Niedrigwasser größte Schiffe die Elbe passieren können. Und eine Vertiefung der Fahrrinne bringt weitaus mehr Probleme mit sich. Große Sorgen bereiten Lothar Buckow die Sauerstofflöcher in der Elbe, in denen bereits heute viele Fische ersticken: „Wenn wir in einem Jahr ein Sauerstoffloch haben, merken wir Fischer das nach drei bis vier Jahren ganz enorm. Dann fehlt zum Beispiel eine ganze Generation an Stinten.“ Besonders seit der letzten Elbvertiefung beobachtet Lothar Buckow eine Verschlimmerung der Sauerstofflöcher: „Früher, ich sage mal vor etwa 200 Jahren, gab es diese Sauerstofflöcher ein bis zwei Tage im Jahr. Jetzt sind sie vier bis sechs Wochen da. Und alles, was da durch will, stirbt, weil die Fische ersticken. Das ist natürlich über sechs Wochen gesehen eine Katastrophe.“
Die Sauerstofflöcher sind nicht nur ökologisch äußerst bedenklich. Lothar Buckow fürchtet bei einer weiteren Zunahme um seine Existenz und die aller Fischer auf der Elbe. Darüber hinaus wären seiner Meinung nach auch Gastronomiebetriebe und Restaurants von den Folgen betroffen.
Buckow ist sauer, weil den Fischern bei der Elbvertiefung 1998/99 versprochen wurde, es werde die letzte sein. Nun steht doch die nächste Vertiefung auf dem Plan. Dafür hat der entrüstete Elbfischer nur einen Ausdruck: „Alles Spinnkram!“
- Die Fotoreportage von Philipp Reiss