Die Quellen und Seen in den Bergen Bhutans trocknen aus. Trinkwasser für Menschen und Tiere wird knapp, die Landwirtschaft zu einer Herausforderung. Doch es ist möglich, die Quellen wieder sprudeln zu lassen.

Bau und Prüfung einer neuen Quelle © Tarayana
Bau und Prüfung einer neuen Quelle © Tarayana

29 Quellen konnten bisher im Südwesten Bhutans geschützt und ihr Wasser ohne größere Verluste den Menschen zur Verfügung gestellt werden – in ganz unterschiedlichen Ökoregionen und Höhenlagen. In den Gemeinden rund um diese Quellen hat nun jeder Haushalt einen Wasseranschluss. Das ist hier alles andere als selbstverständlich; und nun verschärft die Klimaerwärmung die Lage.

Die Regen des Monsuns fallen immer unregelmäßiger. Umso wichtiger wird es, dafür zu sorgen, dass die Quellen weiter und wieder mit Wasser gespeist werden.

Wo Wasser aus Gestein rinnt

Den Südwesten Bhutans prägen Höhenunterschiede von 200 bis 7.000 Metern innerhalb weniger Landeskilometer. Subtropische Ebenen mit Landwirtschaft wie zum Beispiel Apfelplantagen gehen über in steiles Gelände mit kleinen Gebirgsgemeinden.

Regenfälle in den höheren Lagen speisen natürliche Wasseraustrittsstellen aus dem Gestein im Tal. „Manchmal tröpfelt das Wasser kaum sichtbar aus kleinen Spalten. Ungeschützt ist die Gefahr groß, dass solche Quellen verschüttet werden, verdrecken oder verschlammen. Das ist für die davon abhängigen Gemeinden eine Katastrophe“, so Markus Radday, der das Projekt beim WWF Deutschland leitet.

Quellen schützen gegen die Wasserknappheit in Bhutan

Bambusfilter © Tarayana
Bambusfilter © Tarayana

Zusammen mit den lokalen Gemeinden und basierend auf ihrem traditionellen Wissen schützen wir die Quellen mit naturnahen Lösungen.

Zunächst wird der Quellaustritt fest eingefasst, um ihn gegen Rutschungen und Verschlammung zu schützen und damit das Wasser nicht versickert. Direkt an der Quelle sorgen einfache Wasserfilter aus Bambus für eine erste Reinigung. Rohrleitungen verteilen das kostbare Nass in die unterhalb liegenden Dörfer. Doch wichtig für mehr Wassersicherheit ist ebenfalls das gesamte Gebiet oberhalb, aus welchem die jeweilige Quelle sich speist.

Wasser wieder sprudeln lassen

Woher kommt das Wasser einer Quelle, und welche Wege nimmt es bis zum Austritt im Gestein?

Um Quellen weiter sprudeln zu lassen und sogar erneut zu beleben, ist zunächst eine umfassende hydrogeologische Untersuchung des Geländes nötig. Denn mindestens mehrere hundert Meter oberhalb einer Quelle liegt ihr sogenanntes Anreicherungsgebiet, englisch Springshed: Das Gebiet, in welchem ausreichend Wasser in den Boden gelangen muss, um die Quelle zu versorgen. Dafür müssen die Bedingungen stimmen.

Die Wurzeln von Bäumen und anderen Pflanzen stabilisieren den Boden und halten das Regenwasser zurück. So kann es langsam versickern, anstatt oberflächlich abzufließen. Entscheidend für eine langfristige Verfügbarkeit von Quellwasser ist, dass der Wald in einem naturnahen Zustand bleibt. Deshalb müssen Nutzvieh und Landwirtschaft vom Springshed ferngehalten werden.

Bäume und Löcher für das Springshed

Wasserreservoir Bhutan © Michael Zika / WWF
Wasserreservoir Bhutan © Michael Zika / WWF

Weiterhin helfen einfache Maßnahmen, wichtige Springsheds zu sichern – wie das Graben von Sickerlöchern und der Bau kleiner Konturdämme, die entlang der Höhenlinien des Hangs verlaufen. Beides hilft, den Abfluss des Oberflächenwassers zu bremsen und zu kanalisieren.

Ein so stabilisiertes und gesundes Springshed sammelt Regenwasser effizient und leitet es kontinuierlich in den Boden, wo es als Grundwasser gespeichert wird. Der Schutz und die Verbesserung der Einsickerung können sogar bereits versiegte Quellen wieder sprudeln lassen.

Filter, Tanks und Wildtiertränken

Durch die Arbeit an den Quellen haben inzwischen zehn Gemeinden im Südwesten Bhutans einen verbesserten Zugang zu Trinkwasser. In großen Auffangbecken wird das Wasser in den Gemeinden gesammelt und noch einmal ausgiebig gefiltert, um Trockenzeiten zu überbrücken. Für die Wildtiere der Region haben die Gemeinden im Sinne der Achtsamkeit der Natur gegenüber Tränken angelegt.

