Rund 400 Kilometer Luftlinie sind es von Köln nach Paris. Gut zu schaffen mit dem Auto – gäbe es nicht Baustellen und Staus, Mautstationen und andere Hindernisse. Eine Strecke ähnlicher Größenordnung, nämlich 450 Kilometer, legte ein Elefantenbulle in KAZA zurück – dem Kavango-Zambesi-Schutzgebietsnetzwerk im südlichen Afrika. Aus eigener Kraft, über Landesgrenzen hinweg und mit ganz eigenen Hindernissen und Herausforderungen. Das ist eines der spannenden Ergebnisse einer langfristigen Studie des WWF zu den Bewegungsmustern von Afrikanischen Savannenelefanten in dem rund 520.000 Quadratkilometer großen Gebiet von KAZA.

Besenderter Elefant @ Greg Armfield / WWF UK
Besenderter Elefant @ Greg Armfield / WWF UK

Gestartet war der Elefant, der mit einem Sender ausgestattet war sodass seine Position verfolgt werden konnte, im Silowana-Komplex in Sambia. Er zog weiter über den Sobbe-Korridor in Namibia, überquerte die Grenze zu Botswana, ließ das Moremi Game Rerserve weit hinter sich und erreichte schließlich den Makgadikgadi-Nationalpark in Botswana.

Auf Wanderungen wie diesen queren Elefanten nicht nur Landesgrenzen. Es bleibt nicht aus, dass sie in die Nähe von menschlichen Siedlungen geraten oder Zäune ihren Weg versperren. Daten der Bewegungsmuster dieses und weiterer Elefanten enthüllen aber auch, wo wichtige Wanderkorridore von Elefanten verlaufen, wie diese geschützt werden könnten und wo Hotspots von Konflikten zwischen Menschen und Elefanten sind.

KAZA ist die Heimat rund der Hälfte aller Afrikanischen Savannenelefanten. Die Population wird auf knapp 228.000 beziffert, erhoben durch eine groß angelegte Studie, deren Ergebnisse 2023 veröffentlicht wurden. Sie leben auf einem Gebiet, das rund anderthalbmal so groß ist wie Deutschland und sich über fünf Ländergrenzen erstreckt. Eigentlich genug Raum für die Dickhäuter, aber auch für Zäune und andere Hindernisse auf den Wanderrouten. Sechs große Wildtierkorridore, sogenannte Wildlife Dispersal Areas (WDA), ermöglichen nun den Herden Wanderungen auch über lange Strecken und innerhalb eines sehr großen Ausbreitungsgebietes.

Makro-Korridore machen Wanderrouten für Herden wieder begehbar

Diese sechs Korridore basieren auf bestehenden und historischen Tierwanderrouten. Zwischen Khaudum und Ngamiland im Nordosten Namibias nach Angola und Botswana (1). Entlang des Kwando Flusses, eine Durchquerung von insgesamt vier Ländern (2). Ein Korridor von Zambezi nach Chobe – eine vor allem saisonal genutzte Verbindungsroute durch Botswana, Namibia und Sambia (3), sowie zwischen Chobe, Kazuma und Hwange, entlang der Grenze zu Botswana und Simbabwe (4). Eine kleine, aber wichtige Passage bei den Victoriafällen (5). Sowie ein Korridor, der große Wildtier- und Tourismusgebiete in Botswana mit dem flussaufwärts gelegenen Lebensraum in Simbabwe verbindet (6).

Ihr Fortbestand hängt jedoch maßgeblich davon ab, dass die Korridore aktiv geschützt werden, insbesondere vor sich permanent ändernden Landnutzungen etwa durch Besiedelung, Landwirtschaft und andere menschliche Infrastruktur.

Elefanten- und Wildtierkorridore in KAZA © WWF
Elefanten- und Wildtierkorridore in KAZA © WWF

Afrikanische Savannenelefanten ziehen weite Strecken

Foto aus dem Flugzeug: Diese Elefanten wurden mitgezählt © KAZA TFCA
Foto aus dem Flugzeug: Diese Elefanten wurden mitgezählt © KAZA TFCA

Elefanten benötigen große, zusammenhängende Lebensräume, um zu überleben. Auf der Suche nach Nahrung und Wasser sowie zur Paarung wandern Afrikanische Savannenelefanten weite Strecken und haben dabei Streifgebiete von 25.000 Quadratkilometern und mehr. In trockenen Gebieten legen sie 5 bis 13 Kilometer pro Tag zurück, Bullen während der sogenannten Musth, der Paarungszeit, sogar 10 bis 17 Kilometer täglich.

