Bei der aktuellen Bergungsaktion befreiten die Taucher aus einem Stellnetz noch einige lebende Flundern, bevor das Netz geborgen wurde. Für zwei Dorsche und einige weitere Plattfische kam jedoch jede Hilfe zu spät. Dieses Stellnetz war am Boden zusammengesackt und stand nicht mehr in der Wassersäule – trotzdem wurde es auch am Boden eine tödliche Falle für viele Meeresbewohner. Für den WWF ist dies erneut die Bestätigung dafür, dass Geisternetze Netze aus dem Meer entfernt werden müssen.
Mehr als neun Tonnen Geisternetze konnte der WWF an nur drei Tagen aus der Ostsee bergen – die bisher größte Menge an Netzmaterial, die bisher bei einer Bergungsfahrt vom Meeresgrund entfernt wurde. Die Bergungstour vor Sassnitz auf Rügen war der Auftakt für die verlängerte Partnerschaft zwischen dem WWF und dem Umweltdienstleister PreZero.
Rekordverdächtig: Neun Tonnen Geisternetze in drei Tagen
Mehr als neun Tonnen Geisternetze hat der WWF vom 21. bis 23.09.2020 vor Sassnitz auf Rügen aus der Ostsee geborgen – die größte Menge an Netzmaterial, die bisher in einer Bergungsfahrt vom Meeresgrund entfernt wurde. Allein am ersten Tag bargen Taucher, Schiffscrew und das WWF-Team ein Schleppnetz mit einem Gewicht von drei bis vier Tonnen; Projekt-Sponsor PreZero war mit an Bord.
Drei Stunden dauerte es, bis das 30 Meter lange Netz Stück für Stück an Deck gehievt war. Die stark verfilzten Netzballen weisen eine Struktur auf, die für moderne Netze nicht mehr verwendet wird, das Team schätzte das Alter des Netzes deshalb auf 30 bis 40 Jahre.
Dank der Bergungsaktion wurde die Ostsee nahe der Küste des Nationalparks Jasmund wieder von einer großen Menge Plastikmüll befreit, der sich sonst über Jahrhunderte zu Mikroplastik zersetzen und in die Nahrungskette gelangen würde.
Schlüssel zum Erfolg: Mit Schallwellen Netze aufspüren
Die vom WWF in den vergangenen Jahren entwickelte Such- und Bergemethode mit einem Sonargerät ist der Grund für den Erfolg der jüngsten Bergungsfahrt. Im April 2019 suchte das WWF-Team die Fläche vor Sassnitz erstmals mit einem solchen Gerät ab. Es tastet mit Hilfe von Schallwellen den Meeresboden ab, das Team erkennt auf einem Monitor an Bord des Schiffes Unregelmäßigkeiten am Boden.
Die Verdachtsstellen werden dann nach und nach von einem Taucher vor Ort angetaucht und Stellen, an denen tatsächlich verlorene Fischernetzen liegen, in der WWF Geistertaucher-App vermerkt. Diese Netzpositionen können nun gezielt mit einem Arbeitsschiff angefahren werden. Berufstaucher hängen die Netzballen dann an den Schiffskran, der das Material nach oben hievt. Auch der starke Hebekran, der mehrere Tonnen schafft, hat zum Erfolg des Projekts beigetragen.
„Drei Stunden mussten Taucher, Schiffscrew und das WWF-Team mit vereinten Kräften arbeiten, bis das gesamte 30 Meter lange Netz Stück für Stück an Deck gehievt war.“
Stellnetze fischen auch am Boden weiter
Aufbereitung von Geisternetzen für die Entsorgung noch ein Problem
Nach der Bergung wurden alle Netze zu Brockmann Gewerbemüll-Verwertung Schleswig-Holstein nach Nützen bei Waren gebracht. Dort werden sie aufwändig von Hand ausgelegt und in ihre Bestandteile zerlegt. Metallteile werden aussortiert – auch die Sinkleinen aus Stellnetzen, die als Gewichte das Umweltgift Blei enthalten, werden mühsam herausgeschnitten. Blei und Stahlseile können dem Metallrecycling zugeführt werden.
Die Netzfasern werden zur Energiegewinnung in kleine Fragmente geschnitten oder geschreddert, damit die Verbrennungsanlage sie aufnehmen kann. Ein Recycling dieser vom Ostseegrund geborgenen Netze ist leider nach wie vor nicht möglich. Das feine Ostsee-Sediment sitzt in allen Fasern und Knötchen und lässt sich nicht herauswaschen. Die Kontamination mit Blei ist zudem kritisch – nur wenn sichergestellt ist, dass alle Bleirückstände entfernt sind, könnte man überhaupt darüber nachdenken, neue Produkte aus Geisternetze-Material herzustellen. Selbst die Zerlegung per Hand kann dies nicht zu 100 Prozent sicherstellen.
Am Ende der aktuellen Bergungsaktion wurde in nur drei Tagen die gleiche Menge Geisternetze geborgen wie in den sechs Jahren seit Beginn des Projekts 2014 zusammen. Diese Netze stellen nun auch für Tiere, die unter Strukturen am Meeresboden Schutz suchen und sich dann in den Netzmaschen verfangen, keine Gefahr mehr dar.
- Geisternetze - tödliche Gefahr
- Geisternetze aus der Ostsee bergen
- Ostsee
Weitere Informationen