Die Krankenstation, die Jacinta Malemba leitet, liegt nahe der Grenze von Kenia zu Tansania in den Ausläufern der hügeligen Savannen des Tsavo-Nationalparks. Über tausende Quadratkilometer erstrecken sich die vielfältigen Landschaften von Kenias größtem Schutzgebiet. In der abgelegenen Region sind Krankenstationen wie das „Ndilidau Dispensary“ von Jacinta Malemba für die Bevölkerung von großer Bedeutung. Doch eine schwankende Energieversorgung bedrohte bisher die medizinischen Behandlungen und die gesamte Existenz des kleinen Gesundheitszentrums.
„Wunderbabys“ nennt Hebamme Jacinta Malemba die Kinder, die in ihrer Krankenstation bisher im Dunkeln zur Welt kommen mussten. Denn Stromausfälle sind hier – im Südosten Kenias – an der Tagesordnung. Der WWF hat fünf Gesundheitszentren in dem Gebiet mit Solaranlagen ausgestattet. Ein wichtiges Signal für die Menschen vor Ort, die in einer äußerst wertvollen Ökoregion leben.
Wenn während der Geburt das Licht ausgeht
Jede Nacht mussten Jacinta und ihr Team mit Stromausfällen von mehreren Stunden rechnen. Immer hofften sie, dass nicht ausgerechnet dann ihre Hilfe gebraucht würde. Jacinta erzählt, wie nervenaufreibend es war, Kinder im Licht der Taschenlampe zur Welt zu bringen. Auch die nötige Versorgung von Mutter und Kind nach der Geburt war ohne Strom gefährdet. „Wir haben nie jemanden verloren, aber mussten oft viel riskieren“, so Jacinta. „Wir konnten unsere Ausrüstung nicht sterilisieren, mussten Asthmapatienten wegschicken, weil der Vernebler nicht funktionierte. Wir konnten nicht einmal Blut- und Urinuntersuchungen durchführen.“ Auch Medikamente und Impfstoffe konnten nicht durchgehend gekühlt werden.
„Die meisten kamen nicht wieder“
Dreizehn Betten zählt die Entbindungsstation von Ndilidau. Denn Entbindungen tragen einen wichtigen Teil zur Finanzierung der kleinen Klinik bei. Geburten, die postnatale Versorgung von Kleinkindern und Müttern, die Betreuung schwangerer Frauen und die Familienplanung werden in Kenia aus staatlichen Mitteln gefördert. Doch eine Krankenstation ohne Strom trägt sich nicht. „Bevor eine Mutter entbindet, kommt sie zu uns zur Vorbereitung“, erzählt Jacinta Malemba. „Aber von den Frauen, die wir wegen der Stromausfälle vertrösten mussten, kamen die meisten nicht wieder.“ Heute hat sich das Blatt gewendet. Denn das Ndilidau Dispensary ist eines von fünf Gesundheitszentren im Raum des Tsavo-Nationalparks, das der WWF mit einer Solaranlage ausgestattet hat.
Solaranlage für die Krankenstation
„Für mich geht ein Traum in Erfüllung“, sagt Jacinta Malemba über die Installation der Solarzellen. Ihre Krankenstation versorgt zwölf Dörfer mit rund 8.000 Einwohner:innen. Seit Jacinta rund um die Uhr verlässliche Dienste anbieten kann und ein neues Labor eingerichtet hat, kommen die Patient:innen sogar noch von weiter her. Die zusätzlichen Einnahmen und das, was sie an Stromkosten einspart, konnte die Klinikleiterin bereits investieren: „Wir haben eine bequeme Untersuchungsliege, eine Lampe und Stethoskope und Blutdruckmessgeräte angeschafft, einen alten Computer repariert und einen neuen gekauft“, freut sich Jacinta.
Was Klinikstrom mit Artenschutz zu tun hat
Der aus einem Ost- und einem Westteil bestehende Tsavo-Nationalpark ist bekannt für seine großen Elefantenbestände, Löwen, Nashörner und viele weitere ikonische und oftmals gefährdete Arten. Doch wenn es den Menschen rund um die Schutzgebiete schlecht geht, ist Rücksicht auf die Natur häufig ihre letzte Sorge. Die Verbesserung der Lebensumstände und Sicherung der Grundbedürfnisse der Menschen vor Ort sind folglich untrennbar mit modernem Umweltschutz verbunden. Ein wichtiger Motor für bessere Lebensbedingungen ist die Bereitstellung von Elektrizität. Solarstrom ist dabei nicht nur nachhaltig, sondern hat das große Potential, abgelegene Gebiete ohne funktionierende Stromnetze autark zu versorgen. Das Wissen darum, dass der WWF den Kliniken in Tsavo geholfen hat, fördert darüber hinaus die Akzeptanz der Naturschutzmaßnahmen.
Für ein friedliches Miteinander von Mensch und Natur
Im Umfeld der beiden Tsavo-Schutzgebiete leben Menschen und Wildtiere in unmittelbarer Nachbarschaft. Jacinta Malemba, Leiterin der Ndilidau Krankenstation, hat deshalb eine weitere Bitte und Idee: Ein Solarbetriebener Elektrozaun in Kombination mit sogenannten Prädatoren-Schutzlichtern rings um Gesundheitsstation und Mitarbeiterquartiere könnte Hyänen und andere Beutegreifer fernhalten, und für beide Seiten kritische Konflikte zwischen Mensch und Wildtieren verhindern. Ähnliches setzt der WWF bereits in anderen Projektgebieten erfolgreich um. Denn die friedliche Koexistenz von Menschen und Wildtieren ist genauso wichtig wie ungemein schwierig – aber nicht unmöglich.
Die Ausstattung von fünf Gesundheitszentren am Rande des Tsavo-Nationalparks mit Solarenergie ist Teil eines vom BMZ ( Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) aus Klima-Sonder-Mitteln des Bundestages unterstützten Projektes zur Stärkung der lokalen Gemeinden gegen die Auswirkungen des Klimawandels.
- Kenia und Tansania