„Die Wasserversorgung ist insbesondere für die Frauen eine große Erleichterung, die hier traditionell den Haushalt bestellen. Und wir konnten zum Beispiel auch eine Schule anschließen, wovon 300 Kinder profitieren.”

Markus Radday, Asien-Referent beim WWF Deutschland

Nachhaltiger Schutz der Quellen

Nach Fertigstellung der Einfassungen, Rohrleitungen, Filter und Tanks übernehmen die Gemeinden die Verantwortung für „ihre“ Quellen und werden dafür in Wartungsarbeiten geschult.

Die Quellen dürfen nicht zuwachsen oder verschmutzen, Filter und Rohre müssen regelmäßig gereinigt werden; und die Gemeinden legen Geld für Reparaturarbeiten zurück. Schließlich dient das Wasser auch dem Anbau von beispielsweise Kardamom, Kohl oder Kartoffeln für den Markt und verbessert so den Lebensunterhalt.

Best Practice: Nachahmen erwünscht

Springsheds müssen regelmäßig gewartet werden © Tarayana
Springsheds müssen regelmäßig gewartet werden © Tarayana

Die Erfahrungen aus der Projektarbeit in ausgewählten Dörfern in Bhutan lassen sich auf andere Regionen und Länder übertragen. „Vieles von dem, was wir hier machen, ist tatsächlich noch Neuland“, erzählt Markus Radday vom WWF.

„Wir entwickeln wirksame Maßnahmen, die von Regierungen und Gemeinden übernommen werden können und sollen.“ Weitere Provinzen in Bhutan sind bereits überzeugt und arbeiten an einer Finanzierung zum Schutz ihrer Quellen.

Bhutans „Bruttonationalglück“ und der Artenschutz

Das Königreich Bhutan in Südasien zwischen Indien und China ist international bekannt für sein Konzept des „Bruttonationalglücks“. Ziel ist, das Glück und Wohlbefinden der Bevölkerung zu fördern und zu messen, anstatt sich ausschließlich auf das Wirtschaftswachstum zu konzentrieren. Dazu gehören soziale Faktoren, eine nachhaltige und gerechte Entwicklung der Lebensbedingungen, die Förderung kultureller Werte, aber auch der Erhalt der Umwelt.

Der Schutz und das Wiederbeleben der Wasserquellen zahlen auf dieses Konzept ein, ebenso wie auf den Artenschutz allgemein. Denn die Projektregionen liegen alle außerhalb von Schutzgebieten; und die große Frage weltweit ist, wie man diese Landschaften und ihre Natur trotzdem langfristig bewahren kann.

Wasser ist Leben

Wassersicherheit ist eine Naturschutzaufgabe © Michael Zika / WWF
Wassersicherheit ist eine Naturschutzaufgabe © Michael Zika / WWF

Der Schutz und die Sicherung von Quellgebieten ist Teil eines großen gemeinsamen Projektes des WWF Deutschland, WWF Bhutan und unserer Partnerorganisation, der gemeinnützigen Stiftung Tarayana, die sich mit großer Erfahrung für soziale Entwicklung, Armutsbekämpfung und Wassersicherheit einsetzt.

Das Projekt wird gefördert von der Internationalen Klimaschutzinitiative IKI der deutschen Bundesregierung und beinhaltet die Zusammenarbeit mit regionalen Forstämtern und auf politischer Ebene, um Schützenswertes auch dort zu erhalten, wo keine Schutzgebiete sind. Das können kulturelle Werte sein, seltene Arten oder sogenannte Ökosystemleistungen – wie die lebensnotwendigen Quellen, auf die Menschen, Tiere und die Landwirtschaft angewiesen sind.

Artenvielfalt erhalten

Der Südwesten Bhutans bietet Lebensraum für eine bemerkenswerte Vielfalt an Arten. Darunter die majestätischen, bedrohten Schwarzhalskraniche, einige der letzten Roten Pandas in freier Wildbahn und die nur in Bhutan und dem benachbarten indischen Assam vorkommenden Goldlanguren – auffällige Primaten mit goldfarbenem Fell. Der Schutz von Quellgebieten bewahrt auch ihre wertvollen Lebensräume.

Unterstützen Sie die Arbeit des WWF

  • Himalaja © Shutterstock / Olga Danylenko / WWF Himalaja-Region - das Dach der Welt

    Der Himalaja ist die höchste Gebirgskette der Welt und die großen Flüsse Asiens entspringen hier. Die Region gehört zu den kontrastreichsten Lebensräumen weltweit mit großem Artenreichtum. Weiterlesen...

  • Paro Taktsang-Kloster in Bhutan © Emmanuel Rondeau / WWF-UK Bhutan: Glück, Klima- und Naturschutz als nationaler Wert

    In Bhutan weiß man um die Wichtigkeit einer intakten Natur. Und so sind bereits 51 Prozent der Fläche des Landes unter Schutz gestellt. Mehr über Bhutan