Simbabwe im Südwesten Afrikas beeindruckt durch vielfältige Landschaften, Schutzgebiete und die berühmten Viktoriafälle an der Landesgrenze zu Sambia. Doch Simbabwe ist auch eines der ärmsten Länder unserer Erde und abseits der Nationalparks geprägt von zunehmend kargen Weideflächen, die nichts und niemanden mehr ernähren. Eine Lösung kann trotzdem ausgerechnet in der Beweidung liegen – in einer gut geplanten Beweidung.
Rinder als wandelndes Kapital
Für einen Kleinbauern in Simbabwe bedeuten seine Rinder mehr als ihr Fleisch oder ihre Milch. Sie sind Statussymbol und Kapital. Denn in der Not bringt ein Rind gutes Geld. Doch die Rinder grasen in freilaufenden Herden unkontrolliert auch das letzte ab, was auf den ohnehin schwierigen Böden wächst. Damit laugen sie nicht nur das Land weiter aus und nehmen sich selbst und den Menschen die Nahrungsgrundlage. Die Rinder werden außerdem zur Gefahr für Wildtiere wie Löwen, Zebras oder Elefanten.
Warum Rinder den Wildtieren gefährlich werden können
Für Löwen und andere Raubtiere sind die freilaufenden Rinder, die nachts nicht bewacht werden, eine leichte Beute. Doch Fälle von gerissenen Nutztieren schüren Mensch-Wildtier-Konflikte. Aus Angst, Rache und Existenznot werden die Raubtiere oft erschossen. Grasfressenden Wildtieren wie Zebras droht als Nahrungskonkurrenz für die Nutztiere ein ähnliches Schicksal. Vor allem aber finden die Wildtiere auf den durch die Rinder zerstörten Flächen ebenfalls nicht mehr genug zu fressen.
Die unkontrollierte Beweidung, bei der sich das Vieh frei auf der Fläche bewegt, steigert darüber hinaus die Gefahr der Übertragung von Infektionskrankheiten in beide Richtungen – von den Nutztieren auf die Wildtiere und umgekehrt. Einige dieser Krankheiten sind auch auf den Menschen übertragbar.
Die Lösung: Wandernde Zäune
Mobile Bomas nennen sich die beweglichen Einfriedungen. Denn Boma oder Kraal heißen in Afrika kleine Viehgehege, die traditionell zum Beispiel aus dornigen Akazienzweigen gebaut werden. Dagegen bestehen die mobilen Bomas aber aus Planenzäunen, die sich leicht versetzen lassen. Da sie blickdicht sind, springen die Löwen nicht darüber.
Bisherige Erfahrungen mit mobilen Bomas zeigen: Die Beweidung und der Schutz von Wildtieren müssen einander nicht ausschließen, im Gegenteil. Gut geplant, kann die Beweidung den Zustand der genutzten Lebensräume verbessern. Davon profitieren die Menschen und ihre Ernährung und Gesundheit genauso, wie die Biodiversität. Voraussetzung ist allerdings immer die Entscheidung der Gemeinden, dass sie teilnehmen wollen. Denn die Entwicklung und Planung geschieht mit den Menschen vor Ort gemeinsam.
Mobile Bomas für Simbabwes Weiden
In Simbabwe nutzen Bäuerinnen und Bauern die Bomas bereits heute, um ihre Äcker fruchtbarer zu machen. Das Prinzip soll nun auf die riesigen, offen liegenden Weideflächen ausgedehnt werden – zunächst angrenzend an Schutzgebiete. Doch die systematische Beweidung bedeutet mehr Aufwand als die bisherige, traditionelle Viehwirtschaft mit freilaufenden Rindern. Das Gelände muss kartiert und eingeteilt, die Herden verschiedener Besitzer:innen in einer größeren Herde zusammengefasst werden. Die große Herde wird dann in einer zuvor festgelegten Abfolge im Jahresverlauf an verschiedenen Stellen auf die Weide gelassen und rund um die Uhr von Hirten betreut. Das reduziert den Verlust von Rindern durch Raubtiere quasi auf null. Doch eine Erholung für das Weideland bedeuten die mobilen Bomas nur, wenn möglichst viele Rinderherden eines Gebietes teilnehmen.
Es ist weit mehr nötig als ein paar Planenzäune
Als Anreiz zur Teilnahme und um das Nutzvieh und damit letztlich auch die Wildtiere vor Krankheiten zu schützen, erhalten Rinderbesitzer:innen kostenlose Impfungen und Parasitenprophylaxe, wenn sie ihr Vieh in Bomas unterbringen. Die beteiligten Hirt:innen brauchen außerdem eine Ausbildung in der ganzheitlichen Weideplanung, einer besseren Tierhaltung und Viehzucht – und für ihr Verhalten bei Kontakt mit Wildtieren. Nicht nur, um sich und das Vieh vor Raubtieren zu schützen, sondern um die Übertragung von Krankheiten zu verhindern. Die abgeschlossene Ausbildung nutzt den Hirt:innen über das Projekt hinaus für ihre Zukunft und ihren Status in der Gesellschaft.
Die Vision: Klasse statt Masse
Wer seine Rinder besser hält und nutzt, braucht weniger Vieh und Weidefläche. Der WWF arbeitet deshalb auch an besseren Marktzugängen für die Kleinbäuer:innen in Simbabwe. In Zukunft sollen sie nicht mehr darauf angewiesen sein, als Statussymbol möglichst viele Rinder zu besitzen, sondern sich von einer vernünftigen Viehhaltung effektiv ernähren können.
Herding for Health
Immer mehr Kleinbäuer:innen und Gemeinden sollen das ganzheitliche Weidemanagement kennenlernen, das die Flächen nicht auslaugt, sondern düngt. Durch seine Vorteile und Gespräche mit den Gemeinden soll der Ansatz immer größere Akzeptanz erfahren und weiter ausgebreitet werden können – in Simbabwe und anderen Ländern wie Namibia.
"Herding for Health" heißt das Projekt im Englischen, Viehhaltung im Dienst der Gesundheit, abgekürzt H4H: Für eine friedliche Koexistenz von Nutz- und Wildtieren und zum Wohl der Menschen.
Die Umsetzung des Projektes in Simbabwe und Namibia wird vor Ort unterstützt von unseren Partnern Victoria Falls Wildlife Trust (VFWT) und der Namibia Nature Foundation (NNF).
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