In KAZA wurden 291 Elefanten mit Peilsendern ausgestattet und ihre Wanderrouten über einen Zeitraum von zehn Jahren aufgezeichnet. Knapp die Hälfte dieser Tiere überquerten mindestens ein Mal eine Landesgrenze, Elefantenbullen dabei naturgemäß häufiger als die weiblichen Elefantenkühe.

Größerer Genpool und mehr Nachwuchs

Wildtierkorridore ermöglichen es den Afrikanischen Savannenelefanten, ihre zentralen Lebensräume besser zu nutzen. Ein gesundes Wachstum der Population wird unterstützt, da sich die umherziehenden Herden finden und in Paarungszeiten vermischen können. Denn bei den Elefanten sind Männchen und Weibchen unterschiedlich sozial organisiert. Während Elefantenkühe mit ihren Jungtieren in Gruppen leben, die zeitweise aus bis zu 70 Tieren bestehen können, streifen Elefantenbullen überwiegend allein und zeitweise in kleinen Gruppen umher.

Wildtierkorridore ermöglichen durch die Verbindung von Schutzgebieten eine Vergrößerung der Streifgebiete von Elefantenbullen in der Musth. Damit erhöht sich ihre Chance, paarungsbereite Weibchen zu finden. Zudem wird der Genfluss zwischen den Subpopulationen der Elefanten in der Region ermöglicht, was dazu beiträgt, die Lebensfähigkeit der Herden langfristig zu gewährleisten.

Dringend benötigter Lebensraum kann erreicht werden

In manchen Regionen innerhalb des KAZA-Schutzgebietsnetzwerkes leben aufgrund des guten Nahrungsangebotes, eines guten Wildtierschutzes und anderer günstiger Faktoren so viele Elefanten, dass schließlich die Kapazitätsgrenze erreicht wird. Ein Beispiel ist der Hwange Nationalpark, das größte Schutzgebiet in Simbabwe und eines der ersten Schutzgebiete Afrikas. Wildtierkorridore verbinden Habitate, so dass die Herden sich aktuellen Gegebenheiten anpassen, in andere Regionen wie zum Beispiel nach Angola oder Sambia weiterziehen und sich neuen Lebensraum erschließen können. 

Wildtierkorridore können Mensch-Tier-Konflikte eindämmen

Ranger untersuchen ein Sorghum-Feld, das von Elefanten beschädigt wurde © WWF / Folke Wulff
Ranger untersuchen ein Sorghum-Feld, das von Elefanten beschädigt wurde © WWF / Folke Wulff

Wann immer sich Elefanten in Gegenden bewegen, die von Menschen bewohnt oder genutzt werden, besteht die Gefahr von Konflikten. Gründe dafür gibt es viele: Zum Beispiel, wenn Kleinbauern und -bäuerinnen neue Ackerflächen innerhalb des Lebensraums der Elefanten anlegen. Oder wenn Elefanten durch die Ernte oder die Wasservorräte angelockt werden. Die Folge dieser Konflikte sind für beide Seiten verheerend. Elefanten vernichten die Ernte von Kleinbauern und aus Rache, und im Glauben zukünftige Schäden zu verhindern, kann es zu Elefantentötungen kommen.

Neben den sechs Hauptkorridoren, die die Streifgebiete der Elefantenherden über die Landesgrenzen der fünf Staaten hinweg vergrößern, gibt es weitere, sogenannte Mikro-Korridore. Diese werden vor allem dort ausgewiesen, wo durch die Bewegungsdaten der besenderten Elefanten Hotspots für Mensch-Tier-Konflikte identifiziert wurden, zum Beispiel an Bahn- oder Straßenübergängen oder in besiedelten Gebieten. Damit diese funktionieren, müssen sie ausreichend Platz zwischen den Siedlungen bieten, derzeit sprechen Expert:innen von mindestens drei Kilometern.

Doch Naturschutz funktioniert nur mit dem Menschen. Deshalb arbeitet der WWF in weiteren Projekten in der Region gemeinsam mit den Gemeinden daran, die Lebensbedingungen zu verbessern und die natürlichen Ressourcen zu schützen, von denen Wildtiere und Menschen gleichermaßen abhängen. So konnte der Bestand an Afrikanischen Savannenelefanten stabil gehalten werden – ein großer Erfolg: für die bedrohten Dickhäuter und für die lokalen Gemeinschaften, die auch vom Tourismus profitieren.

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